Die größte Gefahr für die innere Sicherheit der USA
Vor 40 Jahren wurde die Black Panther Party gegründet
Als die beiden Studenten Huey P. Newton und Bobby Seale sich im Oktober 1966 in Oakland entschlossen, die Black Panther Party (BPP) zu gründen, deutete noch nichts darauf hin, dass der FBI-Chef J. Edgar Hoover sie zwei Jahre später einmal als die größte Gefahr für die innere Sicherheit der USA einstufen würde. Denn die ersten Monate blieben die Panthers ohne große Resonanz in den Medien und innerhalb der Black Community. Die Entstehung der Organisation ist eng verbunden mit der zunehmenden Radikalisierung der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren. Wie viele andere African Americans auch, wollten Huey P. Newton und Bobby Seale die alltägliche Polizeigewalt, rechtliche Diskriminierung und die Benachteiligung der schwarzen Bevölkerung nicht länger hinnehmen.
Beeinflusst von dem Bürgerrechtler Malcolm X und dessen Insistieren auf dem Recht zur Selbstverteidigung, beschafften sie sich Gewehre und drückten ihre militante Einstellung auch mit der Namensgebung ihrer Organisation als Black Panther Party for Self-Defense aus. In Kalifornien war es bis 1969 erlaubt, Gewehre öffentlich zu tragen, und die Panther nutzten diese Gesetzeslage, um Polizeipatrouillen zu begleiten und Übergriffe gegen Schwarze durch ihr energisches Auftreten zu verhindern. Die Aktivitäten der Panther umfassten aber auch die Einrichtung von Rechtsberatungen für MieterInnen und SozialhilfeempfängerInnen und die Abhaltung von Kursen zur Geschichte der Schwarzen. Die Zielsetzung der Panther hatten Huey P. Newton und Bobby Seale in ihrem "Ten-Point Program" festgelegt, nachdem sie wochenlang Zeit damit verbracht hatten, schwarze Menschen in Oakland über deren drängendste Probleme und Wünsche zu befragen. Die zehn Punkte thematisierten neben der Forderung nach Beendigung der alltäglichen Polizeigewalt elementare Bedürfnisse, deren Erfüllung innerhalb der African American Community nur unzureichend war. Insofern beinhaltete das Programm den Anspruch auf anständige Nahrungsmittelversorgung, Kleidung, angemessene Wohnungsbedingungen, und als übergeordnete Punkte Gerechtigkeit und Frieden.
Die Panther blieben zunächst eine kleine und auf Oakland begrenzte Organisation, verzeichneten allerdings im April 1967 einen geringen Mitgliederzuwachs, als sie anlässlich der Ermordung des Jugendlichen Denzil Dowell durch die Polizei eine Kundgebung abhielten. Die Panther konnten die Version der Polizei, die dem Opfer die Schuld gab, überzeugend demontieren. Dies wurde von der schwarzen Community mit großer Anerkennung honoriert und bewirkte den Beitritt von einigen hundert Personen. Nationale Aufmerksamkeit erregte die Black Panther Party am 2. Mai 1967, als in Sacramento über ein Gesetz beraten wurde, welches das öffentliche Tragen von Gewehren verbieten sollte. 30 Panther marschierten an diesem Tag, angeführt von Bobby Seale, bewaffnet in das Regierungsgebäude, um dagegen zu protestieren, war doch das ostentative Gewehrtragen der Panther ein Grund dafür, dass die Polizei im Wirkungsbereich der Panther vorsichtiger agierte und Misshandlungen der schwarzen Bevölkerung nicht mehr so zahlreich vorkamen. 25 Mitglieder, unter ihnen Seale, wurden daraufhin verhaftet und mussten eine sechsmonatige Haftstrafe verbüßen. Das große Presseecho bewirkte, dass die Panther nun in den USA bekannt und als eine der militantesten Schwarzenorganisationen angesehen wurden. Innerhalb kürzester Zeit verzeichneten die Panther einen rapiden Mitgliederzuwachs, der zudem noch dadurch beschleunigt wurde, dass so prominente Schwarze wie der Publizist Eldridge Cleaver oder der frühere Vorsitzende des Student Nonviolent Coordinating Committe (SNCC) Stokely Carmichael ihren Beitritt erklärten.
Die parteieigene Zeitung The Black Panther erschien monatlich, später wöchentlich in einer Auflage von ungefähr 140.000 Exemplaren. Neben radikalen Analysen der sozialökonomischen Ausbeutung der African Americans wurde dort auch deutlich Stellung gegen den Vietnamkrieg bezogen und die massive Polizeigewalt angeprangert. Im Gegensatz zu anderen, einen schwarzen Nationalismus vertretenden Gruppierungen wie beispielsweise den von Ron Karenga geleiteten United Slaves (US) hatten die Panthers eine unorthodoxe marxistische Weltanschauung, die sich der Theorien Mao Tse-Tungs und Frantz Fanons bediente.
Obwohl die Panthers eine schwarze Organisation waren, legten sie den Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit anderen, auch nichtschwarzen Personen und Gruppen. In der Peace and Freedom Party (PFP), die sich energisch gegen den Vietnamkrieg engagierte, fanden sich somit weiße Liberale und Sozialisten neben Mitgliedern der Panther. Der damalige Informationsminister der Panther, Eldridge Cleaver, kandidierte für die PFP im Jahr 1968 sogar bei der Präsidentschaftswahl der USA. 1970 wurden von der Black Panther Party, die inzwischen ihren Zusatznamen for Self-Defense abgelegt hatte, da dies Huey P. Newton zu paramilitärisch klang, in verschiedenen Städten Community Centers eingerichtet, in denen gratis Frühstücksprogramme für Kinder, medizinische Versorgung, so genannte Liberation Schools, Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Rechtsberatung angeboten wurden.
Öffentliches Tragen von Waffen gegen Polizeigewalt
Dass die Panther bereits zwei Jahre nach ihrer Gründung zwischen 1.500 und 2.000 neue Mitglieder aufgenommen hatten, in 25 Städten der USA Büros, sowie in Algier und Havanna Auslandsvertretungen unterhielten, verursachte allerdings auch einige Probleme. Wurden politische Entscheidungen in der Anfangsphase noch basisdemokratisch von allen Mitgliedern gefällt, so entschied ab April 1968 ein aus den nationalen Leitern bestehendes Zentralkomitee und sorgte für die Durchsetzung der im Pantherprogramm niedergelegten Grundsätze.
Der Eintritt einiger African Americans, die sich weniger mit den inhaltlichen Zielsetzungen der Panther identifizierten als mit deren militantem Auftreten, erklärt das Insistieren der Parteiführung auf vermehrte Schulungsarbeit und der Durchsetzung von strikten Richtlinien, die den Umgang mit Waffen und Drogen betrafen. Der zunehmende Zentralismus beförderte jedoch einen Autoritarismus und Ansätze von Personenkult um Huey P. Newton, so dass der spätere Niedergang der Panther teilweise hierdurch beschleunigt wurde.
Auch der Sexismus einiger männlicher Panthermitglieder war Ziel von Kritik. Zwar wurde im Grundsatzprogramm und auch von der Pantherführung selbst Sexismus verurteilt, aber selbst wenn Frauen wie Kathleen Cleaver, Assata Shakur oder Elaine Brown zentrale Positionen innehatten (Letztere übernahm nach Huey P. Newtons Inhaftierung Anfang der 1970er den Parteivorsitz) und ungefähr die Hälfte aller Mitglieder Frauen waren, so gab es doch männliche Panthermitglieder, die offensichtlich Probleme mit Frauen in Führungspositionen hatten.
Der wachsende politische Einfluss der Black Panther Party wurde von der amerikanischen Regierung mit zunehmender Besorgnis registriert. FBI-Chef J. Edgar Hoover verstieg sich im September 1968 zu der Ansicht, dass die Black Panther die "größte Gefahr für die innere Sicherheit der USA" darstellen würden, und begann das Aufstandsbekämpfungsprogramm COINTELPRO (Counter Intelligence Programm) zu reaktivieren, das schon zur Bekämpfung der US-amerikanischen Kommunisten in den 1950er Jahren angewendet wurde.
Wie die durch den "Freedom of Information Act" freigegebenen internen FBI-Dokumente belegen, war erklärtes Ziel des COINTELPRO, die Panther zu "spalten, schwächen und zu besiegen". Es wurde versucht, dies mit allen Mitteln zu erreichen. Neben dem Abhören von Sitzungen beinhaltete es weitere illegale Aktionen, wie das Fingieren von Anklagen, um Führungskader Haftstrafen verbüßen lassen zu können, den Einsatz von Undercover-Agenten und in über 20 Fällen Mord.
Mit Anti-Kommunistengesetz gegen die Black Panther
Durch die zahlreichen Undercover-Agenten, die nach vorsichtigen Schätzungen einiger Historiker Ende der 1960er bis zu zehn Prozent der Gesamtmitgliederzahl betrug, sah sich die Führungsriege um Huey P. Newton Anfang 1969 gezwungen, einen kurzzeitigen Aufnahmestopp zu verkünden. Die Omnipräsenz der Polizeispitzel ermöglichte dem FBI eine detaillierte Kenntnis der internen Parteistruktur und es nutzte diese für vielfältige Formen der Sabotage. Gleichzeitig entstand innerhalb der Panther ein Klima der Paranoia, weil nie genau klar war, wer nun Undercover-Agent war oder nicht. Beispielsweise fälschten FBI-Mitarbeiter einen Brief, in dem der Eindruck erweckt wurde, dass Führungsmitglied Stokely Carmichael ein Informant der Bundesbehörde sei. Carmichael musste viel Energie und Zeit aufwenden, um die Gegenstandslosigkeit der Anschuldigungen zu erweisen.
In Chicago arbeitete das FBI 1969 mit allen Mitteln daran, die so genannte Rainbow-Coalition zu verhindern. Diese war ein erfolgreicher Versuch des Pantherführers Fred Hampton, zusammen mit anderen radikalen Asian-American- und Chicano-Gruppen eine gemeinsame Plattform zu organisieren. Die durch Hamptons erfolgreiche Agitationsarbeit bevorstehende Fusion mit den Black Stone Rangers, einer ca. 5.000 Mitglieder starken Jugendgang, hätte zudem die Größe der Black Panther Party auf einen Schlag fast verdoppelt. Das FBI beauftragte daraufhin ein Polizeikommando, das am 4. Dezember desselben Jahres in einer nächtlichen Aktion Hamptons Haus stürmte und den schlafenden Fred Hampton sowie den ebenfalls anwesenden Panther Mark Clark erschoss. Erst nach jahrelangem Prozessieren wurde 1982 ein Gerichtsurteil gefällt, in welchem die Polizei für schuldig befunden wurde, "gegen die Bürgerrechte" der beiden Ermordeten verstoßen zu haben, und der Bundesstaat Illinois somit zu einer Geldstrafe von 1,5 Millionen Dollar verurteilt wurde.
Das COINTELPRO versuchte außerdem, innerparteiliche Spannungen auszunutzen und durch das Kolportieren von Gerüchten zu verstärken. Anfang der 1970er Jahre gab es einen Bruch zwischen den an der Westküste befindlichen Panthern um Huey P. Newton und der Fraktion in New York. Letztere lehnte sich inhaltlich an den inzwischen im algerischen Exil lebenden BPP-Informationsminister Eldridge Cleaver an. Die Leute um Cleaver plädierten dafür, in den Untergrund zu gehen und den bewaffneten Kampf aufzunehmen. Bedingt war diese inhaltliche Ausrichtung der New Yorker Fraktion nicht zuletzt dadurch, dass 21 Mitglieder, die so genannten "New York 21", unter der Anklage, ein Warenhausattentat geplant zu haben, 1970 verhaftet wurden. Die eindeutigen Indizien für ihre Unschuld führten 1971 zur Freilassung. Der Prozess verstärkte jedoch bei einigen Angeklagten die Überzeugung, dass angesichts der staatlichen Repression eine legale politische Arbeit in den USA nicht mehr möglich sei.
Huey P. Newton und seine Anhänger in der Parteiführung waren hingegen der Auffassung, dass die Black Panther Party verstärkt Community Centers eröffnen sollte, als die aussichtslose bewaffnete Konfrontation mit der Staatsmacht zu forcieren. Der interne Dissens war im März 1971 schließlich so groß, dass die New Yorker Panther mit Cleaver durch Huey P.Newton ausgeschlossen wurden.
Massiv forciert wurde die Spaltung der Partei jedoch vom FBI. Ein Special Agent, der mit der Observation des New Yorker Panther Büros beauftragt war, berichtete in einem geheimen Schreiben an Hoover, "dass die Spaltung, die in den höheren Rängen der BPP-Führungsspitze stattgefunden hat, nämlich die Trennung Newtons von Cleaver, sowie der Ausschluss der ,Panther 21` aus der BPP als Beweis dafür verwendet werden kann, dass die Aufstandsbekämpfungsbemühungen des New York Office einige Früchte getragen haben."
Polizeispitzel unterwanderten die Organisation
Der Historiker Ward Churchill zieht in seiner Untersuchung der Auswirkungen des COINTELPRO auf die Black Panther Party die Bilanz, dass "Ende 1969 mindestens 30 Panthern im Gefängnis die Todesstrafe und 40 lebenslange Haft drohte, 55 Panther sahen Gefängnisstrafen von 30 Jahren oder mehr entgegen und 155 waren infolge von fabrizierten Anklagen gezwungen, in den Untergrund zu gehen oder zu exilieren."
Die Black Panther Party war somit 1971 in ihrer ursprünglichen Form zerstört, hielt sich aber noch einige Jahre in Oakland am Leben, wo Bobby Seale 1973 knapp das Bürgermeisteramt verfehlte und 1977 mit den anderen Panthern maßgeblich daran beteiligt war, dass Lionel Wilson zum ersten schwarzen Bürgermeister Oaklands gewählt wurde. Dort wurden auch die Community Centers weiterhin betrieben und dies teilweise so erfolgreich, dass die Liberation School eine Auszeichnung der Stadt für herausragende pädagogische Leistungen erhielt. Da die Black Panther Party im Laufe der Jahre, bedingt durch die Auswirkungen des COINTELPRO, sehr geschwächt war und über den lokalen Rahmen hinaus nicht länger politisch wirksam werden konnte, löste sie sich 1982 offiziell auf.
Philipp Dorestal