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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 476 / 19.9.2003

"Liberty Gangster"

Anti-Amerikanismus und konkret-Cover

Am 3. Mai 1973, noch unter der Herausgeberschaft von Klaus Rainer Röhl, wies das damals zweiwöchentliche Magazin konkret seine LeserInnen auf dem Cover mit den Zeilen "Anti-Amerikanismus in der BRD" auf seine Titelgeschichte hin. Hinzu kam der bissige Zusatz: "Nixons nützliche Märchen". Das Editorial zu diesem unter redaktioneller Verantwortung von Otto Köhler publizierten Artikel beginnt mit der kühlen, auf die Funktion des Anti-Amerikanismus-Vorwurfes gemünzten Feststellung: "Nixon ist in Not. Sein Krieg ist verloren, sein Ruf ruiniert. Auf der Suche nach einem Sündenbock haben die Berater des Präsidenten den Anti-Amerikaner gefunden." Direkt anschließend wird die rhetorische Frage gestellt, ob denn nun "Anti-Amerikanismus ein Schuh" sei, den sich "ein Linker anziehen" könne. Im Artikel finden sich eine ganze Reihe von auch heute noch bedenkenswerten Sätze zu rechtem und linkem Anti-Amerikanismus, der deutlich zurückgewiesen wird. Unmissverständlich wird den konkret-LeserInnen klargemacht, dass gerade "für Linke Anti-Amerikanismus eine Falschmünze ist, die sie nicht akzeptieren dürfen. Und eine Sprachschluderei obendrein - auch Allende und Castro sind Amerikaner." Allerdings klingen die Zwischenüberschriften des Beitrags etwas eigentümlich, da die Politik der Nixon-Regierung mit Formulierungen wie "Besatzung", "Terror gegen Kinder und Kranke", "Kriegserklärung an Europa" und "faulige Dünste der Korruption" kritisiert wird.

Problem oder Falschmünze?

Das eigentliche Titelbild dieser konkret kann kein Material für Anti-Amerikanismus-Vorwürfe liefern, da jede Aussage über die Nationalität der am Strand sitzenden, halbnackten Frau vermieden wird. Das Bild weist eher auf den seinerzeit auch in linken Gazetten handelsüblichen Sexismus hin und die zynische Regel, dass "Sex sells".

Zurück zum Text. Hier zeigt sich die komplizierte Gratwanderung, den die Kritik in diesem Land zwischen einer legitimen Kritik an der imperialen Politik einer US-Regierung und eigentümlich tückisch-oberflächlichen Phänomen wie Anti-Amerikanismus zu gehen gezwungen ist. Dies gilt umso mehr, als eine halbwegs wissenschaftlichen Definition, wo Anti-Amerikanismus anfängt und vielleicht auch wieder aufhört, bislang leider aussteht. Insofern müssen wohl alle engagiert am politischen Handgemenge Beteiligten damit leben, sich mit diesem Vorwurf auseinander zu setzen, wenn sie sich in Widerspruch zur US-Regierungspolitik befinden. Demgegenüber haben es offene und verdeckte Befürworter der US-Regierungspolitik natürlich leichter, denn ihnen wird der Vorwurf des Anti-Amerikanismus kaum gemacht werden.

Das Problem Anti-Amerikanismus drängte sich in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre auch dem seit 1974 amtierenden konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza auf. 1997 schrieb er - überraschend knapp - unter der Überschrift "Amerika, Amerika" in dem Sammelband "konkret vierzig Jahre - Eine linke deutsche Geschichte 1957-1997" zu diesem Problem: "(In der konkret herrschte] ein Anti-Amerikanismus, in dem sich berechtigte Opposition gegen die Führungsmacht des Imperialismus immer wieder mit deutschen Ressentiments gegen ,Wall Street`, seine (jüdischen) ,Börsenjobber` und die kulturelle Minderwertigkeit der USA verband. Der Weg vom Kulturkampf gegen Hollywood und Coca Cola bis zur Bitte an die USA, ihre Soldaten nicht aus Deutschland abzuziehen, zog sich von 1957 bis 1989/90."

Dieser eigentümlich groß gewählte Zeitraum korrespondiert damit, dass in der dokumentierten 1989er-Juli-Kolumne "Ami stay here" ziemlich viel über DDR, Sowjetunion und Deutschland steht, aber nichts zu Anti-Amerikanismus. Die Begriffe "1957" und "Kulturkampf" legen Assoziationen grauer Vorzeiten nahe und relativieren so etwaigen Anti-Amerikanismus der jüngeren Zeit. Grund genug, hier einmal genauer nachzusehen - zumal konkret eine auflagenstarke Zeitschrift war.

Titelbilder als Visitenkarte

Wir diskutieren das Problem Anti-Amerikanismus in der Zeitschrift konkret ausschließlich auf der Basis der von uns ausgewählten Titelbilder und der unmittelbar darauf Bezug nehmenden Texte. Vielleicht findet sich einmal jemand, der einen Teil seiner Lebenszeit - z.B. im Rahmen einer sozial- oder politikwissenschaftlichen Diplomarbeit - dafür aufwenden möchte, die in konkret publizierten Texte in Hinsicht auf Anti-Amerikanismus durchzusehen. Hier nur der Hinweis, dass eine CD-ROM-Stichwortrecherche aller konkret-Ausgaben von 1980 bis 1999 allein zu "Antiamerikanismus", "Anti-Amerikanismus" und "Amerikanismus" knapp 100 Einträge ergab. Was das für die zur Diskussion stehende Frage bedeutet, beanspruchen wir hier nicht zu beantworten.

Das Cover einer Zeitschrift kann als Visitenkarte des Projektes verstanden werden. Seine Auswahl und Gestaltung ist ganz sicher nie zufällig, nebenbei oder gar gegen den ausdrücklichen Willen des jeweiligen Herausgebers erfolgt. Es soll ja möglichst plakativ - im Sinne von populär und allgemein verständlich - sein, um potenzielle KäuferInnen anzusprechen. Dies gilt umso mehr für eine Zeitschrift, die sich halbwegs rentabel auf einem anonymen Käufermarkt behaupten muss. Sehr sinnvoll erscheint es da, bestehende Stimmungen, Affekte und Assoziationsräume der anvisierten Käufergruppe mit entsprechenden Bildern, Text- und Bildmontagen zu bedienen, da diese die Kaufentscheidung positiv beeinflussen. Auch die Redaktion einer politischen Gazette hat Gründe, das Zeitschriftencover so zu gestalten, dass es die Leserinnen nicht vor den Kopf stößt. Entsprechend - das ist ja selbstverständlich - müssen sich die Herausgeber die Cover ihrer Zeitschrift als programmatisches Statement zu den von ihnen behandelten Fragen und Themen der Zeit zurechnen lassen.

Seit 1974 - nach der Pleite ihres Herausgebers Röhl - wird konkret von Hermann L. Gremliza herausgegeben. konkret bediente in den 1970er und 1980er Jahren das linkssozialistische und linksorthodoxe politische Spektrum der BRD, und entsprechend waren die Titel gestaltet und choreografiert. Die seit Mitte der 1960er Jahre von Röhl praktizierte Präsentation von barbusigen Frauen wurde von dem neuen Herausgeber - mit einer Ausnahme im Jahre 1977 - aufgegeben. Die Titelbilder versuchten nun explizit politische Sachverhalte zu visualisieren. Kaum verwunderlich, dass nun die Köpfe von US-Präsidenten auf konkret-Cover gerieten. Schließlich genießt jeder US-Präsident auf Grund seiner ihm zufallenden Machtfülle einen ziemlich großen Bekanntheits- und Wiedererkennungsgrad. Was also liegt für eine linksorthodoxe Zeitschrift näher, als bei der Präsentation des Fotos eines US-Präsidenten auch mit Hilfe des Covers kritisch Position zu beziehen?

Entsprechende Titelbilder haben wir bei der Durchsicht der zwischen 1974 bis 1989 publizierten konkret-Ausgaben gefunden und sieben augenfällig für das Thema "Anti-Amerikanismus in der Linken" interessante ausgewählt. Natürlich sagt allein die Abbildung des Gesichtes des jeweiligen US-Präsidenten kaum etwas über womöglich anti-amerikanische oder pro-amerikanische Absichten aus. Der Stil des jeweiligen Bildes, eine beabsichtigte unvorteilhafte Darstellung und seine Verbindung mit einer textlichen Aussage sind aussagekräftigere Kriterien.

Im Februar 1976 fanden sich ein Konterfei von Charles Manson und eine Banane haltende Pin-Up-Version der Freiheitsstatue auf dem Cover. (Manson wurde seinerzeit als Drogenfreak, Mörder von Sharon Tate und Anführer einer sektenähnlichen Gang durch die Schlagzeilen gezogen - der damalige konkret-Autor Martin Walser kritisiert dieses Vorgehen am Beispiel der Spiegel-Berichterstattung, mokiert sich aber auch über die kaputte Szene in Hollywood rund um Polanski.) Die Zusammenstellung vom hässlichen Amerikaner Manson als finstere Macht mit diabolischem Blick im dunklen Hintergrund und US-Freiheit als Prostituierter, die primitiv mit käuflichem Sex und klassischer Affennahrung lockt, riecht schon sehr nach "Kulturkampf", dafür spricht auch die abgebildete US-Fahne. Einen leibhaftigen Affen werden wir übrigens ein paar Jahre später auf einem anderen Cover sehen.

Hässlicher Amerikaner und käuflicher Sex

Im März 1979 erschreckte konkret ihre LeserInnen mit dem durch bedrohliche Militärwaffen entstellten Präsidentengesicht des heutigen Friedensnobelpreisträgers Jimmy Carter. Verstärkt durch sein dreistes Grinsen ist er das personifizierte Monster. Aufsteigend wie eine startende Rakete findet sich die rhetorische Frage "Wer fängt den 3. Weltkrieg an?" Nach zwei von Deutschen vom Zaun gebrochenen Weltkriegen gilt diese Befürchtung nun der von Jimmy Carter geführten US-Regierung. Irritieren muss die - ausgerechnet links unten - auf dem Titelbild platzierte Banderole "Wirtschaftswunder Auschwitz". Dem Titelbild selbst ist nicht anzusehen, dass sich diese beiden zynisch klingenden Worte nicht auf die darüber visualisierte Militärpolitik des amerikanischen Präsidenten beziehen. Wer sich aber durch die auf dem Titelbild wirklich arrangierte Assoziationskette Weltkrieg, US-Präsident und Auschwitz zum Kauf dieses Heftes hat animieren lassen, wird bemerkt haben, dass sich die Banderole auf die damals in der bundesdeutschen Öffentlichkeit erregt geführte Diskussion um die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlte US-amerikanische Serie "Holocaust" bezog.

Der zum "3.Weltkrieg" gehörende Artikel stammt aus der Feder des damaligen SPD-Mitgliedes Gremliza und beschäftigt sich mit der von der damaligen, von Helmut Schmidt geführten Bundesregierung mitvollzogenen Aufrüstungspolitik der Carter-Regierung gegen die Sowjetunion. In seiner Argumentation arbeitet Gremliza den defensiven Charakter der sowjetischen Außenpolitik heraus, die sich unter anderem "gerade jetzt - aus dem Chaos an ihrer Südgrenze heraus (halte), bloß um die USA nicht zu reizen, obwohl die dort eigentlich nie was verloren hatten." Auffällig ist in diesem Artikel die schlampige Begriffswahl: Es wird nicht zwischen "USA" oder "USA-System" und der Politik der damaligen US-Regierung unterschieden.

Anderthalb Jahre später, in der Dezemberausgabe 1980, widmet konkret seinen Titel dem frisch ins Amt gewählten neuen US-Präsidenten. Es zeigt ihn in einem Filmstandbild zusammen mit dem Schimpansen Bonzo. Ob der prominent auf diesem Cover platzierte Hinweis "(links oben)" gegen eine Verwechslung des Affen mit Ronald Reagan aus Jux oder Ironie oder doch aus antiamerikanischen Ressentiment heraus erfolgt ist, wäre da zu fragen. Hermann L. Gremliza ließ in seiner damaligen Kolumne keinen Zweifel daran, was er von diesem durch die Titelbildmontage zum Affenähnlichen herabgewürdigten US-Präsidenten hielt: Der sei ein "ausgemachter Kretin", ein "Biertischpolitiker", ein "drittklassiger Westernheld" und überhaupt "eine Type, über deren intellektuelle und moralische Inferiorität unter vernünftigen Menschen keine Diskussion möglich" sei.

Bevorzugte Zielscheibe: Ronald Reagan

Die im Kontext der Friedensbewegung der 1980er Jahre auch grafisch visualisierten Attacken gegen US-Präsident Reagan sollten im Mai 1985 eine erhebliche Steigerung erfahren. Hier wird der US-Präsident der deutschen LeserInnenschaft auf einem düsteren und diabolisch wirkenden Frontalporträt tatsächlich als "The new Führer" vorgestellt. (Dieses Titelbild ist übrigens ein Ausschnitt eines von dem Künstler Hans Haacke 1982 auf der documenta 7 in Kassel ausgestellten Ölgemäldes.) In seiner Kolumne begründet Gremliza das für Ronald Reagan wenig schmeichelhafte Verdikt mit dessen "Rassismus", seinem "Hass auf die Roten", seiner "Rüstungswut", dem "Zynismus im Umgang mit Verträgen" und "Weltherrschafts-Fantasien" sowie der "hemmungslosen Bereitschaft zu lügen" und dem "nationalen Größenwahn". Nach diesen Feststellungen geht Gremliza mit der vollen Absicht, den US-Präsidenten mit dem größten Menschheitsverbrecher direkt zu identifizieren, daran, auf "die Parallelen, die bis ins lächerliche Detail reichen (zu verweisen): Der gescheiterte Filmschauspieler, der keine Rolle mehr bekommt, nachdem er in ,Bedtime for Bonzo` als Partner eines Schimpansen gegen diesen mimisch zu weit abgefallen war und dafür eine kommunistische Verschwörung in Hollywood verantwortlich macht - ganz wie der Wiener Kunstmaler, der sein Genie durch jüdische Professoren verkannt sah; die frühen antikapitalistischen Aufwallungen beider und ihre spätere Finanzierung durch Thyssen oder General Electric; ihre Kampfschriften und -reden, die keiner ernst nimmt, um später nichts davon gewusst zu haben."

Am Ende dieser für die Thematik Anti-Amerikanismus aufschlussreichen Kolumne unterrichtet der konkret-Herausgeber die LeserInnen vom "Hang des neuen Führers zu Blitzkriegen", die "nicht erst seit Grenada bekannt" sei. Befangen in dieser Denkfigur eines von Ronald Reagan personifizierten US-Faschismus mutieren die auf dem Titelbild der folgenden Ausgabe von Juni 1985 abgebildeten, in Nicaragua mordenden Contra-Freischärler zu "Reagans Waffen-SS".

In dieser Ausgabe kommen allerdings Bezug nehmend auf die "The new Führer"-Kolumne zwei Leserbriefschreiber zu Wort. In einer Rubrik mit der Bezeichnung "Antikommunismus" bescheinigt Karl Westphal aus Hannover dem konkret-Herausgeber, einen "dummdreisten Artikel" von sich gegeben zu haben. Es habe ihn in Erstaunen versetzt, "welche grotesken Blüten der Anti-Amerikanismus" hervorbringe. Dieser Aussage sucht ein daneben dokumentierter Leserbrief von Karl Kirchner aus Würzburg zu widersprechen: Der Antikommunismus sei als "die zentrale Doktrin der amerikanischen Außenpolitik" anzusehen und solange der Kapitalismus bestehe, werde "die Gefahr eines neuen Faschismus nicht beseitigt sein". Die USA hätten sich "bisher überall zu Gunsten faschistischer und faschistoider Regime eingemischt, wo deren Existenz von links bedroht" gewesen sei. Insofern hätte dieses Land dann auch mit Ronald Reagan, so Herr Kirchner aus Würzburg weiter, "jenen ,New Führer` bekommen, den der Hunger nach Weltherrschaft täglich plagt". Kein Leserbriefschreiber äußerte sich übrigens zu dem zur Kolumne gehörenden Titelbild.

Ein knappes Jahr später, in der Mai-Ausgabe des Jahres 1986, hat der von konkret ungeliebte US-Präsident noch einmal die Ehre, mit seinem Konterfei auf einem Cover aufzutauchen - erneut als "Führer" und zudem als "Terrorist". Hermann L. Gremliza erörtert in dem Heft die Konsequenzen der US-Bombardierung Libyens, die kurz zuvor nach einem dem libyschen Geheimdienst zugeschriebenen Bombenanschlag auf die von US-Soldaten besuchte Westberliner Discothek "La Belle" erfolgt war.

Unter dem Titel "Discothek Gleiwitz" schreibt Gremliza unter Bezug auf die Nazi-Propaganda zu Beginn des Angriffs auf Polen: Da die "Weltmacht Nr. 1 ... von einer Welt hassender Feinde und zögerlicher Freunde" umgeben sei, helfe aus deren Perspektive nur noch die Devise: "Untermenschen haben die Discothek Gleiwitz überfallen - seit 7 Uhr wird zurückgeschossen. Fred Iklé, Staatsekretär im Pentagon, hatte es vor einigen Wochen in München angekündigt."

Fragwürdige linke Gewohnheiten

Drei Monate später, im August 1986, zeigte die konkret ihre Abneigung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika erneut mit einem entsprechenden Cover. Der leibhaftige Bösewicht Reagan wurde nun gegen seinen Hollywood-Kollegen Sylvester Stallone, alias Rambo, ausgetauscht. Als eine in den Filmstudios erfundene prominente Filmfigur lässt sich Rambo irgendwo im Zwischenreich von Fantasy, Fiction und anspruchsloser Filmkunst verorten. Der konkret-Covergestaltung zu unterstellen, dass ihnen diese Filmfigur nicht nur als eine widerliche Verkörperung amerikanischer Unkultur - mit hohem Wiedererkennungswert gegenüber dem deutschen Lesepublikum - erschien, dürfte nicht ungerechtfertigt sein. Rambo als überzeugende Inkarnation des "Liberty-Gangsters" USA, die, wie es weiter auf dem Cover heißt, als "die USA gegen den Rest der Welt" bereit seien, gewalttätige Dinge zu tun. Dieses im Unterschied zu einigen anderen hier gezeigten grafisch ganz gut gelungene konkret-Cover verweist auf ein Interview mit dem radikalen Kritiker der US-Regierung Noam Chomsky. Unter der Überschrift "Gangster-Staat" wird durch Chomsky präzisierend begründet, warum es sich bei den USA "um einen der führenden terroristischen Staaten" auf der Welt handele.

So weit unsere Präsentation von konkret-Covern zur komplexen Thematik des Anti-Amerikanismus. Nach August 1986 ist uns zumindest bis Ende 1989 kein weiteres "passendes" mehr aufgefallen. Das könnte damit zusammenhängen, dass nach August 1986 in der BRD der von dem deutschen Verfassungspatrioten Jürgen Habermas losgetretene Historikerstreit einsetzte, der u.a. um die Relativierungsversuche des von Deutschen während des Zweiten Weltkrieges an den Juden verübten Massenmordes kreiste. Zugleich zeichnete sich im Verhältnis zwischen den USA und der Sowjetunion ein Tauwetter ab, weil sich letztere überraschend friedlich totrüsten ließ. Nebenbei: Hätte es seinerzeit schon den Begriffsreichtum heutiger antideutscher Provenienz gegeben, wäre Ronald Reagan wegen seiner Aufrüstungsleistungen vermutlich eher als ein "Man of Peace" und keineswegs als der von Gremliza mit Hitler verglichene "new Führer" und "Terrorist" bezeichnet worden.

Lassen sich die hier beschriebenen konkret-Cover nun umstandslos als Belege für Anti-Amerikanismus in der Linken verstehen? Zwei, die mit Charles Manson und dem Affen Bonzo, stehen durch ihre Anspielung auf die angeblich primitive amerikanische Kultur in der Tradition des "Kulturkampfes" der 1950er Jahre. Die anderen fünf dokumentieren eher eine fragwürdige linke Gewohnheit, aktuelle Politik und Verbrechen mit denen der Nazis zu vergleichen, wobei eine Gleichsetzung zu wenig ausgeschlossen wird. Die konkret-Cover, die unter Verwendung journalistischer Fotografien durch polemische Textzusätze auf die Grauen des deutschen Faschismus anspielen, um damit die äußerste Ablehnung US-amerikanischer Politik auszudrücken, eröffnen allerdings mit ihren Montagen Grauzonen, die - etwaig vorhandene - antiamerikanische Ressentiments des deutschen Lesepublikums bedienen. Der heutige Gremliza würde sie vermutlich heftiger kritisieren, als wir das hier tun.

Legt man die vom Herausgeber bei der Diskussion dieses Buchprojekts vorläufig formulierte und unseres Erachtens sehr weit gefasste Definition von Anti-Amerikanismus als "eine negative Haltung gegenüber Politik und Gesellschaft der USA, die bestimmte kulturelle Zuschreibungen benutzt (wie z.B. oberflächliche Kultur, künstlich, alles kommerzialisiert) und die die ,eigenen` (deutschen) Verhältnisse entlastet/ignoriert", zu Grunde, so erfüllen mindestens diejenigen Reagan-Titelbilder, auf denen er zusammen mit einem Affen und als "The new Führer" abgebildet ist, und das Rambo-Cover diese Definition von Anti-Amerikanismus mustergültig.

Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Gremliza zumindest in seinen hier diskutierten Kolumnen und Kommentaren eine Ignoranz "deutscher Verhältnisse" nicht unterstellt werden kann. Andererseits lässt die Bild- und Textauswahl nicht die geringsten Zweifel an der Absicht einer Gleichsetzung des US-Präsidenten mit dem Reichskanzler Adolf Hitler. Auch lässt sich die Formulierung "Reagans Waffen-SS" als Relativierung der von deutschen faschistischen Soldaten verübten Massenverbrechen verstehen.

Nach 1990 lässt sich - auch wenn wir ab da nicht mehr alle Cover gesichtet haben - in Bezug auf Anti-Amerikanismus wohl nichts mehr finden. Vermutlich wurden die früher verwendeten Vergleiche/Gleichsetzungen mit dem Nationalsozialismus in der Redaktion kritisiert und deshalb abgestellt. Seither hat konkret aber auch die Kriege und sonstigen terroristischen Aktionen der jeweiligen US-Regierungen mit größerem Wohlwollen betrachtet als zu den Zeiten, da die Sowjetunion noch existierte.

So weit wir die aktuelle Berichterstattung der konkret hinsichtlich der Politik der von George W. Bush geführten US-Regierung verstanden haben, scheint der einst Ronald Reagan - aus unserer Sicht mit guten Gründen - unterstellte "Hass auf die Roten", seine "Rüstungswut", der "Zynismus im Umgang mit Verträgen", die "Weltherrschafts-Fantasien", seine "hemmungslose Bereitschaft zu lügen" oder gar ein "nationaler Größenwahn" so gut wie keine Rolle mehr zu spielen.

Aber wenn all das heute doch noch auf die Politik der US-Regierung zutrifft, wäre es falsch, sich durch einen (falschen) Anti-Amerikanismus-Vorwurf an ihrer Kritik hindern zu lassen. Dass diese Kritik anti-amerikanisch interpretierbare Metaphern und Bilder vermeiden muss, wollten wir hier zeigen.

Markus Mohr/Klaus Viehmann

Anmerkungen:

(1) Michael Hahn (Hg.): Nichts gegen Amerika - Linker Antiamerikanismus und seine lange Geschichte, ca. 208 Seiten, EUR 15.00

(2) http://www.konkret-verlage.de/klv/

Markus Mohr, Mitglied der IG-Metall, sieht zuweilen ziemlich alt aus, lernte Mitte der 80er Jahre in Kreuzberg "Yankees" zu sagen und ist dafür bislang noch nicht bestraft worden. Mitherausgeber zweier Bücher über politische Plakate.
Klaus Viehmann, wurde in den 70er Jahren von einem Gericht "Im Namen des (deutschen) Volkes" zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt und bekommt bestimmt kein Visum für die USA. Mitherausgeber zweier Bücher über politische Plakate.