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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 516 / 20.4.2007

Das herrschende Klima ist immer das Klima der Herrschenden

Als wollte uns jemand die ersten Sonnenstrahlen vermiesen, ist der Klimaschutz zum Top-Thema geworden, das auch auf dem G8-Treffen von Heiligendamm eine wesentliche Rolle spielen wird. Ganz so, als hätte die Gruppe der acht führenden Industriestaaten tatsächlich ein Interesse daran, die materielle Grundlage ihrer Hegemonie - die auf fossilen Energieträgern wie Öl und Gas basierende Produktionsweise - aufzukündigen, sollen nun das Klima und die Umwelt gerettet werden. Schön wär's!

Das Verhältnis des Menschen zur Natur ist zwar die Grundlage des menschlichen Daseins überhaupt. Das wusste schon Marx: "Die Arbeit ist ... ein Prozess zwischen Mensch und Natur, ein Prozess worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigene Tat vermittelt, regelt und kontrolliert." Dennoch ist das Verhältnis des Menschen zur Natur nicht in dieser Allgemeinheit zu haben. Vielmehr stellt es heute eine besondere Form kapitalistischer Herrschaft dar, denn auch die Natur ist dem Imperativ der Kapitalverwertung unterworfen. Dieses ganz besondere gesellschaftliche Verhältnis zur Natur soll natürlich erst gar nicht Thema werden, weder in Heiligendamm noch im Deutschen Bundestag. Denn Kapitalismuskritik unterminiert die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie wir spätestens seit der aberwitzigen Hetze gegen Christian Klars antikapitalistische Grußbotschaft wissen.

Für die politische Klasse ist der Mensch an sich die zentrale Ursache der anstehenden Katastrophe - ganz unabhängig von der Art und Weise, wie produziert wird, und ganz so, als hätte der Mensch schon immer um des Profits Willen produziert. Dabei setzte sich der Kapitalismus erst auf Grundlage der fossilen Energieträger Erdöl und Kohle ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch. Das Erdölzeitalter ist bis heute unmittelbar mit der kapitalistischen Produktionsweise verbunden. Auch wäre es den USA nach der Krise in den 1970er Jahren ohne die fossile Basis kaum möglich gewesen, ihre politische und ökonomische Dominanz in der Welt nach 1990 zu behaupten.

Ob und in wie weit sich die kapitalistische Produktionsweise aus der herrschenden energetischen Basis befreien kann, ist fraglich. Als realistischste Alternative wird bisher von den G8 nur die - "saubere", weil CO2-freie - Atomkraft diskutiert. Dass diese ausgerechnet vor dem Hintergrund zunehmender internationaler Spannungen eine Renaissance erlebt, ist alles andere als verwunderlich. Schließlich lassen sich zivile und militärische Nutzung der Atomkraft nicht trennen.

Die Naturalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse bekommt mit der Rede vom Klimawandel also eine ganz besondere Bedeutung. Während jahrelang der Klassencharakter der angeblich alternativlosen Politik der Sozialkürzungen hinter dem Wort "Reform" versteckt wurde, kommt nun der "Wandel" - der Klimawandel. "Klimareform" hätte sich auch wirklich nicht gut angehört.

Ihre Inszenierung einer scheinbar alle gleich treffenden Gefahr macht es der politischen Klasse leicht, auf eine gemeinsam zu bewältigende Aufgabe zu verweisen. Akzeptiert! Machen wir es uns zur gemeinsamen Aufgabe, Widerstand zu organisieren. Widerstand gegen eine gesellschaftliche Ordnung, die geradezu zur Grundlage hat, das Verhältnis des Menschen zur Natur dem Imperativ der Verwertung unterzuordnen. Wer von der Klimakatastrophe reden will, darf vom Kapitalismus nicht schweigen. Unser Thema: G8, Klima- und Energiepolitik

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