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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 515 / 16.3.2007

bewegen.blockieren.bleiben.

Mit der Kampagne Block G8 zu neuen Ufern

Wenn die Juni-Tage in und um Heiligendamm die hohen Erwartungen erfüllen sollen, darf es nicht bei zahmen Protesten oder artig vorgetragenen Alternativvorschlägen zur zerstörerischen Politik der G8 bleiben. Den G8 ihre Legitimität zu bestreiten, ist nicht allein eine Sache der Argumentation, sondern ebenso der Aktion. Wie aber soll die praktische Delegitimierung des Gipfels aussehen? Hierzu hat die Kampagne Block G8 ein Konzept entwickelt: Massenhafte Blockaden der Zufahrten nach Heiligendamm.

Hinter dem Konzept der Massenblockaden steht ein Bündnis, das ganz unterschiedliche Protest- und Widerstandstraditionen vereinigt: Es reicht von kirchlichen Gruppen über Gruppen, Organisationen und Personen aus der Umweltbewegung über attac bis hin zur radikalen Linken. Und es vereinigt vielfältige Blockadeerfahrungen: von den Castor-Transporten ins Wendland, von den erfolgreichen Blockaden von Naziaufmärschen in Berlin, Kiel oder Leipzig, aus der resist-Kampagne gegen den Irakkrieg und den Protesten gegen andere G8-Gipfel.

Zwangsläufig rief dieses Bündnis und der Aktionsvorschlag auch viel Argwohn und Zweifel hervor. Immer wieder wurden die Erfahrungen aus dem Wendland von 1997 beschworen. Damals schien der Graben zwischen einem gewaltfreien Blockadekonzept, wie es X-tausendmal quer vertritt, und den Aktions- und Blockadevorstellungen des eher linksradikal-autonomen Spektrums unüberwindlich zu sein. Und so war für die einen sofort klar, dass es sich bei Block G8 nur um eine explizit gewaltfreie Sitzblockade handeln könne, bei der alle Teilnehmenden zur weitgehenden Passivität verdammt seien. Für andere war ebenso klar, dass es mit Gruppen, die aus einer eher militanten Aktionstradition kommen, keine so verbindlichen Absprachen geben könne, dass sich auch blockadeunerfahrene und weniger konfrontationsbereite Menschen von dem Konzept eingeladen fühlen würden.

Dieser von außen an die Kampagne Block G8 herangetragene Konflikt, spiegelte sich natürlich auch in den internen Debatten. Hier gelang es aber Schritt für Schritt auf einander zuzugehen, Verständnis für die Sichtweisen der jeweils anderen zu entwickeln und das Vertrauen aufzubauen, das für eine erfolgreiche Durchführung der Blockaden unerlässlich sein wird.

Dabei konnte die Kampagne Block G8 darauf aufbauen, dass bei lokalen Aktionen der ideologische Streit zwischen schwarz und bunt oder zwischen "Sitzern" und "Stehern" immer häufiger keine Rolle mehr spielt und ermutigende gemeinsame (Blockade-)Erfahrungen vorliegen. Daher ging es in der Kampagne Block G8 vor allem darum, auf bundesweiter Ebene und bei einer politischen Großmobilisierung das nachzuvollziehen, was sich an der Bewegungsbasis ohnehin bereits entwickelt hat.

Block G8 inhaltlich: praktische Delegitimierung

Die G8-Gipfel sind hoch symbolische Veranstaltungen. Das Ziel jeder linken, umso mehr einer linksradikalen Intervention muss es daher sein, diese Inszenierung, die letztlich auf die Herstellung von Legitimität von Herrschaft abzielt, zu unterlaufen, zu stören und in ihr Gegenteil zu verkehren. Die Welt wird nicht in einer Woche an der mecklenburgischen Ostseeküste geändert. Aber von dort kann ein Signal ausgehen, das ganz anders als von den G8 beabsichtigt ist: Ein Signal der Möglichkeit einer ganz anderen Welt, der Globalisierung von unten, der Solidarität und der Ermutigung zum Widerstand.

Hierfür braucht es ein unmissverständlichen "Nein" gegenüber den G8, den praktischen Ausdruck der Delegitimierung. Dieser Ausdruck können und werden massenhafte Blockaden des G8-Gipfels 2007 sein.

Auch wenn einige davon träumen: Es gibt heute keine Bewegungsbasis für ein militantes Konzept des "Sturms auf die Rote Zone". Die Exzesse staatlicher Gewalt in Genua und Göteborg haben hier eine Grenze markiert und die Bewegung hat gut daran getan, nicht auf eine quasi-militärische Eskalationsspirale einzusteigen. Ebenso richtig ist es aber, sich angesichts der zerstörerischen Dimension des globalisierten Kapitalismus und der Politik der G8-Staaten nicht auf braven Protest zu beschränken, sondern ein deutliches Zeichen des Widerstandes zu setzen.

Block G8 taktisch: Massenblockaden

Vor diesem Hintergrund sind massenhafte Blockaden, die nicht eskalierend aber gleichwohl konsequent angelegt sind und die von einem breiten, spektrenübergreifenden Bündnis getragen werden, ein attraktives und breit mobilisierungsfähiges Konzept.

Masse und gesellschaftliche Breite sind - neben unserer Entschlossenheit - die wichtigsten Mittel, die wir gegen die Überlegenheit der hochgerüsteten Polizeitruppen einsetzen können. Die Unkalkulierbarkeit, die es ermöglichen wird, Heiligendamm dichtzumachen, entsteht vor allem aus der großen Zahl der Teilnehmenden. Auch deshalb ist es so wichtig, das Blockadekonzept nicht an den Bedürfnissen der vermeintlich Radikalsten und Entschlossensten auszurichten, sondern so, dass tatsächlich viele Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen sich zum Mitmachen ermutigt und eingeladen fühlen. Auch wenn es unsererseits keine Versprechen von Sicherheit oder Kontrolle geben kann, wird so auch der hemmungslose Einsatz von Polizeigewalt gegen die Blockaden und die juristische Repression im Nachhinein erschwert, indem der politischen Preis in die Höhe getrieben wird.

Völlig bewusst ist der Kampagne Block G8 auch, dass sie nicht allein dazu in der Lage sein wird, den Gipfel zu blockieren. Andere Blockadekonzepte, die z.B. mehr auf dezentrale Aktionen und ein Infopunktesystem setzen, werden ebenso benötigt. Mit ihnen gibt es eine weitgehende praktische Koordination und grundsätzliche Solidarität.

Aber das Konzept der Massenblockaden begründet sich nicht nur aus den oben geschilderten inhaltlichen und taktischen Erwägungen. In den Kämpfen und Auseinandersetzungen, die wir führen, geht es neben dem konkreten Ziel immer auch um die Herausbildung von politischem Bewusstsein und Erfahrungen. Politisches Bewusstsein - und revolutionäres zumal - entsteht nie allein aus der theoretischen Erkenntnis oder aus der "richtigen" Linie. Es muss immer die praktische Erfahrung des Widerstandes, des Grenzübertritts und der Solidarität in der Aktion hinzukommen, damit das Vertrauen in die eigenen Kräfte und in die MitstreiterInnen wächst. Ein offenes, partizipatives und massenhaftes Aktionskonzept ist also auch deshalb sinnvoll, damit wir die (hoffentlich) ermutigenden Erfahrungen der Blockadeaktionen mit möglichst vielen AktivistInnen teilen.

Ähnliches gilt auch für die Kooperation unterschiedlicher politischer Spektren bei den Gipfelprotesten. Die Schaffung neuer Netzwerke zwischen den verschiedenen Strömungen und Gruppierungen ist eine der großen Chancen der G8-Mobilisierung. Die Kampagne Block G8 ist innerhalb der Gesamt-G8-Mobilisierung wie ein Laboratorium, in dem besonders intensiv probiert wird, wie aus Unterschiedlichkeit Stärke entstehen kann.

Christoph Kleine,
aktiv bei AVANTI - Projekt undogmatische Linke
und in der Interventionistischen Linken

Veranstaltungstermine zu "Block G8! Das Konzept Massenblockaden" unter www.avanti-projekt.de oder www.block-g8.org