4 x Grenzcamp, 1 x Genua
International gegen die Festung Europa
"The right of movement - das Recht auf volle Freizügigkeit wird eine der Schlüsselfragen des kommenden Jahrhunderts sein." Mit diesem Satz beginnt ein Aufruf antirassistischer Gruppen aus Österreich, die im Juli unter dem Motto "no border - no nation - no one is illegal" als Bus- und Aktionskarawane quer durch Europa ziehen wollen. Ihre internationale Tour (www.no-racism.net/nobordertour/) verbindet gleich mehrere Projekte, in denen im nächsten Monat die europäischen Grenzregimes thematisiert werden. (www.noborder.org)
2.7. bis 8.7.: Grenzcamp im südspanischen Tarifa.
Die Straße von Gibraltar gilt seit Jahren als Massengrab der Festung Europa. Denn Tausende von Flüchtlingen und MigrantInnen sind schon ertrunken beim Versuch, von Marokko aus nach Europa zu gelangen. Sie verloren ihr Leben an einer völlig militarisierten Seegrenze, an der die spanische Marine und die Grenzpolizei alles dafür tun, um unerwünschte EinwanderInnen abzufangen und gleich wieder auf den afrikanischen Kontinent zurückzuschieben. Aufrüstung der Grenzkontrollen, Abschiebungen und Abschiebegefängnisse gehören mit dem Schengenbeitritt und der "Harmonisierung der europäischen Migrationspolitik" auch in Spanien zunehmend zum Alltag. Vor diesem Hintergrund bereiten antirassistische Gruppen aus mehreren spanischen Städten erstmals ein Grenzcamp vor, das einerseits die bessere Vernetzung der jeweiligen Initiativen anstrebt und andererseits nicht zufällig direkt an einem der "Brennpunkte" der Einwanderung, nämlich in Tarifa, stattfindet. Neben vielfältigen Öffentlichkeitsaktionen, die an eine Bevölkerung gerichtet ist, die sich in Teilen der von Madrid aus geschürten Denunziationsstimmung widersetzt, sollen an der Seegrenze auch unmittelbar neuankommende Flüchtlinge unterstützt werden.
5.7. bis 12.7.: Grenzcamp in Bialystok/Krynki in Ostpolen.
Bereits zum zweiten Mal laden Gruppen aus Polen zu einem Grenzcamp ein. Nachdem vergangenes Jahr ein Pilotprojekt im Dreiländereck zur Ukraine und der Slowakei stattfand, werden dieses Jahr die Zelte in der Nähe von Bialystok an der weißrussischen Grenze aufgeschlagen. Die Forderung nach Freizügigkeit richtet sich in erster Linie gegen die migrationspolitischen Bedingungen, die Polen im Rahmen der anstehenden EU-Mitgliedschaft zu erfüllen hat und die insbesondere an dessen Ostgrenze immer deutlicher zu spüren sind. Verschärfte Einreisebestimmungen oder gar Visumpflicht zerstören nicht nur den regional sehr bedeutenden grenzübergreifenden Kleinhandel. Das neue Grenzregime zerschneidet auch gewachsene Verbindungen in traditionell multikulturell geprägten Regionen wie z.B. bei Bialystok. Große Teile der dort lebenden Bevölkerung sehen die mit EU-Geldern finanzierte Grenzaufrüstung entsprechend kritisch, darauf bezogen stehen öffentliche Diskussionen und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten auch im polnischen Camp ganz oben auf der Tagesordnung. Von besonderer Bedeutung ist zudem, dass der Vorbereitungskreis des polnischen noborder-camps international zusammengesetzt ist: Gruppen aus Grodno und Minsk (Weißrussland), aus Kiew (Ukraine) und Moskau beteiligen sich an der (mehrsprachigen) Programmgestaltung.
4.7. bis 8.7.: Grenzcamp in Petisovci bei Lendava in Slowenien.
Die Vorverlagerung der Abschottung, den Druck, den die EU in Sachen Grenzkontrollen auf Slowenien ausübt, thematisiert auch das "Open borders summer camp", das in unmittelbarer Nähe zur ungarischen und zur kroatischen Grenze stattfinden wird. Schon in den vergangenen Monaten wurden mehrere antirassistische Kundgebungen veranstaltet, die zumindest auf die Medienberichterstattung Einfluss nehmen konnten, wenngleich dies die zunehmend repressiven, staatlichen Vorgehensweisen gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen nicht verändert hat. "Right of global movement and universal citizenship" sind zentrale Forderungen, die die slowenischen AktivistInnen gemeinsam mit Gruppen im benachbarten Italien entwickelt haben. Ein "transalpines Netzwerk" zielt auf eine grenzfreie Region zwischen Adria und Alpen, die Mobilisierung nach Genua spielt insofern auf dem slowenischen Camp eine wichtige Rolle...
19.7. bis 22.7.: Aktionstage gegen den G-8-Gipfel in Genua.
Die Karawane aus Österreich wird zunächst im Camp in Slowenien Station machen, um dann, gemeinsam mit TeilnehmerInnen von dort, nach Genua aufzubrechen. "Ein neues Gespenst geht um in Europa, das der Illegalen, der MigrantInnen, der Flüchtlinge ...", so beginnt der Aufruf italienischer AktivistInnen für ihre Mobilisierung nach Genua, wo den Mächtigen anlässlich des Weltwirtschafts(G-8)-Gipfels ein heißer Empfang bereitet werden soll. Ein antirassistischer Ansatz steht im Mittelpunkt der Aktionen gegen dieses Symboltreffen neoliberaler Politik. Der Kampf gegen die Mauern der Festung Europa soll in den Kontext antikapitalistischer Bewegung gerückt werden. Dementsprechend beginnen die Aktionen am 19. Juli mit einem "Tag der MigrantInnen". Getragen wird diese Demonstration einen Tag vor Gipfelbeginn von MigrantInnencommunities aus Genua, mobilisiert wird zudem von den "italienischen Sans Papiers", die in den vergangenen Monaten in einigen Städten beachtliche Erfolge in ihren Kämpfen für Legalisierung verbuchen konnten. Am 20. Juli starten frühmorgens die Blockadeaktionen, die ausdrücklich die Verhinderung des G-8-Gipfels zum Ziel haben. Eine zentrale Rolle wird hierbei den Gruppen zukommen, die, als sog. "Tute Bianche" behelmt, unter den weißen Overalls gut ausgepolstert und mit LKW-Reifen gegen Polizeiketten vorgehend, mittlerweile europaweit für Aufsehen gesorgt haben, unter anderem in Prag und Nizza. Je nach Verlauf dieser Blockaden wird sich der nächste Tag in Genua gestalten: Fortsetzung der Blockaden und/oder Teilnahme an einer Großdemonstration, zu der auch viele linke Parteien und Gewerkschaften aufrufen und zu der über 100.000 Menschen erwartet werden. Und ab dem 22. Juli startet die eingangs erwähnte Karawane dann aus Genua zu ihrem letzten Zielpunkt: dem Grenzcamp am Frankfurter Flughafen.
h., AG3F