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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 421 / 17.12.1998

Sicherheit, Service, Arbeitszwang

Erwerbslose werden "City Ranger"

"Sicherheit, Service, Sauberkeit" - So lautet das Motto der Deutschen Bundesbahn AG. Als moderne Cover-Version des alten Schlagers "Law and Order" ist dieser Slogan mittlerweile zur Sprachregelung für alle Formen (inner-)städtischer Säuberungs- und Vertreibungsstrategien geworden. Doch die eh schon geschickte Verknüpfung von "Sicherheit" mit "Service" und "Sauberkeit" wird noch getoppt: "Sicherheit, Sauberkeit, Arbeit" heißt die neue Zauberformel, die "unsere Städte" wieder "attraktiv" machen und Erwerbslosen "eine Perspektive" bieten soll.

"Arbeitslose als Ordnungshüter?" fragte DIE WELT am 17.8.1998. Die CDU im Stadtrat von Saarbrücken hatte eine "Bürgerwache" beantragt, denn die Stadt sei unsicher "wie nie" und die Sauberkeit lasse immer mehr nach. "Geeignete" Langzeiterwerbslose und SozialhilfeempfängerInnen sollen "in eine Uniform gesteckt" werden und für "ein paar Mark extra" mit Uniform und Handy durch Saarbrücken patroullieren. Neben dieser "sinnvollen Aufgabe" winkt nach den CDU-Vorstellungen "langfristig vielleicht" ein fester Arbeitsplatz. Außerdem kommt der Einsatz "die Stadtkasse durchaus billig", müßten doch ansonsten für die kommunalen Regelaufgaben tarifliche Löhne und Gehälter an städtische Angestellte oder Beamte gezahlt werden. Selbst die WELT spricht ohne Anführungszeichen von Plänen für eine Saarbrücker Bürgerwehr und für Oberbürgermeister Hajo Hoffmann (SPD) ist der CDU-Antrag "der Hammer schlechthin" und gar "nahezu rechtsradikales Gedankengut".

Wild West in Hamburg-Süd

Die Empörung der GenossInnen von der Saar vermag die Hamburger Sozialdemokratie nicht zu teilen. In Kooperation mit dem Arbeitsamt und mit ausdrücklicher Unterstützung der sozialdemokratischen Fachbehörde und des ebenfalls sozialdemokratischen Bezirksamtes hat der Hamburger Beschäftigungsträger GATE GmbH ein "Projekt zur Stadtteilbetreuung" ins Leben gerufen. GATE führt im Hamburger Süden nahezu konkurrenzlos eine Vielzahl von ABM-Projekten sowie Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen für Langzeiterwerbslose und SozialhilfeempfängerInnen durch. Er gehört damit zu den größten nicht-staatlichen Trägern, die sich auf dem Marktsegment der Arbeitsangebote für Langzeiterwerbslose tummeln. Mit dem neuesten Produkt soll nach eigenem Bekunden eine Antwort auf die "Unwirtlichkeit der Städte" gegeben werden, in denen sich "Pflanzen mühsam durch Berge von Müll kämpfen" müssen, Spielplätze "für Kinder nicht mehr benutzbar" sind und sich "Frauen und ältere Leute abends nicht mehr aus dem Haus trauen".

Im Rahmen einer vom Arbeitsamt geförderten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme patroullieren ab 1. Dezember diesen Jahres 12 Erwerbslose in Zweier-Streifen durch die Wohnviertel, im Schichtdienst von Montag bis Sonntag von 7 Uhr morgens bis 23 Uhr am Abend. Ausgerüstet sind die City Ranger mit Handy, Arbeitshandschuhen, Kinderpflaster und "schmucken, sportlichen Uniformen" (Hamburger Morgenpost, 26.11.1998). Bis Ende 1999 sollen 48-50 Langzeiterwerbslose auf diese Weise in Hamburg-Harburg Streife laufen. Ein Schelm, wer dabei an Texas Ranger, Clint Eastwood oder High Noon denkt: Die City Ranger sind vielmehr "die freundlichen Geister im Stadtteil", immer bereit, leere Bierdosen wegzuräumen, Hundekot zu beseitigen, umgekippte Mülleimer aufzurichten oder wilde Müllecken zu melden. "Engagiert, freundlich und mit Zivilcourage" sollen sie "nach dem Rechten schauen" und "hinsehen, wo andere weggucken" (Pressemitteilung vom 14.7.1998).

GATE legt Wert darauf, daß die Ranger keine Hilfspolizisten oder Schwarze Sheriffs sind. Aber wenn Überzeugung nicht hilft, dann "können sie die Polizei zu Hilfe rufen". Die Hamburger Sozialbehörde und das Bezirksamt Harburg werden da schon deutlicher: Die City Ranger sollen durchaus "kleinere Streitereien" schlichten und gegen Graffiti-SprüherInnen und "randalierende Jugendliche" vorgehen; "Kampf den Vandalen" fällt dazu der Hamburger Morgenpost ein (26.11.1998). Daß die City Ranger in der Tat mehr sein sollen als ein bloßer Reinigungstrupp, stellt auch GATE klar. Die Ranger sollen durch ihre Anwesenheit ein "Schutzgefühl vermitteln" und das vielbeschworene "subjektive Sicherheitsgefühl" heben. Vorläufer der City Ranger sind die "Hausbetreuer": In eigenen "Pförtnerlogen" sitzen von GATE beschäftigte Erwerbslose und spielen in den Hochhaussiedlungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA "Mädchen für alles", vom Hausmeister bis zur Beschwerdeinstanz für kaputte Glühbirnen und störende Nachbarn. Mit dieser modernen Variante des Blockwartsystems wollen SAGA und GATE "Vandalismus und Unsicherheit" in den Mietshäusern bekämpfen. Die City Ranger sind für GATE "Pförtner, die in die Stadtteile gehen" und über soziale Kontrolle für Sicherheit und Ordnung sorgen.

GATE wirbt für sein neues Projekt aber nicht nur mit dem "Rund-um-sicher-und-sauber"-Paket und dem Nutzen für die BewohnerInnen der Stadtteile. Als Beschäftigungsträger will GATE Erwerbslosen auch eine "neue berufliche Orientierung" geben und ihre Chance auf Rückkehr in einen Dauerarbeitsplatz erhöhen. Dabei überschlägt sich die Public-Relations-Abteilung an Dreistigkeit: "Durch die Arbeit und umfassende Qualifizierungsangebote verhelfen wir den Mitarbeitern zu umfassenden Kenntnissen und Erfahrungen in einem Bereich, der an Bedeutung ständig zugewinnt: Dienstleistung, Kommunikation und Kundenbetreuung." (Pressemitteilung, 14.7.1998). In der Praxis heißt es für Erwerbslose in diesem Projekt Hundekot aufsammeln, Grünstreifen reinigen, wilde Müllkippen melden und/oder selbst beseitigen sowie "Deeskalationsausbildung" für Konflikte mit "unbelehrbaren Mitbürgern" (Hamburger Morgenpost, 26.11.1998). Als AB-Maßnahme ist das ganze auf ein Jahr befristet. Als Löhne für die Schichtarbeit werden zunächst 2.600 DM brutto und nach fünf Monaten 2.900 DM brutto gezahlt.

Niedrigschwellige Ordnungshüter

Nicht nur in Hamburg macht man sich Gedanken um billige Ordnungshüter. In Wilhelmshaven beschäftigt die städtische Tochtergesellschaft Wilhelmshaven Projekt GmbH Langzeiterwerbslose als "Stadtlotsen". In roten Jacken und schwarzen Barrets wirken sie "offiziell, aber nicht autoritär". Sie "sorgen für Sicherheit und Sauberkeit", helfen Touristen weiter und drohen Jugendlichen, die mit Butterfly-Messern spielen oder mit dem Rad durch die Fußgängerzone fahren (Hamburger Abendblatt, 20.10.1998). Insgesamt acht Leute zwischen 25 und 45 Jahren laufen täglich zwischen 9 und 21 Uhr Doppelstreifen in der Innenstadt. Die Qualifizierung, die "Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt" bieten soll, besteht aus zwei Monaten Schulung in "Konflikttraining", "Stadtkundeunterricht", Erste-Hilfe-Kurs und "Unterrichtung in rechtlichen Dingen". Das Projekt soll auch wegen der bevorstehenden EXPO vorangetrieben werden: Wilhelmshaven fungiert da als "maritimer Außenposten".

"Sicherheit und Sauberkeit" entwickeln sich zunehmend zu einer attraktiven Marktlücke für alle möglichen Beschäftigungsprojekte. Im unmittelbaren Anschluß an das berüchtigte "Bettlerpapier" der Hamburger Innenbehörde (1) gründete die "Altonaer Arbeitsförderungsgesellschaft" mit Unterstützung der Sozialbehörde und des Arbeitsamtes einen "S-Bahn-Begleitdienst". Während die Deutsche Bundesbahn ZugbegleiterInnen wegrationalisiert, werden sie hier mit staatlichen Fördermitteln neu geschaffen und der Bahn zur Verfügung gestellt. Seit Mitte 1997 sind 200 Langzeiterwerbslose und SozialhilfeempfängerInnen in Hamburger S-Bahnen tätig. Nach vierwöchiger "Schulung" werden sie in Uniformen gesteckt und sollen, "auf ihr gepflegtes Äußeres achtend", den S-Bahn-Fahrgästen die Fahrt durch Fahrplanauskünfte oder Gepäck tragen die Fahrt angenehmer machen. Gleichzeitig sollen sie auf "unerwünschte und problembelastete Personen", d.h. BettlerInnen, Obdachlose und AlkoholikerInnen "einwirken" und "Vandalismus" und Beschädigungen verhindern. 5,7 Mio. DM lassen sich Sozialbehörde und Arbeitsamt dieses Projekt kosten, die Bahn steuert 60.000 DM für die Uniformen bei. Eventuelle Einsparungen aus vermiedenen "Vandalismusschäden" sollen in zusätzliche Stellen investiert werden. Der Andrang hält sich freilich in Grenzen (DIE WELT, 9.7.1997): Für arbeitlose GerüstbauerInnen, ErnährungsberaterInnen und Diplom-Ingenieure ist der befristete Job als Schwarzer Sheriff offensichtlich wenig attraktiv. Hinzu kommt die Arbeit im 3-Schicht-Betrieb mit einem Nettolohn von 1.300 DM. Die Beschäftigten selbst sprechen von "Billig-Ausbeuter-Jobs" (Hamburger Morgenpost, 27.11.1998). In eine Anschlußbeschäftigung wurde bisher erst eine Person vermittelt, wohin ist unbekannt.

Auch das Hamburger Obdachlosenmagazin Hinz und Kunz(t) (Träger ist das Diakonische Werk) hat der Öffentlichkeit ein Arbeitsprojekt für Erwerbslose vorgestellt, das "City Service Team". Mindestens 50 Erwerbslose sollen unter fachlicher Anleitung "vollzeit, teilzeit oder stundenweise" beschäftigt werden. Sauberkeit und Service in der Innestadt ist auch hier das Programm: "freundliche Uniformen", Rundgänge in der City, Beseitigung von Schmutz und Graffiti, Reinigungskolonne und Gepäckträger, Stunden-Jobber in den Kaufhäusern und nicht zuletzt Werbeträger für den innerstädtischen Einzelhandel. Im Gegensatz zu den Projekten professioneller staatlicher oder freier Beschäftigungsträger formuliert Hinz und Kunz(t) zumindest einige Bedingungen an ihre Mitwirkung an solchen Beschäftigungsmaßnahmen: keine Innenstadtverordnung, Tariflöhne und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, kein Abbau regulärer Arbeitsplätze.

Die Billig-Jobber sollen das Dienstleistungsangebot in der City erhöhen und somit eine liberale Alternative zu dem ansonsten repressiv und vertreibungspolitisch geprägten Diskurs um die "Attraktivität der City" abgeben. (2) Die Grundlage dieser Debatte wird jedoch nicht in Frage gestellt: Die Innenstadt sei wegen Dreck und fehlendem Sicherheitsgefühl unattraktiv. Dabei ist das Gerede von der bedrohten Sicherheit und dem Müll gerade für die Hamburger City besonders lächerlich. Letztlich meint "Verwahrlosung" im Kontext der Innenstadt auch etwas anderes, nämlich "die Aufdringlichen", die "niemand mag" (Hamburger Abendblatt, 2.11.1998). Das sind die "die, denen schon wieder der Schweiß auf der Stirn steht, denen der Affe im Nacken sitzt", und das sind die, die "trinken, streiten, rauchen, noch mehr trinken, debattieren, betteln und schlafen auf Bänken, die für ein ganz anderes Publikum vorgesehen waren".

Für eine Handvoll Dollars

Die allzu offensichtliche Instrumentalisierung von Erwerbslosen als Hilfspolizisten wirft - wie in Saarbrücken - immer noch Legitimationsprobleme auf. Das Element von "Sauberkeit und Service" bietet sich da als willkommenes Bindeglied an, das den repressiv-ordnungspolitischen Strang der Debatte um die "Unwirtlichkeit der Städte" mit der Parole "Arbeit, Arbeit, Arbeit" verknüpft. Keine zwei Monate, nachdem in Hamburg das "Bettler-Papier" als offizielle Drucksache zurückgezogen und statt dessen zur inoffiziellen Leitlinie des Senats erklärt worden war, präsentierte die Umweltbehörde im Dezember 1996 eine Drucksache mit dem schlichten Titel "Sauberkeit der Stadt". Darin verkündet sie, wie sie im arbeitsteiligen Prozeß der verschiedenen Fachbehörden ihren Beitrag gegen die "Unwirtlichkeit der Stadt" gestalten will. In ihrem Kampf gegen Müll und "Vandalismus" setzt die Umweltbehörde dabei insbesondere auf den Arbeitseinsatz von Langzeiterwerbslosen bzw. auf die Mittel des Arbeitsamtes und der Sozialbehörde. Bezirkliche Beschäftigungsträger, Bürgerinitiativen private Vereine u.ä. sollen in zusätzliche, gemeinnützige Reinigungsarbeiten einbezogen werden, und bereits hier findet sich ein erster Hinweis auf die City Ranger und Pförtner-Projekte von GATE.

Aber auch staatliche Stellen selbst sollen verstärkt SozialhilfeempfängerInnen und Langzeiterwerbslose mit der Reinigung von Begleitgrün, dem Aufsammeln von Hundekot und dem Säubern des Elbstrandes beschäftigen. Das Problem, daß staatlich geförderte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen "zusätzlich" sein müssen und keine Regelaufgaben ersetzen dürfen, wird dabei trickreich umgangen: So gilt etwa die Reinigung von Grünflächen an Straßen als "ästhetische Reinigung", die nicht unbedingt notwendig und daher zusätzlich ist. Noch weitgehender ist die Formulierung von Aufgaben, "für die sonst kein Geld da ist". Demnach wäre so gut wie alles "zusätzlich" und stünde als Einsatzfeld für AB-Maßnahmen zur Verfügung.

Inzwischen haben städtische Betriebe den Vorteil von Auslagerungen in den sog. zweiten Arbeitsmarkt erkannt. Die Stadtreinigung plant die Gründung einer eigenen Beschäftigungsgesellschaft mit dem "vorrangigen Ziel" der "Nutzung staatlicher Förderprogramme zum Abbau von Arbeitslosigkeit" (TAZ Hamburg, 21.9. 1998). Mit diesem Outscourcing schlägt das Unternehmen drei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen können ältere, kranke oder sonstwie "unproduktive" MitarbeiterInnen billig und ohne Imageverlust sozial "entsorgt" werden. Zum zweiten werden staatliche Regelaufgaben durch faktisches Lohndumping billiger. Was der S-Bahn die staatlich subventionierten ZugbegleiterInnen sind der Stadtreinigung die untertariflich subventionierten Straßenkehrer. Und letztlich können billige Privatanbieter vom Markt verdrängt werden: Der Staat organisiert sich seinen Billiglohn-Sektor selbst. Ein Tarifvertragsentwurf für die Beschäftigungsgesellschaft der Stadtreinigung sieht Löhne von 2.800 DM brutto vor. Auch die Wohnungsbaugesellschaft SAGA möchte diese Vorteile nutzen. Sie will das Pförtner-Projekt von GATE übernehmen und in eigener Regie weiterbetreiben. 300 Langzeiterwerbslose sollen bei einer eigenen Beschäftigungsgesellschaft angestellt werden. Die Sozialbehörde hat keine Bedenken: Die "Nähe zum ersten Arbeitsmarkt" reicht für eine Förderung in Höhe von 2 Mio. DM bzw. 4,6 Mio. DM in den Jahren 1999 und 2000 aus. Damit will die Behörde die SAGA mit 15.500 DM pro "Zielgruppenbeschäftigten" subventionieren.

Die staatlichen Ausgründungen geraten vor allem mit den Beschäftigungsträgern in Konkurrenz. So bahnt sich inzwischen ein Hauen und Stechen um die billigen subventionierten "Mülldedektive" an. Eine private "Stadtteilreinigungs- und Ser-vice GmbH" - Träger ist ein alternatives Beschäftigungsprojekt - will der städtischen Stadtreinigung den Markt in St. Pauli streitig machen: Weitaus besser und vor allem für weniger Geld sollen Jugendliche Gehwege und Begleitgrün säubern und für ein gepflegtes Erscheinungsbild sorgen. Alles soll sauber gemacht werden und zwar nach Bedarf, "nicht nach Schichtplan". Und "nebenbei" sollen die Jugendlichen beruflich qualifiziert werden (Hamburger Abendblatt, 14.9.1998). Darüber, wie und worin "qualifiziert" wird, sagt dieser Träger genauso wenig wie über Arbeits- und Entlohnungsbedingungen. Statt dessen wird im Kampf um die Lufthoheit über die begehrten Mittel des zweiten Arbeitsmarktes das marktradikale Loblied auf die Privatinitiative genauso gesungen wie die Melodie von Service und Sauberkeit.

Die herrschende Diskussion um Sauberkeit und Unwirtlichkeit in der Stadt ist in ihrem Kern die Bekräftigung von Law-and-Order. Ihr Vorteil liegt aber nicht nur darin, die offene polizeilich-repressive Komponente zu verschleiern. "Sauberkeit" in Verbindung mit "Service" dient in hervorragender Weise der Verknüpfung von Law-and-Order mit dem Gerede von "Arbeit und Beschäftigung". Damit sind gleich zwei Diskussionsstränge mit enormem Legitimationspotential verbunden. Zum einen entsprechen "City Ranger", "Stadtlotsen" oder "City Service Teams" dem neoliberal-kommunitaristischen Jargon vom "Gemeinwesen" und der "Bürgerarbeit". Repression und staatliche Kontrolle wird "niedrigschwellig", privat und als soziale Kontrolle organisiert, Polizei und private Sicherheitsdienste werden um den "netten Blockwart von nebenan" ergänzt. "City Ranger" u.a. sind dabei nicht nur eine besonders billige Variante privater Sicherheitsdienste. Mit jedem Eingreifen definieren sie darüber hinaus faktisch, was ein "Konflikt" ist, ohne dazu in irgendeiner Weise legitimiert zu sein.

Zum zweiten werden Arbeitsmaßnahmen für Erwerbslose und SozialhilfeempfängerInnen kaum noch kritisch überprüft; "Sicherheit, Sauberkeit, Service" treiben diese Tabuisierung weiter voran. Kein Kommentar kritisiert die "neuen Berufsperspektiven", die sich aus dem Harken von Gehwegen ergeben sollen; kein Kommentar hinterfragt die "Qualifizierung" von Menschen, die ein Jahr lang RadfahrerInnen aus Fußgängerzonen verscheuchen; und kein Kommentar fragt danach, was in diesen Jobs verdient wird, welche Arbeitszeitregelung, welcher Urlaubsanspruch besteht und ob diese Jobs etwa auch verweigert werden konnten. Arbeitsplätze in diesem "modernen" Dienstleistungssektor können nur sinnvoll sein, so die Botschaft. Und umgekehrt muß eine Branche sinnvoll sein, die so viel Gutes für Erwerbslose tut.

Dirk Hauer

Anmerkungen:

1) Gemeint ist die Senatsdrucksache "Maßnahmen gegen die drohende Unwirtlichkeit der Stadt" aus dem Sommer 1996 (vgl. ak 398 und 403 )

2) Unter der Federführung der Hamburger Wirtschaftsbehörde hat eine Arbeitsgruppe aus VertreterInnen der Handels- und Handwerkskammer, der Gastronomie und des Einzelhandels, der Gewerkschaften sowie der Bau-, der Finanz-, der Innen- und der Stadtentwicklungsbehörde im August 1998 ein Papier "Attraktive City" vorgelegt, das von etlichen KritikerInnen als "zweites grünes Bettlerpapier" charakterisiert wird.