Titelseite ak
Linksnet.de
ak und Fantômas sind Partner von Linksnet.de

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 481 / 20.2.2004

Prostitution in Deutschland

Nach Schätzungen der Bundesregierung arbeiten bundesweit ca. 400.000 Frauen in der Prostitution. 1,2 bis 1,5 Mio. Männer nehmen täglich die sexuellen Dienstleistungen von Prostituierten in Anspruch. In Hamburg arbeiten nach Polizeiangaben 3.700 bis 4.000 Prostituierte, davon 1.950 Migrantinnen. Beratungsstellen hingegen gehen von 4.000 bis 6.000 aus. Die meisten Frauen in Hamburg (2.300) arbeiten in Clubs oder Modellwohnungen, über die Hälfte von ihnen illegal (1.500). In der Straßen- und Bordellprostitution St. Paulis arbeiten über 500 Frauen, in St. Georg ca. 660 (überwiegend Beschaffungsprostitution). Ca. 200, vorwiegend deutsche Frauen arbeiten im Hotelservice oder bieten sexuelle Dienstleistungen in Bars und Lokalen an.

Nach jüngsten Berechnung wird in der Prostitution ein jährliches Gesamteinkommen von 14,5 Mrd. Euro erzielt. Zum Vergleich: Der Jahresumsatz 2002 der Bertelsmann AG lag bei 18,2 Mrd. Euro, der der MAN AG bei 15 Mrd. Euro, und Karstadt Quelle setzte 15,2 Mrd. Euro um. Im Durchschnitt verdient eine Prostituierte demnach 200 bis 300 Euro am Tag, ihr monatliches Durchschnittseinkommen hingegen beträgt nur 1.500 Euro, in Berlin sogar nur 1.000 Euro. Der Löwenanteil des Geldes fließt in die Taschen der Zuhälter und "Wirtschafter" (1). Daneben profitieren hauptsächlich die Immobilienbesitzer. Modellwohnungen etwa kosten in Hamburg bis zu 50 Euro pro Quadratmeter. Die Tagesmieten für einen Arbeitsplatz liegen in Hamburg bei ca. 175 Euro. Der Preis für professionellen Sex liegt bei 75-80 Euro. Davon kassieren Zuhälter und Zimmervermieter je 25 Euro. Einem Zuhälter bringt eine Prostituierte jährlich im Durchschnitt 107.000 Euro ein.

Über die Hälfte der Sex-Arbeiterinnen in Deutschland sind Migrantinnen, in Hamburg sind es sogar 60-70%. Gemeint sind Frauen aus Nicht-EU-Staaten, die sich hier auf der Basis eines Touristenvisums oder aber ohne jede Aufenthaltserlaubnis aufhalten. Nach Angaben von Amnesty for Women sind die Hauptherkunftsgebiete Osteuropa (56%), Lateinamerika (16%), Afrika (16%) und Südostasien (12%).

dk

(nach: Emilija Mitrovic: "Aktueller Stand der Prostitution in Deutschland", Gastvortrag an der Universität der Künste, Berlin, 1.12.2003)

Anmerkungen:

1) Neben den Zuhältern, die in der Regel über eine private Beziehungsebene mit den Prostituierten verbunden sind, besteht die Hierarchie in der Prostitution meist aus einem Immobilienbesitzer, der an einen oder mehrerer Bordellbetreiber vermietet oder verpachtet. Diese wiederum setzen _Wirtschafter_ als Geschäftsführer, Manager und Organisatoren ein.