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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 462 / 17.5.2002

Campen in Hamburg? Land in Sicht!

Grenzcamp 2002: Auch der Norden mischt mit

Wo das Grenzcamp 2002 stattfinden würde, das hat die Anitra-Szene heiß diskutiert. Das Ergebnis: nicht ein, sondern viele Grenzcamps (vgl. ak 460). Die Gründe, warum es nun neben Thüringen und Strasbourg auch in Hamburg ein Camp geben wird, stellt der folgende Artikel zur Diskussion.

Mit der Regierungsbeteiligung der Partei Ronald Schills in Hamburg ist eine Grenze überschritten. Bis dahin hatte sich das Institutionengefüge der alten Bundesrepublik - trotz aller reaktionären Tendenzen - gegenüber den Parteien des rechten Rands als relativ stabil erwiesen. Zwar war es diesen Parteien vereinzelt immer wieder gelungen, in Landtage einzuziehen. Doch bis zur Hamburger Bürgerschaftswahl 2001 hatte noch keine der bürgerlichen Parteien den mehr oder weniger expliziten Konsens durchbrochen, die eigene Regierungsmacht nicht an die Beteiligung der Rechtsextremen zu binden. Die Regierungsbeteiligung der Schill-Partei markiert deshalb eine wichtige Wende.

Nur was bedeutet das genau? Haben wir es bei dem Erfolg von Schills rechtspopulistischer Mobilisierung mit einem langfristigen Phänomen zu tun oder nur mit einem Strohfeuer? Wie ist der Wahlerfolg Schills zu erklären? Welche Rolle spielt der Kriminalitäts- und Sicherheitsdiskurs? Welche langfristigen Konsequenzen sind zu erwarten? Und worin unterscheidet sich der Rechtspopulismus Schills von den anderen Parteien des rechten Rands sowie von der rechten SPD oder der CDU?

Um diese Fragen - aber keineswegs nur um diese - soll es ab dem 16. August diesen Jahres in Hamburg auf dem Camp "Land in Sicht" gehen. Mindestens genauso wichtige Themen werden sein: das Verhältnis von kapitalistischer Globalisierung, Migration und Antirassismus; Grenzregime und der Hafen als Schengen-Außengrenze; die Privatisierung des öffentlichen Raums; die Normalität des Krieges und die Einschränkung der BürgerInnenrechte nach dem 11.9. sowie eine Reflexion des eingespielten linken Aktionsrepertoires.

Mit dem Land-in-Sicht-Camp soll dieses Jahr in Hamburg an die Tradition der Grenzcamps an der deutschen Ostgrenze und in Frankfurt/Main im letzten Jahr angeknüpft werden. Neben zwei Grenzcamps in Thüringen (12.-19.7.) und Strasbourg (19.-28.7.) wird sich mit dem Land-in-Sicht-Camp in Hamburg die Chance bieten, in konzentrierter Form widerständige Politikansätze gegen die herrschende (Welt-)Ordnung zu diskutieren und zu schärfen, Streitkulturen weiter und neu zu entwickeln und all dies in Aktionen und Aktiönchen auch an die Öffentlichkeit zu tragen. Ein hoffentlich wunderschöner Platz wird es leicht machen, warme Sommertage und politischen Aktionismus zu verbinden.

Doch zurück in die Gegenwart: Der Erfolg der Schill-Partei macht eine Debatte über dessen Gründe und mögliche Gegenstrategien notwendig. Einige Thesen zum Rechtspopulismus im Allgemeinen und Schill im Besonderen vorweg:

1. Die Wahlerfolge der PopulistInnen in Europa sind ein neues Phänomen. Sie stützen sich auf zwei Säulen: auf Ausgrenzung und Rassismus und auf Unzufriedenheit mit den politischen Parteien und dem politischen System insgesamt. Beide Säulen sind wichtig, und erst ihr Zusammenspiel ermöglicht die rechtspopulistischen Erfolge im Anschluss an die rassistische Thematisierung des Themas Migration und an vielfältige Korruptions- und Filz-Skandale. Der Erfolg von Berlusconis Forza Italia stützte sich auf die rechtsextremen Parolen der Alleanza Nazionale und der Lega Nord und auf die Korruptionsskandale der etablierten Parteien. Haiders FPÖ machte einen offen rassistischen Wahlkampf und präsentierte sich gleichzeitig als Alternative zum korporatistischen System Österreichs mit seinen engen Verflechtungen von Ökonomie und Politik. In Hamburg konnte Schill von der Anti-Filz-Kampagne der CDU profitieren und gleichzeitig das gesamte rechtsradikale WählerInnenpotenzial binden. Daraus folgt: Eine wichtige Voraussetzung für die Erfolge der populistischen Parteien sind Filz- und Korruptionsskandale. Und: Zum Verständnis des Phänomens Rechtspopulismus muss nach den Gründen für ein Ausgrenzung forderndes und akzeptierendes Weltbild gefragt werden. Die Renaissance dieses autoritären Weltbildes ist es, die dem "Phänomen Schill" über die Stadtgrenzen Hamburgs hinaus Bedeutung verleiht.

Lust an provokanten Vorläufigkeiten

2. Die populistischen Parteien appellieren an autoritäre, antidemokratische Vorstellungen. Diese umfassen die Forderung nach Ordnung und Misstrauen gegenüber Widersprüchen und Aushandlungsprozessen. Die Forderung nach Ordnung äußert sich einerseits in der Bedienung eines Kriminalitäts- und Sicherheitsdiskurses. Dabei eignet sich das Thema «Sicherheit und Ordnungsst.chen.herzt Schill-Outte.zial.ren:fenren.gimes.nungssuchtlicht.fos: nen/sicht