Das Thema G8 ist kein Selbstläufer
2007 findet in Heiligendamm bei Rostock der G8-Gipfel statt. Linke Gruppen und Einzelpersonen - darunter auch die Redaktionen von ak und Fantômas -, die sich unter dem Motto "Für eine interventionistische Linke" zusammengefunden haben, werben in diesem Zusammenhang für die Bildung eines breiten Vorbereitungsbündnisses aus allen Strömungen der sozialen Bewegungen und Organisationen. Mit Tim Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB), die sich ebenfalls an diesem Projekt beteiligt, sprach Thomas Klein.
ak: Der G8-Gipfel findet im Jahr 2007 in Heiligendamm an der mecklenburgischen Ostseeküste statt. Schon jetzt gibt es Aufrufe zu Gegenaktionen und Protesten. Ist das für eine Mobilisierung nicht ungewöhnlich früh?
Tim Laumeyer: Auch wenn der Sommer 2007 noch einige Zeit hin ist, halten wir eine Vorbereitung gegen den G8-Gipfel bereits zum jetzigen Zeitpunkt deshalb für sinnvoll, weil es darum gehen muss, einen wirksamen Protest und Widerstand zu organisieren. Dazu ist ein frühzeitiger Austausch und die Koordination verschiedener Spektren von Nöten. Zur Zeit bemühen sich Gruppen der Interventionistischen Linken gemeinsam mit Leuten von attac um einen Aufruf zur Gründung eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses. Auf der Aktionskonferenz im November in Frankfurt am Main wollen wir dafür öffentlich werben. Das Thema G8 ist kein Selbstläufer. Notwendig ist eine intensive Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung. Wir müssen vermitteln, dass die G8 die neoliberalen Konzepte forciert, die mit Sozial- und Bildungsabbau auch bei uns einhergehen, dass ihre so genannten Schuldenerlasse für die Dritte Welt verlogen und heuchlerisch sind, und dass ihre Macht nicht demokratisch legitimiert ist. Wir brauchen die lange Vorbereitungszeit auch wegen der internationalen Dimension der globalisierungskritischen Bewegung. Bereits beim ESF in Athen im April 2006 soll der Aufruf nach Heiligendamm vorliegen.
Geht es also zum jetzigen Zeitpunkt in erster Linie um einen Diskussionsprozess, der eine gemeinsame Grundlage ermöglichen soll?
Richtig ist, dass sich dieser Austausch und erste Koordinierungsbemühungen nun nicht nur auf die tatsächlichen Aktivitäten 2007 beziehen, sondern auch auf eine Vernetzung von Strukturen mit der Perspektive auf den G8-Gipfel. Für Anfang 2006 planen wir hierzu ein bundesweites, öffentliches Treffen aller Interessierten, möglichst in Rostock.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass diese Gipfeltreffen immer mehr hermetisch abgeriegelt werden - wie kann unter solchen Bedingungen dennoch Protest auch vor Ort auf die Beine gestellt werden?
Dass sich die Gipfeltreffen immer stärker abschotten, ist ein Erfolg der No-Global-Bewegung. Es zeigt, dass RepräsentantInnen des Kapitalismus schön längst nicht mehr die Akzeptanz besitzen, die sie gerne hätten. Auf Grund der Sicherheitshysterie, die vor dem Gipfel mit Sicherheit über die Medien einsetzen wird, ist es um so wichtiger, dass sich die Bewegung nicht in "gute" und "schlechte" GlobalisierungskritikerInnen spalten lässt. Abgewogen werden muss natürlich, welche Protestformen wann und wo in Heiligendamm bzw. Rostock sinnvoll sind.
In einem ersten Aufruf heißt es, die G8-Mobilisierung sei offen für vielfältige Debatten und Bewegungen und die Kampagne dürfe nicht getrennt von sozialen Kämpfen und Widerstandspraxen geführt werden. Was heißt das konkret?
In den letzten Jahren hat es in Deutschland viele Proteste gegeben, sei es gegen Hartz IV, Entlassungen in großen Betrieben oder die Uni-Streiks. Diese verschiedenen Proteste sollen sich im Sommer 2007 in Heiligendamm wiederfinden. Schließlich ist die neoliberale Politik in Deutschland nicht abgekoppelt von einem "Weltelite-Treffen" wie der G8. Die verschiedenen Themenfelder, etwa Rassismus, Sozialkahlschlag und prekäre Beschäftigungsverhältnisse, müssen in einer Mobilisierung gegen den G8-Gipfel zusammengeführt werden.
Auch von einem notwendigen, gemeinsamen Grundkonsens ist im Aufruf die Rede. Welche Punkte sind hier wichtig?
Das Spektrum gegen die diversen Gipfel-Events ist sehr breit gefächert und widerspricht sich zum Teil. Wir halten es für sinnvoll, einige Eckpunkte in einem gemeinsamen Bündnis herauszuarbeiten. Nach unseren Vorstellungen sollten hierbei vier Punkte Teil einer gemeinsamen Grundlage sein: Erstens, die eindeutige Delegitimierung der G8, zweitens, die gegenseitige Anerkennung unterschiedlicher Aktions- und Widerstandsformen. Drittens ein solidarischer, verlässlicher Umgang miteinander, der verbindliche Absprachen erlaubt und viertens eine klare und offensive Abgrenzung gegenüber rechtspopulistischen und rechten Kräften.
Der Aufruf ist zu finden unter: www.g8-2007.de