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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 437 / 13.4.2000

Blut und Geist

Das Magazin Moondance und sein Herausgeber Timo Kölling

Das ursprüngliche Musikmagazin Moondance vollzieht in seiner jüngsten Ausgabe den Schritt zum kulturpolitischen Magazin, mit einem Konglomerat verschiedener hinlänglich bekannter Autoren, Themen und Interviews mit Musikgruppen, die Repräsentanten einer rechts-esoterischen, konservativ-revolutionären oder faschistischen Kulturstrategie sind.

Timo Kölling (Porta Westfalica) ist Herausgeber des Magazins Moondance, das 1995 als Black Metal Fanzine startete. Diese ausschließlich musikalische Präferenz ist mittlerweile in den Hintergrund getreten. Die jüngst erschienene, mit aufwendigem Umschlag und 168 Seiten äußerst umfangreiche fünfte Ausgabe markiert den Wandel vom reinen Black Metal zu einem Magazin, das sich mit Musik und Themen aus Heidentum, Esoterik und Philosophie auseinander setzt. Dieser Wandel ist auf die Öffnung der Musik des Black Metal hin zur Pop-Kultur zurückzuführen, die für Kölling gleichbedeutend ist mit dem Niedergang dieser Musikrichtung und der von ihr repräsentierten Inhalte und Werte. Für Kölling steht Black Metal in seiner ursprünglichen Form für Satanismus und Heidentum, nordische Mythologie und Naturmystik, Misanthropie und Individualismus. (1) Mit dem konstatierten Niedergang begab sich Kölling auf die Suche nach Denkern und Musikern, die seinen Vorstellungen entsprechen, und fand jene, die das Gestern bzw. Vorgestern repräsentieren. In der vierten Ausgabe veröffentlichte er einen langen Nachruf auf Ernst Jünger. Ein Autor, mit dem er die Vorstellung von der "Un-Gleichheit" der Menschen teilt. "Ich lehne es ab, die moderne Ideologie zu teilen, dass Menschen gleich sind", so Kölling im Interview mit dem itatalienischen Fanzine Hellflame: "Menschen sind ungleich, und es gibt keinen Grund, warum man diese Wahrheit nicht sagen sollte. Wie der viel respektierte und hoch gefeierte Ernst Jünger in einem seiner Bücher schrieb: ,Manchmal habe ich das Gefühl, dass der Unterschied zwischen Menschen größer ist als zwischen einem Menschen und einem Stein.` 99,9% der Menschheit heute ist meiner Meinung nach spirituell tot und folglich ist die Minderheit der spirituell Überlegenden eine Elite." (2) Kölling, der auch Mitglied des heidnischen Bundes Order Of Jarls Of Balder ist, veröffentlichte vor einigen Jahren das "Equilibrium Manifesto". Die kleine Schrift ist eine Synthese aus Ideen von Friedrich Nietzsche, Oswald Spengler und Julius Evola. In ihr kehrt Kölling die Notwendigkeit hervor, in diesen von ihm proklamierten Zeiten des Untergangs der europäischen Kultur eine neue Tradition zu entwickeln, die auf alten Werten aufbauen soll, Spengler nannte dies "Der Untergang des Abendlands". "Gewöhnlich denke ich, dass ein Neuerwachen des Blutes möglich ist. Sicher nicht während dieser Zeiten des Verfalls und Niedergangs, aber diese Zivilisation, wie wir sie heute sehen, hat keine Zukunft. Sie wird umkommen in Chaos und Zerstörung. Aber wir müssen heute beginnen, eine neue Elite zu schaffen, die den Geist unserer Kultur durch diese Zeiten des Chaos sicher geleiten wird. Andernfalls wird es zu spät sein." Es ist eine Mischung aus pessimistischem Kulturverfall, faschistischem Elitedenken und der Sehnsucht nach einer spirituell, mystisch verklärten Diktatur.

Diese Sehnsucht, deren Erfüllung im Moondance in einem Rückgriff auf in die Vergangenheit gesucht wird, bildet die Klammer derer, denen Kölling sein Magazin widmet. Es sind dies Friedrich Nietzsche, Julius Evola, Ernst Jünger, Stefan George, Hermann Hesse, Corneliu Zelea Codreanu, Miguel Serrano. Ideologisch bleiben die Anleihen nicht beim aussagekräftigen Titel von Köllings Publikation "Anti-Egalitarismus als freiheitliche Doktrin", denn Codreanu als Führer der faschistischen Bewegung Rumäniens, der Eisernen Garde, und Miguel Serrano als Vertreter des "esoterischen Hitlerismus", einer spirituellen Rechtfertigung des Nationalsozialismus, sind eindeutige Bezugspunkte. Nicht nur die Denker, deren Ideologien in diesem Magazin verbreitet werden, auch die Mitschreiber des Heftes sind wohl bekannt. Die Artikel des für die Buchbesprechungen zuständigen Martin Schwarz alias Robert Schwarzbauer finden sich normalerweise in einschlägigen Publikationen der extremen Rechten, von Criticon, Nation Europa oder Opposition, aber auch im rechten Darkwave-Magazin Sigill.

Damit der Geist der kulturellen Veränderung nicht nur auf den deutschen Sprachraum beschränkt bleibt, wurde das Magazin komplett in Englisch verfasst. In seinen Darstellungen und mit den Interviews von einschlägig bekannten Musikern versucht Timo Kölling eine Aufbruchstimmung in eine neue (alte) Zeit zu vermitteln. Neben Interviews mit Musikgruppen aus dem Metal-Bereich werden u.a. auch Markus Wolff von der Formation Waldteufel und Gerhard Petak (Kadmon), von der Musikgruppe Allerseelen interviewt. Wolff klagt über die Zerstörung von Natur und den Verfall von Kultur und Tradition. Ein Heilszeichen kündet sich für ihn an in der stetigen Ausbreitung heidnischer Gemeinschaften, an der er als aktives Mitglied der nordisch-germanischen Glaubensgemeinschaft Tribe of the Wulfing selbst beteiligt ist. Ein von ihm verfasster Artikel über die Bedeutung der Irminsul, Symbol der nordischen Weltenesche, ist ein Nachdruck aus dem rechten heidnischen Magazin Vor Tru. (3) Auch Michael Moynihan, selbst Mitglied jener Vereinigung und Kopf der Band Blood Axis, kommt in dem Magazin zu Wort. In einem Interview lässt er sich über seine Vorstellungen von "Schönheit und Stärke" aus, die sich an sozialdarwinistischen Thesen und faschistischen Ideen orientieren. Der Bericht "The Blood Axis Indo European Sacrifice Tour" aus seiner Feder, in der Namensgebung eine Anlehnung an den indo-europäischen bzw. indo-arischen Mythos, soll schließlich die Dimension des heidnisch-völkischen Aufbruchs skizzieren, dessen er während seiner letzten Tournee gewahr wurde.

Nazi-Symbole
als Blickfang

Die von Kölling präsentierten Inhalte stellen einen weiteren Einbruch rechts-esoterischen, konservativ-revolutionären und faschistischen Gedankenguts in ein subkulturelles Milieu von Darkwave bis Black Metal da, das sich bisher kaum gegen solche Bestrebungen abgegrenzt hat.

Und schon künden Werbeanzeigen in einschlägigen Magazinen vom Erfolg des Konzeptes, so z.B. im rechtsgerichteten Sigill aus Dresden, das praktisch ein Pendant zum Moondance in der Darkwave-Szene ist. (4) In der neusten Ausgabe wird das Magazin mit einer ganzseitigen Anzeige beworben, optischer Blickfang ist das Symbol der Schwarzen Sonne, das auch das Cover des Moondance-Magazin ziert. Bekannt ist dieses Symbol aus der Wewelsburg, der ehemaligen Ordensburg der SS. In dessen Gruppenführerraum ließ Himmler ein Bodenmosaik mit dem Symbol anfertigen, das heute als Vorlage für die rechte Heiden- als auch Darkwave-Szene dient. Aber auch im Heavy-Metal-Genre findet das Magazin seinen Widerhall. Das Magazin Legacy, mit einer Auflage jenseits der Zehntausender-Grenze, veröffentlichte beispielsweise eine lange Rezension des Magazins. Dem Rezensenten Thor Wanzek ist die politische Dimension des Moondance wohl bewusst, da das Magazin, wie er schreibt, "in seiner Optik als auch inhaltlich gegen akzeptierte Normen von einigen selbst ernannten Antifaschisten und Demokraten verstößt". (5) Dennoch rät er zum Kauf des Magazins und vertraut dabei auf die kritische Intelligenz der Leserschaft. Dass es damit nicht so weit her zu sein scheint, verdeutlicht der Rezensent selbst: Wanzek schreibt, nachdem er sich pflichtbewusst gegen dumpfe neonazistische Parolen abgegrenzt hat: "Das Moondance unterstützt jedoch eine kulturelle und philosophische Sichtweise, die trotz und auch gerade durch ihre ,Weltfremdheit` sehr überlegenswerte und meines Erachtens nach positive Gedanken enthält." Die Parolen der neonazistischen Rechten verdammend ist es so möglich, die Konservativen Revolutionäre und Faschisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als moderate Denker zu empfehlen und Bands wie Blood Axis, Allerseelen, Changes und Waldteufel zu hofieren. Jene Musiker, die versuchen, diesem Gedankengut unter heidnischen Gesichtspunkten neues Leben einzuhauchen und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, wie z.B. jüngst wieder Markus Wolff (Waldteufel), der als Single-Auskopplung seines neuen Tonträgers das Lied "Berghoch am Walde" veröffentlichte. Musik und Text stammen von Hermann Wirth, dem Begründer des SS-Ahnenerbes der Forschungsorganisation für germanische Vor- und Frühgeschichte im Geiste des Nationalsozialismus!

Bob Andrews

Anmerkungen:

1.) Vgl. auch: Dornbusch, Chr.: Unheilige Allianz. Black Metal zwischen Heidentum und Neonazismus. In: ak, Nr. 428.

2.) Hellflame, Nr. 6.

3.) Vor Tru, Nr. 57. Das Magazin ist das offizielle Organ der Asatru Alliance, einer Dachorganisation germanisch-heidnischer Gruppen in den USA.

4.) Vgl.: Cremet, Jean: Jenseits von Böhse Onkelz und Screwdriver: Darkwave. In: ak. Nr. 389.

5.) Legacy, Nr. 5.