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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 421 / 17.12.1998

IG Farben:

Aktionärsversammlung wieder verschoben

Zuerst wollte man sie am 27. November abhalten, dann verschob die IG Farben AG in Abwicklung ihre diesjährige Hauptversammlung auf den 18. Dezember. Doch auch dieser Termin ist geplatzt. Was ist passiert?

Am 27. November konnte die Einladung nicht satzungsgemäß ausgesprochen werden, weil ein neuer Liquidator der IG Farben, der Möllner Rechtsanwalt Volker Pollehn, nicht rechtzeitig als Nachfolger des Berliner Immobilienkaufmanns Günter Reese vom Amtsgericht eingetragen worden ist. Hintergrund für die neuerliche Verschiebung dürfte ein Eigentümerwechsel sein. Darauf lassen starke Kursschwankungen der IG Farben-Aktie und ein sprunghafter Anstieg ihres Handelsvolumens schließen. Außerdem hat sich der bisher größte Aktionär, der Kölner Immobilienhändler Dr. Günter Minninger, laut FAZ in der letzten Zeit auffallend wenig um die Gesellschaft gekümmert. 1996 hatte er 43 Prozent der Anteile erworben. Nach der letzten Hauptversammlung hieß es aber, er habe Anteile verkauft. Offenbar will er jetzt auch sein Amt als Liquidator aufgeben.

Eigentlich hätte die diesjährige Hauptversammlung - sie muß einmal jährlich stattfinden - sogar schon im August einberufen werden müssen. Als sie verschoben wurde, reagierte der Dachverband der kritischen Aktionäre und versuchte, ein Zwangsgeldverfahren gegen die Abwickler zu bewirken, um so eine baldige Einberufung der Hauptversammlung durchzusetzen. Das wurde vom Amtsgericht Frankfurt a. M. jedoch abgelehnt. In der Begründung heißt es unter anderem: "Zur Abhaltung der Hauptversammlung ist ein Versammlungslokal anzumieten; ein gültiger Mietvertrag kann zur Zeit nicht abgeschlossen werden." Wie die Erfahrungen des letzten Jahres zeigen, hat die IG Farben AG inzwischen große Schwierigkeiten, in Frankfurt Räume für ihre Aktionärsversammlungen zu finden. Denn wo immer die Aktionäre zusammenkommen, sind Demonstranten zur Stelle, die die sofortige Abwicklung der Gesellschaft und die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter fordern, die während der NS-Zeit vom Konzern be-schäftigt wurden.

Die IG-Farben-Abwicklungsgesellschaft richtet statt dessen ihre Hauptaktivitäten laut Geschäftsbericht in den letzten Jahren "auf die Maßnahmen zur Rückgewinnung unseres Ostvermögens". Nach der Wiedervereinigung hat die Gesellschaft die Rückgabe von Liegenschaften in der ehemaligen DDR gefordert, die nach Kriegsende enteignet worden sind: insgesamt 151 Millionen Quadratmeter. Entsprechende Klagen bis hin zum Bundesverfassungsgericht sind jedoch abgewiesen worden. Daher bemüht sich die Gesellschaft jetzt, über das sogenannte Investitionsvorrangverfahren Immobilien im Osten Berlins zurückzugewinnen, die erst nach 1949 enteignet worden sind.

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