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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 463 / 21.6.2002

Dümmer als die Polizei erlaubt

Der 11. September und die "Fahndungspannen" der US-Geheimdienste

Seit über einem Monat diskutieren Medien und Politiker der USA, warum vor dem 11. September eine Reihe von Warnsignalen grob fahrlässig unterschätzt, fehlinterpretiert oder einfach ignoriert wurden. Der ganze Komplex sich aufdrängender Fragen ist inzwischen in einem geheim tagenden Ausschuss des Kongresses gelandet, aus dem bisher nur sehr allgemein gehaltene Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Am Ende wird außer einer Zentralisierung der gesamten geheimdienstlichen Tätigkeit und einer noch stärkeren Konzentration auf das Aufgabenfeld Terrorismus-Bekämpfung (im weitesten Sinn des Begriffs) aus dieser Debatte wohl nichts herauskommen.

Das der CIA angegliederte National Intelligence Council verfasste im September 1999 einen Report über "Soziologie und Psychologie des Terrorismus". Dort war zu lesen: Selbstmord-Attentäter aus dem Umkreis von Bin Laden könnten ein mit hochexplosivem Sprengstoff vollgepacktes Flugzeug in das Pentagon, das Hauptquartier der CIA oder ins Weiße Haus steuern. Diese Vermutung hatte einen konkreten Hintergrund: 1995 hatten islamistische Terroristen in der philippinischen Hauptstadt Manila die Entführung von elf amerikanischen Verkehrsflugzeugen über dem Pazifik geplant, die dann in der Luft gesprengt werden sollten. Außerdem sollte mit einem kleineren, mit Sprengstoff beladenen Flugzeug ein Angriff auf das CIA-Hauptquartier unternommen werden. Dieser Einsatz sollte von einem pakistanischen Piloten durchgeführt werden, der an amerikanischen Flugschulen ausgebildet worden war.

Auch der britische Geheimdienst MI6 warnte die USA angeblich schon zwei Jahre vor dem 11. September, dass Bin Laden die Absicht habe, Flugzeuge "auf unkonventionelle Weise, vielleicht als fliegende Bomben" zu benutzen. Die Warnung, die der amerikanischen Botschaft in London mitgeteilt wurde, soll keine konkreten Hinweise auf bestimmte Ziele oder einen bestimmten Zeitpunkt enthalten haben.

Am 5. Juli 2001, zwei Monate vor dem 11. September, fand im Weißen Haus ein Treffen hochrangiger Vertreter von rund einem Dutzend US-amerikanischer Geheim- und Sicherheitsdienste statt. Der oberste Regierungsverantwortliche für die Terrorismus-Bekämpfung, Richard Clarke, erläuterte den Grund des Treffens: Alle Signale und Informationen deuteten darauf hin, dass eine spektakuläre terroristische Aktion größten Ausmaßes bevorstand, und zwar in allernächster Zeit. Clarke ordnete an, bei allen Diensten sämtliche Urlaube zu streichen, nicht unbedingt notwendige Reisen zu unterlassen. Die Rapid-Response-Teams der Dienste wurden in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

Höchste Alarmstufe seit Juli 2001

In diesem Zusammenhang erteilte George W. Bush seiner Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice den Auftrag, eine Analyse der Gefahrenlage erstellen zu lassen. Dieser Bericht - überschrieben "Bin Laden Determined to Strike in U.S." - lag dem Präsidenten am 6. August vor. Eine der Prognosen lautete, dass Bin Laden versuchen könnte, in den USA Flugzeuge entführen zu lassen.

Rice, die sich nach dem verspäteten Bekanntwerden dieses Berichts im Mai 2002 den peinlichen Fragen der JournalistInnen stellen musste, erklärte ganz bieder und beharrlich: Man habe dabei eben nur an "konventionelle" Flugzeugentführungen gedacht, nicht aber an die Möglichkeit, dass die Entführer ein vollgetanktes Flugzeug in ein Ziel steuern könnten. Dabei ist genau dieses Szenario schon seit langem ein viel und ständig diskutierter Albtraum sämtlicher Sicherheitsdienste. Spätestens aber seit dem 21. Februar 1973: An jenem Tag schoss die israelische Luftwaffe über der Sinai-Halbinsel - also klar außerhalb des eigenen Luftraums - eine durch Navigationsschwierigkeiten vom Weg abgekommene libysche Boeing 707 ab, mit der Begründung, man habe nicht ausschließen können, dass sie in einer "Selbstmord-Mission" auf Tel Aviv zusteuerte. 109 Passagiere wurden beim Absturz getötet.

Am 10. Juli 2001 - nur fünf Tage nach der großen Krisensitzung im Weißen Haus - verfasste ein FBI-Agent in Phoenix/Arizona namens Kenneth J. Williams ein Memorandum für seine Vorgesetzten, in dem er Bedenken über die Anwesenheit von militanten Moslem-Fundamentalisten aus Nah- und Mittelost an amerikanischen Flugschulen und luftfahrttechnischen Universitäten äußerte.

In seinem Papier warnte Williams vor Versuchen Bin Ladens, Anhänger an amerikanische Universitäten und Colleges für zivile Luftfahrt zu schicken. Das Memo enthielt die Namen von acht angeblich islamistischen Studenten aus dem arabischen Raum, gegen die Williams ermittelte und die alle an der Aeronautical University in Prescott/Arizona studierten. Sie hatten dort Kurse in Piloten-Training, Luftfahrt-Mechanik und Sicherheit belegt. Williams schlug vor, alle Flugschulen in den USA auf ähnliche Vorgänge zu überprüfen und die Angelegenheit mit anderen Diensten des Landes zu diskutieren.

Das Papier gelangte über die mittlere Ebene des FBI niemals hinaus. Insbesondere kam es nicht zur Kenntnis der für die Terrorismus-Bekämpfung Zuständigen im FBI-Hauptquartier. Auf mittlerer Ebene wurde entschieden, dass angesichts anderer Belastungen des FBI die von Williams vorgeschlagene Überprüfung aller Flugschulen aus Mangel an verfügbarem Personal undurchführbar sei.

Bei der Überprüfung der in Williams' Memo genannten Personen nach dem 11. September wurde angeblich festgestellt, dass diese zu den Ausführenden der Angriffe auf World Trade Center und Pentagon in keiner Beziehung gestanden hatten. Aus den bisherigen Veröffentlichungen ist nicht zu erkennen, was der reale Hintergrund der von Williams registrierten Beobachtungen war.

Die Suche nach dem "20. Mann"

Schon im Mai 1998 hatte der Chefpilot des FBI-Büros von Oklahoma in einem Memorandum darauf hingewiesen, dass eine große Zahl von Männern aus dem arabischen Raum auf Flughäfen des Bundesstaates Flugunterricht nahm. Dies sei ein erst seit kurzem zu beobachtendes Phänomen, das mit geplanten terroristischen Aktivitäten in Zusammenhang stehen könnte. In dem mit "Massenvernichtungswaffen" überschriebenen Papier wurde außerdem davor gewarnt, dass Kleinflugzeuge ein ideales Mittel zur Verbreitung chemischer oder biologischer Kampfstoffe sein könnten.

Zum damaligen Zeitpunkt blieb das Memo unbeachtet. Ein FBI-Sprecher erklärte jetzt dazu: "Wir haben keine Informationen, dass die dort genannten Personen an terroristischen Aktivitäten beteiligt waren."

Zacarias Moussaoui wurde am 16. August 2001 in Minneapolis verhaftet, mangels konkreter Beweise zunächst nur mit der vorgeschobenen Begründung, dass seine Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen war. Der aus Frankreich stammende Marokkaner, der im Februar 2001 in die USA eingereist war, war den Betreibern einer von ihm besuchten Flugschule verdächtig erschienen, weil er weder Starten noch Landen lernen wollte, sondern sich nur für das Steuern des Flugzeugs interessierte. Die Flugschule hatte das FBI informiert, hier bereite sich ein Ausländer möglicherweise auf eine Flugzeug-Entführung vor.

Die FBI-Agenten in Minneapolis wollten daraufhin das in der Wohnung Moussaouis beschlagnahmte Laptop untersuchen und außerdem die Wohnung noch einmal gründlicher in Augenschein nehmen. Um einen richterlichen Durchsuchungsbefehl zu erhalten, hätten sie aber als erstes die Zustimmung des FBI-Hauptquartiers gebraucht. Diese wurde ihnen jedoch "aus juristischen Gründen" mehrfach verweigert. Aus von ihnen erstellten Memos wurden vor Weiterleitung an die FBI-Rechtsabteilung - die die Grundlagen eines Durchsuchungsbefehls prüfen sollte - wesentliche Informationen und Argumente gestrichen.

Agenten des FBI-Büros in Minneapolis wandten sich deshalb aus eigener Initiative direkt an die CIA mit der Bitte um Amtshilfe. Die CIA checkte ihre eigenen Daten und fand keine Eintragungen über Moussaoui. Gleichzeitig leitete die CIA eine Routineanfrage an befreundete ausländische Dienste weiter. Daraufhin kam aus Frankreich die Information, dass Moussaoui dort bereits aufgefallen war, weil er, offenbar im Auftrag islamistischer Kreise, unter französischen Moslems Freiwillige zur Unterstützung des Guerillakriegs in Tschetschenien anzuwerben versucht hatte. Das FBI-Hauptquartier zeigte sich unbeeindruckt und tadelte lediglich die eigenmächtige Kontaktaufnahme der Leute in Minneapolis zur CIA.

Die nach dem 11. September vorgenommene Untersuchung von Moussaouis Laptop ergab, dass dieses tatsächlich Hinweise und Namen enthielt, deren rechtzeitige Kenntnis, in Verbindung mit den zahlreichen anderen vorliegenden Hinweisen gebracht, zur Verhinderung der Anschläge hätte beitragen können.

Jahrelanges Abhören ohne Ergebnis?

Moussaoui ist jetzt der Beteiligung an dem Komplott vom 11. September, einschließlich des mehrtausendfachen Mordversuchs, angeklagt. Die Staatsanwaltschaft unterstellt, er sei als 20. Teilnehmer der Flugzeug-Entführung vorgesehen gewesen und nur durch seine vorzeitige Verhaftung daran gehindert worden.

Wie schon kurz nach dem 11. September bekannt wurde, standen zwei der 19 an den Flugzeugentführungen Beteiligten auf einer Fahndungsliste. Khalid Almihdhar und Nawaf Alhazmi hatten im Januar 2000 an einem Treffen mutmaßlicher Al-Kaida-Anhänger aus mehreren Ländern in Kuala Lumpur (Malaysia) teilgenommen. Die CIA hatte im Voraus - angeblich durch das Abhören eines logistischen Stützpunkts von Al-Kaida im Jemen - von diesem Treffen erfahren und daraufhin den malaysischen Geheimdienst um Hilfe gebeten. Dessen Agenten observierten das Treffen und fotografierten dessen Teilnehmer bei Spaziergängen in der Stadt und in einem Internet-Café. Der malaysische Geheimdienst schickte der CIA außerdem einen ausführlichen Bericht über das Treffen und eine Liste mit Namen mehrerer Teilnehmer.

Die CIA stellte fest, dass zwei der Beteiligten, Almidhar und Alhazmi, mit Aufenthaltsvisen in den USA lebten. Dennoch wurden sie an der Wiedereinreise nicht gehindert. Angeblich hätten dafür nicht genügend Informationen vorgelegen. Erst am 23. August 2001, zweieinhalb Wochen vor dem 11. September, wurden die beiden von der CIA auf eine "Watchlist" gesetzt; FBI, Außenministerium und andere Behörden wurden informiert - zu spät.

Die CIA darf in den Vereinigten Staaten selbst nicht aktiv werden, hätte also die ihr vorliegenden Informationen über terrorismusverdächtige Kontakte von Almidhar und Alhazmi sofort an das FBI weitergeben müssen. Wären die beiden daraufhin, wie es nach ihrer Teilnahme an den Treffen in Kuala Lumpur zwingend gewesen wäre, überwacht worden, wäre nicht nur ihr Besuch von Flugschulen aufgefallen. Da sie sich nachweislich mit mindestens fünf der 19 Flugzeugentführer mehrmals vor dem 11. September getroffen haben, hätte eine Überwachung der beiden eigentlich zu dem gesamten Netz führen müssen.

CIA und FBI weisen sich in dieser Sache gegenseitig die Schuld zu. Anscheinend sind zumindest die Verbindungsleute des FBI beim Counterterrorism Center der CIA über das Treffen von Kuala Lumpur und die Teilnahme von Almidhar und Alhazmi informiert worden. Die wichtigste Information aber, verteidigt sich dagegen jetzt das FBI, sei ihnen vorenthalten worden: dass die beiden bereits in den USA lebten.

Der amerikanische Geheimdienst NSA (National Security Agency), der u.a. mit dem Abhören, Übersetzen und Entschlüsseln fremdsprachiger Kommunikation beauftragt ist, soll Telefongespräche zwischen Mohamed Atta und dem hochrangigen Al-Kaida-Führer Khalid Shaikh Mohammed abgehört haben. Letzterer war nach Aussagen von FBI-Chef Mueller der eigentliche "Kopf" des 11. September. Die NSA habe es versäumt, die aus diesen Gesprächen gewonnenen Erkenntnisse - die der Öffentlichkeit immer noch vorenthalten werden! - den anderen amerikanischen Diensten mitzuteilen. Außerdem seien einige der auf Arabisch geführten Gespräche nicht rechtzeitig übersetzt worden.

Die NSA soll auch die von Bin Laden geführten Telefongespräche jahrelang abgehört haben. Auf diese Weise sei der Geheimdienst sogar über die geplanten Bombenanschläge gegen die US-Botschaften in Kenia und Tansania (August 1998) vorher informiert gewesen, habe sein Wissen aber nicht weitergegeben. Als Begründung wird angeführt, dass die NSA nicht über genügend Fremdsprachen-Kundige verfüge, um die anscheinend riesengroße Menge der von ihr abgehörten Gespräche zügig zu übersetzen.

Der Abgewiesene - ein V-Mann?

Nicht öffentlich diskutiert wurde bisher in den USA, warum die Einreisebehörden nicht schon Monate vor dem 11. September auf Mohamed Atta aufmerksam wurden. Atta reiste am 3. Juni 2000 mit einem Touristenvisum in die Vereinigten Staaten ein, das ein halbes Jahr lang gültig war. Im Dezember 2000 oder Januar 2001 flog er nach Madrid. Als er sechs Tage später in die Staaten zurückkehren wollte, wurde festgestellt, dass sein Visum abgelaufen war. Er wurde am Flughafen festgehalten und vernommen. Dabei ging es auch um den Flugunterricht, den Atta als Tourist nicht hätte nehmen dürfen. Am Ende jedoch konnte Atta erstaunlicherweise doch wieder mit einem um acht Monate verlängerten Touristenvisum einreisen. Im April 2001 soll Atta sich in Prag mit einem bekannten irakischen Agenten getroffen haben, im Juli 2001 dann fast zwei Wochen in Spanien gewesen sein. Diese Reisetätigkeit hätte eigentlich, nach den in den USA für InhaberInnen eines Touristenvisums üblichen Standards, dazu führen müssen, Atta schärfstens zu beobachten oder ihm spätestens im Juli 2001 die Wiedereinreise in die USA zu verweigern.

Nach wie vor unklar ist die Rolle von Ramzi Binalshibh, der in Hamburg studiert hatte und zeitweise zusammen mit Mohamed Atta in der Harburger Marienstraße 54 wohnte. Auch dieses Thema scheint aber die US-amerikanischen Medien bisher nicht sonderlich zu interessieren.

Offenbar war Binalshibh als einer der Piloten vorgesehen, die am 11. September die entführten Verkehrsflugzeuge ins Ziel steuern sollten. Er hatte sogar schon eine Anzahlung an eine Flugschule in den USA überwiesen. Sein Einsatz scheiterte jedoch daran, dass zwischen dem 17. Mai und dem 25. Oktober 2000 vier Mal sein Antrag auf Erteilung eines Einreisevisums von den US-Behörden abgelehnt wurde. Da die anderen Beteiligten, darunter mehrere mit eindeutig fundamentalistischem und mindestens zwei sogar mit Terrorismus-verdächtigem Hintergrund, keine Probleme mit dem Visum hatten, steht die Frage, warum gerade Binalshibh abgewiesen wurde. Eine offizielle Erklärung US-amerikanischer Stellen für diesen Vorgang gibt es nicht; das zuständige Außenministerium lehnte einen Kommentar sogar ausdrücklich ab.

Eine denkbare Erklärung für die Verweigerung des Visums wäre, dass gegen Binalshibh ganz schwerwiegende konkrete Verdachtsmomente und Erkenntnisse vorlagen. Voraussetzung dafür wäre, dass er schon mehr als ein Jahr vor dem 11. September irgendeinem - nicht unbedingt einem amerikanischen - Geheimdienst aufgefallen war und observiert wurde. Dann müsste dieser Dienst aber auch an der gesamten Gruppe um die Marienstraße und deren Plänen sehr dicht dran gewesen sein, was jedoch von allen Seiten offiziell bestritten wird.

Die Menge der Zufälle
nährt Zweifel

Eine andere Erklärung wäre, dass Binalshibh durch die Verweigerung des Visums davor geschützt werden sollte, das Schicksal der anderen Beteiligten zu teilen. Dies wäre eine völlig plausible Annahme, falls er als V-Mann für einen Geheimdienst tätig war. In diesem Fall benötigte er, wenn er sich nicht selbst als Agent enttarnen wollte, einen glaubwürdigen Vorwand, um die ihm zugedachte Rolle als Selbstmord-Pilot nicht spielen zu müssen.

Nach Presseberichten ist Binalshibh, nachdem er Hamburg kurz vor dem 11. September verließ, in Karachi, Pakistan aufgetaucht. Der Spiegel meldete etwas später, er sei bei den Kämpfen in Afghanistan getötet worden, doch gibt es dafür offenbar keinen Anhaltspunkt.

Im Januar dieses Jahres wurde bekannt, dass Binalshibh auf einem von fünf in Kabul gefundenen Videos zu sehen ist, mit denen künftige Selbstmordattentäter ihr politisch-religiöses Bekenntnis ablegten und sich von ihren Verwandten verabschiedeten. Außer Binalshibh wurden die auf den Videos gezeigten Männer bisher nicht identifiziert. Jedenfalls soll es sich nicht um Beteiligte an der Terror-Aktion vom 11. September handeln.

11. September 2001: Um 8.40 ging bei der den Flugverkehr überwachenden Militärdienststelle NORAD die erste Mitteilung ein, dass ein Flugzeug entführt worden war. Es war dasjenige, das fünf Minuten später in den Nordtower des World Trade Centers gelenkt wurde. Um 8.43 wusste NORAD, dass ein weiteres Flugzeug entführt worden war. Um 9.03 traf dieses den Südturm. Und es vergingen immer noch 37 Minuten - eine ganze Stunde seit der ersten Entführungsmitteilung - bis um 9.40 ein weiteres Flugzeug in einem eigentlich nur von einem erfahrenen Piloten durchzuführenden Tiefflug ins Pentagon krachte.

Dass solche Angriffe grundsätzlich möglich sind - auch wenn sie vor dem 11. September 2001 noch niemals vorgekommen sind - war seit über 20 Jahren bekannt und immer wieder diskutiert worden. Durch die Aufdeckung konkreter Pläne, ein mit Sprengstoff beladenes Flugzeug in ein zentrales Regierungsgebäude Washingtons zu lenken (1995), und durch die schon Wochen vor dem 11. September herrschende Alarmstimmung wegen eines angeblich unmittelbar bevorstehenden spektakulären Schlags gegen die USA hatte dieses Risiko spezielle Brisanz erhalten. Zusammengenommen mit den Erkenntnissen über den Aufenthalt Terrorismus-verdächtiger Personen an US-amerikanischen Flugschulen hätte man offenbar nur noch zwei und zwei zusammenzählen müssen.

Ohnehin hätte bis zum 11. September 2001 als absolut sicher gelten dürfen, dass die Hauptstadt der USA durch einen präzisen Notfall-Plan, insbesondere durch ständig sofort einsetzbare Kampfflieger, gegen solche jederzeit möglichen Überraschungen geschützt wäre. Es war ganz und gar nicht so. Die Zweifel angesichts so vieler Zufälle bleiben.

Knut Mellenthin