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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 517 / 18.5.2007

Globale Herrschaft, globaler Protest

Sammelrezension von Publikationen zum G8-Gipfel

So intensiv die Vorbereitungen für die Proteste in Heiligendamm laufen, eine inhaltliche Auseinandersetzung fand lange Zeit kaum statt. Diese Lücke wird nun nach und nach gefüllt. Neben der von ak, Fantômas, Arranca und So oder so! herausgegebenen Broschüre "G8: Die Deutung der Welt. Kritik, Protest, Widerstand" haben nun auch andere Zeitschriften einen G8-Schwerpunkt vorgelegt.

iz3w 299: Die Macht der Acht

Die iz3w hat sich in den letzten Jahren weitgehend aus den politischen Bewegungen verabschiedet. Warum dies so ist, kann man dem Editorial zum enttäuschenden Schwerpunktheft entnehmen. An den Protesten wird kein gutes Haar gelassen. "Schnell ist man bei Weltverschwörungen und Weltherrschern, denen das Handwerk zu legen sei", lautet der Vorwurf der Redaktion. "Teile der globalisierungskritischen Bewegung lechzen geradezu nach Enthüllungen, die das Bild von den Weltregenten (...) stützen." Protz, Paparazzi und Protest bauschen die G8-Treffen zu einem Spektakel auf. Alles nur Schein, Theater und Rummel, der "Zehntausende aus ganz Europa wie zu einem Rockfestival in die ostdeutsche Provinz ziehen und der die demokratisch gewählten Staatsoberhäupter ein paar Tage lang Monarchie spielen lässt."

Wer die Proteste so sehen will, kann sie gar nicht differenziert wahrnehmen. Zum Glück gibt es auch gehaltvolle Artikel. Peter Wahl skizziert die geopolitischen Kräfteverhältnisse zu Beginn der Gipfeltreffen. Juliane Schumacher analysiert die Macht der G8 und ihre Grenzen. "Die Gruppe ist Teil eines komplexen Systems der Meinungsbildung, das definiert, was als Problem zu gelten hat", wobei die Problemdefinition die Lösung bereits vorwegnimmt.

Weitere Artikel beschäftigen sich mit der Sicherheitspolitik im Rahmen der G8-Treffen und mit China als möglichem Beitrittskandidaten. Wie auch immer diese Debatten ausgehen, China wird sich kaum maßregeln lassen, so die Schlussfolgerung des Artikels.

Inkota-Brief 03/07: Der G8-Gipfel in Heligendamm: Die Themen, die Kritik, die Proteste

Das G8-Schwerpunktheft des Inkota-Briefes vom März will den Gipfel und seine wichtigsten Themen analysieren, fundierte Kritik bieten und die Breite der Protestmöglichkeiten vorstellen. Dies gelingt weitgehend. Die Geschichte der G8 wird ebenso behandelt wie ihre Rolle innerhalb der Global-Governance-Struktur. Die G8-Gegnerschaft der NPD ist ebenso Thema wie die Bedeutung von Hedge Fonds für die Finanzmärkte, die Versuche, "geistiges Eigentum" im Sinne und Interesse der Konzerne zu reglementieren, sowie die Geschlechterungerechtigkeit im herrschenden Wirtschaftsmodell.

Für Nicola Bullard von Focus on the Global South befinden sich die G8 in einer Krise. Sie vermitteln keine überzeugende Botschaft mehr. Mit den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) bilden sich neue Machtpole heraus. Aber vor allem die Tausenden von Organisationen, die die "Bewegung der Bewegungen" bilden, haben die Hegemonie der G8 untergraben. Für Heike Walk schwankt die Rolle der NGOs zwischen "Stoßtruppen einer globalen Opposition" und "alternativen Eliten". Was damit gemeint ist, verdeutlicht die anschließende Kontroverse zum Thema "Soll man Forderungen an den G8-Gipfel stellen?" Den Standpunkt einer alternativen NGO-Elite nimmt Claudia Warning, Vorsitzende der Lobbyorganisation VENRO, ein: "Möchte man Einfluss auf die dort getroffenen Absprachen haben, sollte, nein muss man Forderungen stellen." Alles andere wäre nicht nur "unklug", sondern "töricht". Nur so können die "Entscheidungen im Sinne der Anliegen der Entwicklungspolitik beeinflusst werden."

Die Gegenposition vertritt Pedram Shahyar von attac. Den G8-Gipfeln fehle es an jeglicher Legitimität. Sie vertreten einen Globalisierungsprozess, der auf "Macht und Reichtum" basiert. Deshalb könne es nur um eine Delegitimierung der G8 gehen.

isw-Report 69/70: Agenda des kollektiven Imperialismus

Der soeben erschienene isw-Report 69/70 "G8 - Agenda des kollektiven Imperialismus. Global Governance - Öl-Imperialismus - Krisenpotenziale" zeichnet sich durch einen hohen Gebrauchswert aus. Faktengesättigt setzt sich der Report mit der G8-Politik auseinander. Auch auf die Gefahr hin, "im Geruch des Vulgärmarxisten" zu stehen, sehen sie die G8-Politik als Teil des Formierungsprozesses eines transnationalen gesellschaftlichen Blocks - dominiert von den TNKs (Transnationale Konzerne) -, deren neoliberale Ideologie von den politischen, wissenschaftlichen und politischen Funktionseliten verinnerlicht worden ist. Das einigende Band besteht in der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Weltsystems. Dazu dienen die neuen Militärstrategien, die in einem eigenen Kapitel behandelt werden.

Der transnationale Block ist jedoch keineswegs homogen, sondern wird von Widersprüchen durchzogen. Außerdem wächst das Krisenpotenzial durch den Aufstieg der BRIC-Staaten sowie die Probleme auf den Finanzmärkten und im Energiebereich (Versorgung mit fossilen Rohstoffen). Über die Reformierbarkeit machen sich die AutorInnen im Gegensatz zu vielen NGOs keine Illusionen: "Die G8 hat keine Qualität, die von der Substanz des globalen Imperialismus verschieden wäre." Emanzipatorische Chancen sehen sie in der "Verschmelzung" von Gewerkschaften und Bewegungen zu einem antineoliberalen Block, der geeignete Kampfmittel wie den politischen Streit entwickeln müsse.

DVD der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Einen hohen Gebrauchswert hat auch die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegebene DVD mit Bildungs- und Informationsmaterialien zu den G8. Das didaktisch gut aufbereitete Material bietet einen idealen Einstieg in die Thematik. Diverse Präsentationen zur Geschichte der G8 und ihren Protesten werden ergänzt mit Analysen zur Struktur der Weltwirtschaft, Filmmaterial und der Dokumentation einer Debatte über die Proteste. Und wer schon immer mal alle Abschlusserklärungen nachlesen wollte, der hat hier die Möglichkeit dazu.

moe

Die Zeitschriften und die DVD sind unter folgenden Adressen zu bestellen: info@iz3w.org, inkota-brief@inkota.de, isw_muenchen@t-online.de, nuss@rosalux.de

Anmerkung:

1) Der Artikel ist zu finden unter: www..attac.de/themen/debatten/wrgewalt.html