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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 528 / 23.5.2008

Die geplatzte Nominierung eines neurechten Ministers

Einstiger Redakteur der Jungen Freiheit ist (noch) nicht durchsetzbar

Wie blöd muss man eigentlich sein? Das haben sich viele BeobachterInnen und KommentatorInnen gefragt, als der sich mit seiner CDU demoskopisch im freien Fall befindliche Ministerpräsident Thüringens, Dieter Althaus, ausgerechnet Peter D. Krause ausgerechnet am 8. Mai und ausgerechnet zum Bildungs- und Kultusminister ernennen wollte. Seit etwa vier Jahren ist die strammrechte Vergangenheit Krauses bekannt, eine Vergangenheit, die so weit rechts ist, dass sie selbst in der CDU nicht mehr ohne Aufsehen unter den Teppich gekehrt werden kann. Denn Krause war 1998 sechs Monate lang, zeitweise leitender, Redakteur der Rechtspostille Junge Freiheit (JF).

Wer ist Peter D. Krause? Peter Krause sitzt seit Mitte 2004 für die Union im Thüringer Landtag und im Stadtparlament von Weimar. Für die Thüringer Regierungspartei im Erfurter Landtag betätigt sich der "Verfolgte des DDR-Regimes" auch als "Beauftragter für die Opfer des Stalinismus und des SED-Regimes". Der 1997 in die CDU eingetretene Konrad-Adenauer-Stipendiat promovierte 1999 und war von 1998 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeit bei der ehemals bündnisgrün-bürgerbewegten CDU-Rechtsaußen Vera Lengsfeld.

Krause gehört zu der Gruppe ehemaliger DDR-Oppositioneller, die ihre Stasi-Akten und ihre mehr oder weniger bedeutenden Dissidenten-Leidensgeschichten vor sich hertragen wie einen immunisierenden Schutzwall, um extrem rechtes Gedankengut zum Besten geben zu dürfen. "Ich komme aus der DDR-Opposition, ich habe fünf oder sechs Stasi-Akten und ich weiß genau, was Meinungsfreiheit bedeutet", teilte er denn auch der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) im Juli 2004 auf deren Nachfragen zu seiner Mitarbeit in der rechtsgerichteten JF mit.

Eine verhängnisvolle Unentschiedenheit, wie er sich denn gegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner JF-Zeit stellen soll, hat Krause bereits damals in jenem TLZ-Interview durchexerziert. Dass er diesen widersprüchlichen Blödsinn vier Jahre später - nun zum Ministerkandidaten avanciert - unangefochten wiederholen konnte, zeugt auch davon, wie schlecht das Krisenmanagement der Thüringer CDU ist. Denn Krause kann sich nicht recht dazu durchringen, sich von seiner angebräunten publizistischen Vergangenheit klipp und klar zu distanzieren.

Wie schon 2004 versuchte er zunächst mit der ihm eigenen Herablassung gegenüber KritikerInnen, die Junge Freiheit als "anerkanntes Medium der Presselandschaft" zu verharmlosen. (Thüringer Allgemeine, 29.4.08) Das Blatt habe, so gibt er verschiedentlich zu Protokoll, als "spannendes Projekt" und "völlig offenes Debattenblatt" gegolten. Krause wähnte sich geradezu bei einer rechts drehenden Zeit und will von den rechtsextremen Auslegern des Blattes, von rechtsextremen InterviewpartnerInnen in jenem Renommier-Ressort "Im Gespräch", das er in seiner aktiven Zeit dort verantwortlich leitete, nichts mitbekommen haben. Ebenso wenig wie von den zum Teil ganzseitigen Anzeigen der Republikaner und den einschlägigen Biografien seiner Redaktionskollegen und anderer regelmäßiger Beiträger der Wochenzeitung - darunter so illustre neurechte und rechtsextreme Figuren wie der französische Nouvelle-Droit-Vordenker Alain de Benoist, der Europa-Rechte und FPÖ-Mann Andreas Mölzer und die REP-Politiker Ulrich Deutschle und Michael Wiesberg.

Die buntesten Kapriolen schlägt Krause jedoch, wenn das Gespräch auf sein Interview mit dem Revisionisten-Heiland Horst Mahler kommt (JF, 10.7.1998): Erst behauptete er, das Interview habe er, der damalige Ressortchef, nicht geführt. Das Foto im Text jedoch zeigt ihn, seinen Redaktionskollegen Thorsten Thaler und Horst Mahler, in der Autorenzeile zum Artikel steht außer Thaler und ihm noch Chefredakteur Dieter Stein. Dann sagte er, er habe Mahler zu jenem Zeitpunkt noch für einen Linksradikalen und ehemaligen RAF-Anwalt gehalten, was nicht nur in seinem eigenen Blatt schon vor dem besagten Interview anders zu lesen und wahrzunehmen war.

Egal, wie Krause sein Engagement in diesem Dunstkreis rechtsextremer Ideologie zu rechtfertigen versucht, neue Rechercheergebnisse reiten ihn noch tiefer in den braunen Morast: Er flunkert nicht nur über die Dauer seiner hauptamtlichen Tätigkeit für die JF (er sagt: zweieinhalb Monate), er hat darüber hinaus und entgegen seiner Behauptung, "unüberbrückbare Differenzen" hätten seinen Ausstieg bewirkt, bis 2000 nicht nur für dies umstrittene Blatt geschrieben, sondern bis 2001 auch für das in seiner revisionistischen Haltung fast noch eindeutiger positionierte Vertriebenen-Blättchen Preußische Allgemeine - Ostpreußenblatt (OPB).

Im Zuge der Recherchen ist nun auch bekannt geworden, dass Peter Krause in einem weiteren rechtsextremen Blatt, der seit 1988 in lockerer Folge erscheinenden Postille Etappe des sich selbst "Verfassungsfeind" nennenden Günther Maschke und des Ex-Republikaners Heinz-Theo Homann, publizierte. In der 16. Ausgabe der Etappe (Dezember 2001/Januar 2002) stehen neben einer "scherzhaft" veröffentlichten, 1933 erstmals gedruckten lateinischen Version des Horst-Wessel-Liedes, der Quasi-Parteihymne der NSDAP, Texte von Peter D. Krause über den schwer konservativen griechischen Philosophen Panajotis Kordylis und über den mehr als umstrittenen Alt-Historiker Ernst Nolte.

Wie viele rechtslastige Veröffentlichungen in wie vielen rechtsextremen Blättern sind nötig, um einen Autor unmöglich zu machen? Die Frage bleibt offen. Statt dessen wird Krause jetzt als Opfer eines "Kesseltreibens" und "substanzloser" Kritik stilisiert. In seiner wie üblich verquasten Sprache äußert sich Krause selbst über seinen Rückzug: ",Nichtwissende und böswillige Aggressivität findet keinen Grund jenseits der politischen Angst und Hysterie.` Trotz einwöchiger Suche nach umstrittenen Zitaten hätten Kritiker ,nichts gefunden`", wird er im Tagesspiegel vom 6. Mai 2008 zitiert.

Dabei reicht schon der Blick eines halbwegs bewanderten "Nichtwissenden" in Krauses publizistisches Schaffen, um ihn dort zu verorten, wo hinzugehören er stoisch leugnet: in jene schwarz-braune Zone, in der die oben genannten Publikationsorgane eine Scharnierfunktion zwischen neurechtem Konservativismus und rechtsextremer Ideologie erfüllen. Krauses politische und intellektuelle Bezugpunkte sind die einschlägigen Säulenheiligen der Neuen Rechten, darunter der Staatstheoretiker der "Konservativen Revolution" der 1920er Jahre, Carl Schmitt, der Schriftsteller des deutschen Soldatentums, männlicher Zucht, des Kriegs und der Gewalt, Ernst Jünger, NS- und dann BRD-Philosoph Arnold Gehlen und viele andere mehr. Durch Krauses "verblasenes Geraune" (Antifaschistisches Info Blatt, Nr. 66, Frühjahr 2005) wabert eine Art zeitgenössischer "Jargon der Eigentlichkeit" (Adorno), dessen Klaviatur er meisterhaft beherrscht.

In einer kulturpolitischen Polemik im Jenaer Periodikum Palmbaum offenbart der angeblich geläuterte, gescheiterte Kultusminister-Anwärter recht unverhohlen einen rechtsintellektuell-antiaufklärerischen, elitär-nihilistischen Pessimismus: ",Hochkultur` ist eine Konfiguration der Verschwendung, ein Ergebnis der Freiheit, der Negation des Notwendigen. Kann und will dieser Staat - fragwürdiger noch: will diese Gesellschaft sich höchste Freiheit leisten? (...) Wir haben uns längst im Antiquarischen, im Sekundären gemütlich eingerichtet. Alles vertrottelt sich avantgardistisch in der Information, im Spektakel, im Skandälchen, im Aufgewärmten und Abgestandenen. Zeitgeist-Byzantinismus." Und weiter: "Heute herrscht Nivellierung nach unten. Die Reformuniversität ist als Massenanstalt in den Niederungen angekommen. Ausländer lernen bei uns, weil es nichts kostet. Wer sich entwickeln will, zahlt und studiert woanders." (alle Zitate aus Palmbaum, 2/2006, www.palmbaum.org/leseprob.htm#krause)

Diese Zitate reichen aus, um Seelenverfassung und Geisteshaltung Peter D. Krauses insoweit zu beleuchten, um zu verstehen, welche Katastrophe seine Benennung zum Bildungs- und Kultusminister bedeutet hätte. Dank der Proteste namhafter und betroffener Institutionen, vor allem der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora (Krause wäre als Minister gesetzter Stiftungsratsvorsitzender geworden), der Gewerkschaften, Studierendenvertretungen, des LehrerInnenverbands, des Weimarer Bündnisses gegen Rechtsextremismus und der oppositionellen Landtagsfraktionen, ist Althaus' im Hinblick auf die 2009 anstehenden Landtagswahlen als Frischzellenkur für seine angezählte Partei gedachter Kabinetts-Relaunch gründlich und blamabel gescheitert.

Friedrich C. Burschel

Materialreiche, umfassende Hintergrundinfos findet man unter: www.die-linke-thueringen.de/dokumente/CAUSA_KRAUSE.pdf


Kein Einzelfall in Thüringen

Wie weit rechts die Thüringer CDU seit Jahren steht, ist abgesehen von der hartnäckigen, jahrelangen Weigerung, den grassierenden Rechtsextremismus im Lande als Problem anzuerkennen und entsprechende politische Schritte einzuleiten, vor allem am vielfach verstrickten Personal der Partei abzulesen. Eine kleine Episode in diesem Zusammenhang mag das illustrieren.

Im Jahr 2004 erschien in der Schriftenreihe der Stiftungseinrichtung Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW) ein Band mit dem Titel ",... bisschen was Derberes.` Rechtsextremismus und Zivilgesellschaft - das Beispiel Weimar", eine überarbeitete Fassung der Diplomarbeit von Ralf Borchert (Pseudonym). In dem Buch gab es ein kleines Kapitel unter der Überschrift "Fließende Übergänge: Rechtsextremismus und Konservative". Darin wurden ein paar haarsträubende Episoden aus dem extrem rechten Alltag der Thüringer CDU zusammengetragen: eine davon bezog sich auf die einstige Landtagspräsidentin und bis zum 8. Mai dieses Jahres amtierende CDU-Fraktionschefin im Landtag, Christine Lieberknecht, und den "Verein für das Deutschtum im Ausland".

1994 wurde Christine Lieberknecht im Deutschen Nationaltheater im Rahmen eines Festaktes in Anwesenheit des damaligen Kanzleramtsministers Friedrich Bohls "zur ersten Thüringer Landesvorsitzenden eines Vereins gewählt, der der völkischen Bewegung zuzurechnen ist, 1945 durch die Alliierten verboten wurde und nach seiner Neugründung 1955 enge Verbindungen zu rechtsextremen Organisationen und zu Diktaturen in Chile und Südafrika aufbaute", hieß es auf Seite 87 des Buches. Borchert bezieht sich dabei auf einen Artikel der Thüringischen Landeszeitung vom 7. November 1994, in dem, wie auch in anderen Blättern, skandalisiert wurde, dass im Rahmen dieser ohnehin höchst fragwürdigen Veranstaltung der rechtsextreme Echartsbote im Foyer des Deutschen Nationaltheater auslag.

Auch wenn das die simple Wahrheit ist, geäußert sollte sie nicht werden: das Buch erschien ja in der EJBW-Reihe Weimarer Beiträge zur politischen und kulturellen Jugendbildung und da durfte natürlich nichts Schlechtes über so eine wichtige Landespolitikerin stehen. Da war es natürlich sehr hilfreich, dass im EJBW-Stiftungsrat die CDU-Landesregierung das Sagen hat - Mitglieder dieses Gremiums damals unter anderem - ja, wer? - Peter D. Krause, und als Stiftungsratsvorsitzender Andreas Minschke, der CDU-Fraktionsgeschäftsführer im Thüringer Landtag. Und im Stiftungsrat setzte man nun durch, dass die erste Auflage eingezogen und unschädlich gemacht wurde. In der zweiten Auflage taucht der Name Lieberknecht nicht mehr in unziemlichem Zusammenhang auf und ist aus dem Text getilgt. Was dieser Akt der politischer Zensur die gemeinnützige Einrichtung EJBW gekostet hat, ist nicht bekannt.

Es handelt sich übrigens um dieselbe Christine Lieberknecht, die jetzt in der offiziellen Presseerklärung der Thüringen-CDU, Krause in Schutz nimmt und von "substanzlosen" Anwürfen spricht und "unglaublichen Unterstellungen, die man nur als pure Demagogie bezeichnen kann". Sie hat im neuen Kabinett den Posten der Sozialministerin.

fcb