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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 442 / 28.9.2000

Verpasst Deutschland den Anschluss?

Ebermann und Trampert auf CD

Nun gibt es sie auch auf CD und das gleich im Doppelpack. Thomas Ebermann und Rainer Trampert touren seit Mitte letzten Jahres mit der bangen Frage "Verpasst Deutschland den Anschluss" durch Stadt und Land. Sie lesen meist von Rainer Trampert verfasste Texte über und gegen die Herrschenden, über Zeitgeist, aktuelle und weit zurück liegende Sorgen und Nöte der Politik und des Standorts Deutschland. Und das äußerst amüsant. Vermutlich muss man niemanden darauf aufmerksam machen, dass die beiden eine gehörige Portion Ironie bis hin zum Zynismus aufbieten, um im Angesicht der Ekelhaftigkeit herrschender Debatten und Akteure über die Perspektiven des "Standort Deutschland" nicht die Fassung zu verlieren. Und auch nicht verwunderlich ist, dass es bei den beiden keine einfachen Brüllwitze gibt, sondern der Humor sich teilweise auf dem Hintergrund alter marxistische Analysen feinsinnig einstellt. Es ist also durchaus nicht ganz sinnlos, wenn man sich mit den alten Klassikern einmal ein wenig befasst hat.

Politische Unterhaltung für den klaren Kopf

Was die beiden bieten, ist sicherlich nicht nur für das Amüsement von nutzen, sondern hat auch was für den Kopf. Für den klaren Kopf, den Udo Lindenberg mal als die beste Droge bezeichnet hat. Fest im Linksradikalismus verankert gelingt es den beiden ohne jede Probleme, die alltäglichen Fragen und Sorgen aus Politik, Ökonomie und Gesellschaft gezielt aufs Korn zu nehmen. Ein kleines Problem der jetzt veröffentlichten CD besteht darin, dass Trampert und Ebermann auf der Bühne auch auf tagesaktuelle Ereignisse eingehen. Hört man dies Monate später, muss man sich doch ein klein wenig anstrengen, um sich der dazu gehörigen Hintergründe zu erinnern.

Erwähnenswert scheint mir auch, dass Genosse Trampert in vielen Fällen peppiger und witziger daher kommt. Ebermann tut sich manchmal ein wenig schwer. In dem "Ringen nach dem Opferstatus" ist nur schwer zu überhören, dass er vom Papier abliest. Richtig lebendig und munter wird es immer dann, wenn die beiden sich gegenseitig die Stichworte übergeben und wechselseitig mit Originalzitaten hantieren. Sollten die beiden eine Fortsetzung ihres künstlerischen Versuches planen, sollten sie dieses Element durchaus ausbauen.

Obwohl die CD nun als Erstlingswerk der beiden anzusehen ist, kann man Trampert und Ebermann natürlich nur schwerlich von ihrer linksradikalen Geschichte und Gegenwart abtrennen. Und da wird es dann schwierig. Denn die politischen Äußerungen vor allem eines Ebermanns, in der Konkret oder anderswo, zeichnen sich in hohem Maße dadurch aus, dass sie Ereignisse kommentieren und den jeweils gewählten Gegner sauber auseinander nehmen. Die Frage, was man denn gegen das soeben Entlarvte tun könnte, wird dabei im Grunde nie Thema, das wird einfach ausgeblendet. Und wenn man darauf verzichtet, eine linke Praxis unter der gegebenen Verhältnissen mit einer extrem schwachen Linken zu entwickeln, hat man es natürlich auch einigermaßen leicht, theoretisch sauber zu bleiben. In dieser Lage kann man sich ganz bequem einrichten und die Haltung kultivieren, dass es für eine vernünftige linke Politik derzeit keine Möglichkeiten gibt.

Ein Vorwurf, den die beiden sicher nicht zum ersten Mal hören, denn genau darauf gehen sie in ihrem Programm auch ein. "Damit wir nicht von einem vergeudeten Abend sprechen müssen", befassen sich die beiden zum Schluss mit "linker Problemlösungskompetenz" und suchen sich dafür so taugliche Objekte wie den Bund der Steuerzahler, die Initiative für eine bessere Bahn und schließlich die Kommunalpolitik. Das machen sie auf höchst amüsante Weise. Doch was soll uns das sagen? Sich über den Bund für Steuerzahler lustig zu machen, ist kein sonderliches Kunststück. Und wo hat wer in diesem Land eigentlich je vermutet, dass der was mit linker Politik zu tun haben könnte? Kurz und gut: Hier sagen die beiden denjenigen, die ihnen mangelnde Relevanz in praktischer Politik vorwerfen schlicht und einfach, dass es sie nicht sonderlich interessiert. Anders jedenfalls kann ich mir die gewählten Beispiele nicht erklären. In jedem Fall ist das ärgerlich.

Aber das ist nur ein Teil des Ganzen. Als Stärke der beiden muss man ganz klar ihre Art benennen, wie sie die herrschenden Verhältnisse auseinander nehmen, dass sie einen klaren Standpunkt einnehmen, von dem heraus sie die Widersprüche dieser Verhältnisse bloß stellen. Nicht dass man dabei jeder ihrer Aussagen folgen müsste. Aber die Eindeutigkeit, mit der sie über den Kapitalismus herziehen, hat schon was Bestechendes und überaus sympathisches.

Kein vergeudeter
Abend

Auch denjenigen, die Trampert und Ebermann mit gewisser politischer Skepsis begegnen, kam man getrost den Kauf der CD empfehlen. Da es nicht um politische Debatten, sondern eher um einen kulturellen Beitrag zur Klarheit im Kopf geht, kann man sich damit einen recht angenehmen Abend machen. Und hat man die Möglichkeit, die beiden live zu erleben, wäre es sicherlich kein Schaden, das zu tun.

DSe

Die Doppel-CD kostet 27 DM und ist erhältlich im Verlag die brottsuppe, Postfach 1317, 79303 Emmendingen, Tel.: 07641-964740, Fax: 934741 oder per Mail: diebrottsuppe@t-online.de