Rematerialisierter Hippie
Rich Hopkins und die Luminarios auf Tour
Karohemd und Gitarre sind seine Insignien. Vielleicht können die ausgebeulten Kordhosen noch hinzugezogen werden. Der Mann ist nicht eitel. Muss er auch nicht, er kann ja Gitarre spielen. Es geht um Rich Hopkins und seine Luminarios aus Tucson/Arizona. Für Leute, die Vergleiche suchen, ist vielleicht Neil Young in Verbindung mit Crazy Horse der opener, über den man sich dem Künstler nähern kann. Wie Young, der zumindest gitarrentechnisch sein Vorbild ist, zelebriert Hopkins das Gitarrenspiel mit ordentlich aufgebauten Spannungsbögen. Die Feedbacks am Ende gehören hierbei zumindest live zum Ritual. Die Hemden sind, wie schon erwähnt, ebenfalls gleich, nur der Gesang ist noch eigener, da ihm meist die Emphase bzw. die Einfühlung Youngs fehlt. Mitte der 80er Jahre spielte Hopkins mit den aus Arizona stammenden Sidewinders, später, nach einem Gerichtsverfahren wegen des Namens, umbenannt in Sandrubies. Beide Combos waren wesentlicher Bestandteil der damaligen Musikszene und am Entstehen des Dessert Rock im Südwesten der USA maßgeblich beteiligt.
Seine vocalen Fähigkeiten hat Hopkins, wenn auch nicht wesentlich, so doch partiell verbessert. Auf der neuen CD namens Devolver, die, wie immer, auf dem rührigen und exzellenten Label von Blue Rose Records veröffentlicht wurde, hört sich das mit dem Singen schon besser an als noch auf seinem frühen Meisterwerk El Paso. Dort hatte noch Billy Sedlmayr einige der wichtigsten Gesangparts übernommen (Anspieltipp Apology).
Devolver, ein Schelm, wer dabei an Revolver von den Beatles denkt. Hopkins selbst bezeichnet die neue CD als "My Sgt. Pepper". Von der geraden Route des Powerrocks weg, macht er einen Ausfallschritt zur Seite. Die meisten Stücke sind für Hopkins fast experimentell, da er mit für ihn untypischen Stilelementen wie Tango (Tres Amigos) oder Violinen auf dem famosen Sincero Amor arbeitet. Michael Fann von den Tucson Symphonikern zelebriert bei diesem Track das Streichinstrument. Zwei Stücke des Albums sind in der für Hopkins typischen Powerrock Manier. Zum einen Planet of Love, auf dem er es schafft, sieben Gitarrenspuren übereinander zu legen. Zum anderen Tender Mercies, von dem Hopkins sagt, dies sei sein "Masterpiece" auf Devolver. Zu diesem Stück ist er durch Gespräche mit Obdachlosen des Santa Rita Parks in Tucson inspiriert worden. So hat er denn auch das Album ".... to the homeless people of the world" gewidmet. Tender Mercies ist der epische Rocker, der auf jedem seiner Album zu finden ist und bei dem der Hippie zeitgeistlos rematerialisiert. Das Gitarrenspiel ist exquisit, vielleicht manchmal zu dicht an Youngs Like a Hurricane, aber was solls, ist ja durchaus eine hochgelegte Messlatte. Diese schafft Hopkins mit den Luminarios lässig und zugleich elegisch. Im Gegensatz zu den Livekonzerten ist die Musik auf Devolver insgesamt geradezu relaxt
Devolver gibt es sowohl als limitierte Doppel-CD und als Doppel-LP. Beide enthalten eine 5-Songs-40 Minuten-Bonus-Scheibe mit dem Titel Baily in the Sky. Die LP (Klappcover) enthält noch einen Song mehr. Neben Like a Hurricane von dem Neil Young Tribut Album (This Note for you) covert Hopkins Gene Clark mit If you're gone. Erwähnenswert auf dem Bonus ist noch die 12 minütige Liveversion She said, aufgenommen in Regensburg. Die lässt ahnen, dass die Livekonzerte mit Hopkins und den Luminarios etwas besonderes sind. Die Konzerte sind rohe Energie, dreckiger Gitarrenrock mit einem treibenden Rhythmus unterlegt und durch überbordende Spiellaune geprägt. Das zweite Stück auf der Bonus-CD ist eine sehr einfühlsame, elf minütige Liveversion von Paraguay, aufgenommen in Frankfurt. Eine sich gemächlich einschleichende Slideguitar mit dezentem WahWah-Pedal treibt den Song aber letztendlich doch wieder in kochendere Gefilde.
Exquisit ist die Wiederveröffentlichung aller Clash-Platten auf CD. Die komplett remasterte Edition von Sony ist von exorbitanter Qualität. Wer seine Clash-Platten auf Grund des inzwischen fehlenden Plattenspielers oder den zu arg strapazierten LP`s nicht mehr hören kann, aber gleichwohl ab und zu ein feistes London Calling - zur Erinnerung "London calling to the faraway towns. Now that war is declared - and battle came down...." durch den Äther des Wohnraums jagen möchte, sollte hier nicht zweimal überlegen. Der zeitlose Psycho-Punk-Reggae von einer der besten Rock`nRoll-Gruppen ist in Zeiten wie diesen denn doch herzerfrischend.
Von den Bandmitgliedern selbst gibt es außerdem noch eine neu zusammengestellte Doppel-CD/LP mit Liveaufnahmen aus den Jahren 1978 bis 1982. Die Aufnahmen wurden von Mick Jones, dem ehemaligen Leadgitarristen und Sänger der Clash, in sehr guter Qualität abgemischt und lassen einen noch heute heulen, wenn man die Band nie selbst erleben konnte.
Joe Strummer, Rhythmusgitarrist, Sänger und ehemals zentrale Person der Clash wird voraussichtlich im Sommer diesen Jahres erneut mit seinen Mescaleros durch Deutschland touren. Das zumindest sollte die Gemüter aufhellen und die Vorfreude auf einen Musikabend, auf dem mal die Faust gereckt werden darf, steigern.
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