Für ein Ende der Bescheidenheit
Gegenaktivitäten zu dem EU- und WWG-Treffen in Köln
Einmal im Jahr treffen sich die Staats- und Regierungschefs der 7 mächtigsten Länder der Welt (USA, Kanada, Japan, BRD, Großbritannien, Frankreich und Italien), früher nannten sie das "Weltwirtschaftsgipfel", inzwischen - damit es nicht so großkotzig klingt - reden sie vom Gipfel der "Gruppe der 7" (bzw. G8, seit Rußland am Katzentisch dabei sein darf). Immer gegen Ende der halbjährigen Präsidentschaft einer Mitgliedslandes treffen sich auch die Häuptlinge der EU-Staaten. Beide Treffen finden 1999 in Köln statt: der EU-Gipfel vom 4.-6., der Weltwirtschaftsgipfel vom 18.-20. Juni.
Eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen vor allem aus dem 3.-Welt-Bereich und andere hatten schon im Frühjahr 1998 eine Initiative für eine breites Bündnis anläßlich dieser Termine ergriffen. Daraus entwickelte sich eine Zusammenarbeit, an der ein buntes Spektrum von Gruppen und Organisationen beteiligt ist. Das reicht von Antirassismus- und Internationalismusgruppen über StudentInnenschaften, Umweltschutz- und Friedensorganisationen, Erwerbsloseninitiativen und Frauengruppen bis hin zu Parteien und ihren Jugendorganisationen. Zwischen den Plenumstreffen führt ein Arbeitsausschuß die laufenden Geschäfte, der prinzipiell offen ist für alle, die darin mitarbeiten wollen; real handelt es sich dabei bisher um den BUND, den BuKo, die Euromärsche, den Freien Zusammenschluß der StudentInnenschaften, das Grün-Alternative Jugendbündnis, die ila, die Jusos, das Netzwerk Kein Mensch ist illegal, das lokale Kölner Bündnis gegen die Gipfel, das Netzwerk Friedenskooperative, das NRO-Frauenforum, Play fair Europe! und WEED. Um die Mitarbeit von weiteren gewerkschaftlichen und kirchlichen Gruppen wird sich bemüht. Beim Bündnistreffen Ende November 1998 wurde einstimmig ein Aktionspaket beschlossen, das aus 5 Elementen besteht:
1. In den Tagen vor dem EU-Gipfel führt die Europäische Koordination gegen Erwerbslosigkeit, Ausgrenzung und Rassismus wie 1997 vor dem EU-Gipfel in Amsterdam Euromärsche durch, die am 5. Juni 1999 mit einer gemeinsamen Demonstration in Köln enden werden. Am 23./24. Januar findet in Köln eine europaweite Beratungskonferenz dazu (und zu den beiden nachfolgend genannten Aktivitäten) statt.
2. An mehreren Tagen werden Veranstaltungen sich intensiver mit der EU und ihrer Rolle in der Weltpolitik auseinandersetzen. Dabei wird es sich um eine Mischung aus gemeinsamen Veranstaltungen und solchen einzelner Gruppen handeln - InteressentInnen sind noch willkommen.
3. Zwischen den beiden Gipfeln findet ein Aktionscamp statt.
4. Am 17. und 18. Juni wird ein Gegenkongreß zum Weltwirtschaftsgipfel durchgeführt. Dieser wird sich vorrangig beschäftigen mit den weltweiten Fluchtbewegungen, mit der Krise des Lohnarbeitsverhältnisses als der eigentlichen kapitalistischen Vergesellschaftungsform und mit den Machtverhältnissen des globalisierten Weltmarktes und der herrschenden Weltwirtschaftsordnung. Dabei finden Fragen patriarchalischer Gesellschaftsverhältnisse, ökologischer Zerstörung und der Militarisierung von Konflikten besondere Beachtung.
5. Den Abschluß und Höhepunkt der Aktionen bildet eine bundesweite Demonstration und Kundgebung am 19. Juni in der Kölner Innenstadt. Dort - wie auch beim Kongreß - wird dringend prominente internationale Beteiligung angestrebt. Gewollt ist eine (legale) Demonstration, in der radikale, antikapitalistische Inhalte ebenso ihren Platz haben müssen wie Kinder, Alte, Behinderte und Menschen ohne Paß eines EU-Landes, die alle in besonderer Weise Opfer der aktuellen politisch-ökonomischen Entwicklungen sind. Wir wollen deutlich zeigen, daß wir uns nicht einfach auf die neue Bundesregierung verlassen, die Gastgeberin beider Gipfel ist, sondern für unsere Forderungen selbstbewußt auf die Straße gehen.
In einem gemeinsamen Aufruf thematisiert das Bündnis die oben genannten Inhalte genauer und kritisiert, daß bei gleichzeitigem Reichtum und Warenüberfluß wie nie zuvor in der Geschichte den arm gemachten Ländern jede Entwicklungsperspektive verstellt wird. Nicht private Gewinninteressen, sondern die Interessen der Mehrheit der Menschheit müßten Eckpfeiler einer neuen Weltwirtschaftsordnung sein.
Am 6. Februar 1999 wird für alle Interessierten Gelegenheit bestehen, sich bei einer Aktionskonferenz in Köln über diese und weitere, auch lokale, Planungen auszutauschen und gemeinsame Themen zu diskutieren. Dann werden auch Plakate, Aufkleber und die erste von 3 geplanten Aktionszeitungen vorliegen.
Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses ak liefen die Verhandlungen um die Anmietung eines Büros und die Einrichtung einer Postfachadresse noch, so daß hier noch keine gemeinsame Kontaktanschrift des Bündnisses mitgeteilt werden kann. Interessierte können sie aber über eine der unten genannten Organisationen erfahren.
Neben dem hier beschriebenen Bündnis gibt es noch eine Reihe anderer Initiativen, die eigene Aktivitäten zu einem der Gipfel oder auch zu beiden planen. Die Kampagne Erlaßjahr 2000 wird- wie 1998 beim WWG in Birmingham - am 19. Juni eine Menschenkette in Köln durchführen, um damit die Entschuldung armer und ärmster Länder auf ein tragfähiges Niveau zu fordern. Zwischen ihr und dem Demobündnis gibt es zeitliche Absprachen, so daß eine Teilnahme an beiden Aktionen möglich ist. Ein Bündnis linksradikaler, autonomer und antifaschistischer Gruppen plant eine eigene Demo und einen eigenen Kongreß zum EU-Gipfel, auch wenn viele Gruppen aus diesem Spektrum prinzipiell eine Zusammenarbeit mit dem Gesamtbündnis wünschen und oft auch praktizieren.
Werner Rätz
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