Schwarzgeld gegen Staatsbürgerschaft
Was sich gegenwärtig in der Spenden- und Bestechungsaffäre auf Bundesebene abspielt, findet in der Landespolitik seine Entsprechung. Während inzwischen einige aus dem CDU-Bundesvorstand an Helmut Kohl appellieren, die Namen anonymer Spender zu nennen, die in den zurückliegenden Jahren große Geldbeträge im Konrad-Adenauer-Haus übergeben haben, sind inzwischen auch Landesvorsitzende unter Druck geraten.
Anfang Dezember war bekannt geworden, dass der hessische Landesverband der Union und die Frankfurter CDU in den neunziger Jahren aus anonymen Quellen insgesamt 12,5 Millionen Mark erhalten haben. Pikant daran: Es ist bis heute nicht nur unklar, aus welchen Quellen sich die angeblichen "Vermächtnisse" speisen. Auch der Ablauf erinnert eher an die Geldwäsche-Methoden der Mafia als an seriöse Transaktionen. Immerhin sind in zeitlicher Nähe zu aufwendigen, teuren Wahlkämpfen große Summen von der Schweiz und Lichtenstein aus anonym auf den Konten der hessischen CDU gelandet. Die Angaben der CDU, dabei handle es sich um Vermächtnisse namentlich nicht bekannter Erblasser, deren Vermögen im Ausland "begründet" worden sei, so der Generalsekretär der hessischen CDU Herbert Müller, kommentierte die Frankfurter SPD-Politikerin Streb-Hesse mit der ironischen Bemerkung: "Offensichtlich sind im Ausland CDU-Sympathisanten kontinuierlich zu Tode gekommen."
Lutz Sikorski, Fraktionschef der Frankfurter Grünen, wies unterdessen auf die brisante Rolle des Wirtschaftsprüfers und Kohl-Vertrauten Horst Weyrauch hin. Dieser sei juristischer Fachberater der CDU bei dem 1994 in Kraft getretenen neuen Parteienfinanzierungsgesetz gewesen. Mit diesem Gesetz sei die Lücke geschlossen worden, die zuvor ermöglichte, Gelder über Schweizer Konten anonym auf Parteikassen zu überweisen. Als noch bestehendes Schlupfloch sei aber danach das Erbe anonymer Vermächtnisse geblieben. "Und ausgerechnet solche Vermächtnisse", so Sikorski, "bekommt dann die CDU in Hessen und in Frankfurt in Serie?" Das Ganze sei schlicht "abenteuerlich und stinkt zum Himmel".
Für die in den Landtagswahlen im Frühjahr 1999 unterlegenen ehemaligen Regierungsparteien SPD und Grüne sind die dubiosen Vorgänge außerdem Grund, an die "Schmutzkampagne" während des Wahlkampfes zu erinnern. Die CDU-Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft habe die Union, so der SPD-Landespolitiker Armin Clauss, möglicherweise mit "gewaschenem Geld" bezahlt.
Mit den bisher abgegebenen Erklärungen der CDU wollen sich die hessischen Oppositionsparteien auf jeden Fall nicht zufrieden geben. Ministerpräsident Koch sei ebenso wie Kohl gefordert, die Namen der anonymen Spender offen zu legen. Die Angaben des ehemaligen hessischen CDU-Schatzmeisters, Casimir Prinz Wittgenstein, die hohen Geldsummen seien "out of the blue", sprich aus heiterem Himmel, der CDU Hessen überlassen worden, könnten einem Wintermärchen entsprungen sein. So viel steht fest: Daran mangelt es gegenwärtig in Deutschland mindestens auf der politischen Bühne nicht.
Thomas Klein