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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 431 / 21.10.1999

Kritische Massen

nach Berlin!

Totgesagte leben länger: Die Anti-AKW-Bewegung mobilisiert zu einer großen Demonstration am 13. November nach Berlin. Manchmal sind die Dinge eben einfach: Die Bäuerliche Notgemeinschaft hat sich nach der Sommerpause in den Kopf gesetzt, der rot-grünen Bundesregierung in Berlin klar zu machen, was man von der Atompolitik und dem Konsens-Unsinn hält. Deshalb hat sie beschlossen, im November mit einem Trecker-Treck die neue Hauptstadt zu besuchen.

Der neue Tatendrang der Anti-AKW-Bewegung ist auch Folge des schweren Störfalls im japanischen Tokaimura. Im High-Tech-Land Japan mit seinen Sicherheitsstandards, die den westlichen vergleichbar sind, wird atombombenfähiges Uran in Eimern herumgeschleppt und einfach mal in irgendwelche Tanks geschüttet. Der dadurch verursachte Störfall hatte zur Folge, daß 300.000 Menschen in der Umgebung der Anlage ihre Häuser nicht verlassen durften und mehr als 50 Personen zum Teil schwerste radioaktive Verstrahlungen erlitten.

Vor 20 Jahren sorgte der legendäre Treck nach Hannover für eine der größten Demonstrationen der Anti-AKW-Bewegung. 100.000 Menschen demonstrierten damals gegen das Atomprogramm und die Pläne, im Wendland einen atomaren "Entsorgungspark" inklusive Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) zu errichten. Niedersachsens damaliger Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) mußte wenig später einräumen: "Die WAA ist in Gorleben politisch nicht durchsetzbar."

Heute steckt die konsenssuchende Bundesregierung in einer Zwickmühle: Die Atomwirtschaft ist dringend auf Atomtransporte angewiesen, wenn nicht ab dem kommenden Frühjahr die Atommeiler nach und nach wegen fehlender Entsorgung abgeschaltet werden sollen. Das AKW Stade wäre als erstes dran. Und die Anti-Atom-Bewegung hat schon glaubhaft versichert, daß ein Atomtransport aus Stade, egal wohin, heftige Probleme bekommen wird. Da wird schon nach zwei oder drei Transporten klar sein: Der weitere Betrieb von Atomanlagen ist politisch nicht durchsetzbar.

Doch auch in den Gewerkschaften der Energiebranche kommt immer mehr Unwillen auf. Die Liberalisierung der Strommärkte droht Tausende von Arbeitsplätzen zu vernichten. Schon vor wenigen Wochen demonstrierten 20.000 GewerkschafterInnen in Berlin gegen die Folgen des Energiewirtschaftsgesetzes. Gleichzeitig droht die Liberalisierung zu einem Öko-Dumping zu führen. Neue Kraftwerke werden wohl kaum noch in Deutschland gebaut werden - der Strom wird dann künftig aus Osteuropa kommen.

Die Forderung der Anti-AKW-Bewegung, den Atomausstieg als Voraussetzung einer dezentralen und ökologischen Energiewende durchzusetzen, ist vor diesem Hintergrund eine echte Alternative, da sie auch eine klare Perspektive für neue Arbeitsplätze bietet.

Tokaimura - Kritische Kerne der Reaktion Seite 3

Atomkonzerne und Liberalisierung der Strommärkte Seite 4

Zur Demonstration in Berlin Seite 5

Wir rufen alle ak-LeserInnen auf: Kommt zur Demonstration am 13. November 1999 in Berlin, 12 Uhr am Brandburger Tor!