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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 531 / 19.9.2008

Für produktive Unruhe sorgen

Interview mit zwei InitiatorInnen des Klima-/Antiracamps in Hamburg

Vom 15. bis zum 24. August fand in Hamburg ein so genanntes Doppelcamp statt, an dem rund 1.000 AktivistInnen teilnahmen, um gemeinsam gegen Rassismus und die herrschende Klimapolitik zu demonstrieren. Nach Hamburg mobilisiert hatten zwei verschiedene Bündnisse aus dem antirassistischen bzw. klimapolitischen Spektrum. Neben über 60 Workshops und Veranstaltungen gab es diverse öffentlichkeitswirksame Aktionen in der Stadt. Für ak zogen Ines Koburger von der Pressegruppe des Klimacamps und Andrea Doria als Stimme des Antirassismus-Camps Bilanz.

ak: Mit der gemeinsamen Mobilisierung wollte man den Schwung von Heiligendamm nutzen und durch eine breitere Bündnisarbeit mehr Leute gewinnen. So schrieb die Gruppe NoLager: "Es wäre aus unserer Sicht ausgesprochen enttäuschend, im Sommer 2008 mit 1.000 Menschen vor der Baustelle eines Kohlekraftwerks zu sitzen und mit 500 Leuten über einen riesigen Flughafen zu irren." Ungefähr an diese Zahlen nähern wir uns an. Woran lag's?

Ines: In der Tat lagen alle Spektren, die mobilisiert haben, unter den Erwartungen. Bei dem Klimacamp lag es sicherlich daran, dass es bisher in Deutschland keine breit verankerte linke oder linksradikale Klimabewegung gibt. Das ist was Neues, und daher war die Substanz offensichtlich nicht da, bzw. Hoffnungen, dass sich z.B. die Anti-Atom-Bewegung noch stärker einbringt, haben sich nicht erfüllt.

Andrea: Ein Prinzip unserer Mobilisierung für das antirassistische Camp war selbstbestimmter Inhalt, Zeitpunkt und Ort. Deswegen ist der Vergleich mit der Mobilisierung gegen den G8 und die Hoffnung auf einen wie auch immer gearteten Heiligendammprozess in das Jahr 2008 recht unangemessen. In diesem Jahr kam kein George W. Bush gemeinsam mit seinen sieben selbsterklärten WeltherrscherInnen. Außerdem zählen wir nicht nur die Beine oder Köpfe. Wir, die wir gemeinsam eine Woche aktionistisch gecampt haben, hatten viel Spaß gemeinsam und haben viel gelernt und viele unserer Themen in die Öffentlichkeit gebracht.

Auffällig war, dass die klassischen UmweltaktivistInnen von Robin Wood, Greenpeace, usw. nicht teilgenommen haben. Wie erklärt ihr euch, dass ihr nicht in dieses Spektrum rein mobilisieren konntet?

Ines: Die klassischen Umweltorganisationen waren deshalb nicht dabei, weil sich das Bündnis rund um das Klimacamp nicht explizit allein auf diese Bewegungen bezogen hat, und wir auch inhaltlich Schritte gehen wollten, die bei den klassischen Umweltorganisationen nicht mehr auf der Tagesordnung sind. Das sind grundsätzliche Fragen im Sinne einer Gesellschafts- und somit einer Kapitalismuskritik. Hinzu kommt, dass sich die Akteursstruktur stark geändert hat. Viele Umweltorganisationen, wie die BUNDJugend, sind mittlerweile als Verband mit hauptamtlichen Angestellten organisiert, die ehrenamtliche Struktur ist weitgehend weg gebrochen. In Deutschland gibt es zudem kaum eine radikale Ökologieszene wie in GB, die mobilisierbar wäre. Das hat sicherlich ihre Ursachen darin, wie sich Verbände und die Grüne Partei in den letzten 20 Jahren entwickelt haben.

Im Vorfeld gab es eine kontroverse Debatte um die Inhalte der Camps. Eure Einschätzung im Nachhinein: war das, was in Hamburg stattgefunden hat, ein Mehrsäulencamp, ein Camp mit Klimaklammer oder waren es zwei getrennte Camps?

Andrea: Ein Camp mit Klimaklammer war es auf keinen Fall. Es wäre auch politisch in Frage zu stellen, dass Klima zur Klammer zu erklären, die sich um irgendwas herum legt. Als Antwort auf die Frage aber gibt es unterschiedliche Sichtweisen: Für die Leute auf dem Camp war es ein einziges Camp. Neben den Aktionen und Workshops wurde hier über eine Woche lang versucht, kollektive Entscheidungs- und Lebensformen zu finden und es war egal, ob man nun Klima oder Antira war. Die Presse hat meistens ein Klimacamp daraus gemacht. Inhaltlich waren es zwei Camps mit unterschiedlichen Aktionen und unterschiedlichem Workshopprogramm, die sich auf einem Campgelände wieder fanden.

Ines: Es war ein Doppelcamp, das ist der Begriff, der sich durchgesetzt hat. Wir fanden die Verbindung mit dem Antirassismuscamp sehr produktiv, weil es noch mal viel deutlicher gemacht hat, dass es uns in der Klimadebatte um soziale Fragen geht.

Gibt es auch unterschiedliche Politikstile und Erfahrungen, die im Doppelcamp aufeinander geprallt sind?

Andrea: Ja, unbedingt. Was auffällig war, ist, dass die antirassistische Bewegung über die langjährige Erfahrung der Grenzcamps und der NoLager-Touren, die alle nicht über feste Organisationen wie attac, avanti oder solid, grüne Jugend oder ähnliches liefen, auch Gemeinsamkeiten und eine politische Basis im Selbstverständnis hat, die nicht diskutiert werden müssen. Es ist ganz klar, dass im Plenum basisdemokratisch entschieden wird und dass es nicht irgendwelche Organisationen oder Personen sind, die Entscheidungen treffen. Da gibt es schon Unterschiede zu der Organisation des Klimacamps, wobei das ja auch sehr heterogen strukturiert war.

Ines: Diese Wahrnehmung bezüglich der Entscheidungsfindung ist leider falsch. Der Klimacampprozess war sehr dezentral im Verhältnis zu dem des Antirassismuscamps, der maßgeblich von HamburgerInnen getragen wurde. Alle wichtigen Entscheidungen im Vorhinein wurden bei den bundesweiten Vorbereitungstreffen gefällt.

Die Antiraszene gibt es in der Bundesrepublik ja seit Anfang der 1990er Jahre. Auch wenn es sicherlich intern viele Ansätze und Differenzen gibt, ist sie - vom Habitus her - relativ homogen und "szenig". Auf der anderen Seite gibt es noch keinen Akteur, der als solcher zu bezeichnen wäre, sondern das, was im Klimacamp zusammen kam, war ein spektrenübergreifender Zusammenhang von Organisationen wie attac über post-autonome Gruppen bis zu Nolager und Antirassismusbüro Bremen, die sich interessanterweise explizit in den Klimacamp-Prozess eingebracht haben. Deshalb war auch unsere jeweilige Aktionskultur anders gefasst. Zum Beispiel hatten wir eine interventionistische Perspektive auf lokale Kräfteverhältnisse. Und bei Gegenstrom gab es einen fest gelegten Aktionskonsens. Die antirassistische Politik, wie sie gemacht wurde, steht tendenziell in einer Tradition von Straßenmilitanz. Während das, was wir gemacht haben, - und dieses "wir" ist ja total prekär - sich auf Ungehorsam à la Block G8 bezog. Da gibt es also deutliche Unterschiede.

Als Höhepunkte des Camps waren zwei Großaktionen anvisiert: das Fluten des Hamburger Flughafens und der Versuch, die Baustelle des Kohlekraftwerks Moorburg zu besetzen. Wie sind die jeweiligen Großaktionen trotz fehlender Masse gelaufen?

Andrea: Es ist ganz gut gelaufen, obwohl wir nicht die Route bekommen haben, die wir wollten, an den Terminals vorbei. Wir haben es dennoch geschafft, zumindest einen Zufahrtsweg zum Flughafen zu blockieren und den Terminal 1 für einige Stunden in unserer Hand zu wissen. Gefreut haben wir uns über die vielfältigen bunten Aktionen an dem Tag, mit denen viele Menschen gegen die rassistische Abschiebepolitik protestiert und für Aufsehen gesorgt haben. Das alles obwohl die Polizei mit allen Mitteln versuchte, unsere Aktionen zu kriminalisieren und schließlich die komplett friedlich verlaufende Kundgebung gesetzeswidrig auflöste.

Ines: Ich glaube, dass Gegenstrom 08 durchaus erfolgreich war, auch wenn wir es nicht geschafft haben, im Zuge der Massenaktion den Bauplatz des Kohlekraftwerks zu besetzen. Wir haben gezeigt, dass es viele Entschlossene gibt, die eine andere Auseinandersetzung mit dem Thema wollen, sowohl von der Aktionsform her als auch von der Kritik. Solche Aktionsformen sind wichtig, da sich die Teilnehmenden darüber auch radikalisieren. Die Tatsache, dass hier Versammlungsrecht verletzt wurde, dass geknüppelt wurde, um Menschen zu vertreiben, die sich mit Fragen von Klima und Energie beschäftigen, ist in der BRD ja nichts Neues, wenn man sich die Anti-Atom-Bewegung anguckt. Dennoch haben sich hier neue Konfliktlinien gezeigt, die eine weitere Dynamik entfalten können.

In dem Aufruf zum Antira-Camp gibt es keine Bezugnahme zum Klimathema, sondern "nur" auf klassische Antira-Themen wie Abschiebung, globales Grenzregime und Rassismus. Ist Klima für euch kein Thema?

Andrea: Ein Thema ist es bestimmt auch für uns. Aber es ist schwierig, weil wir explizit ein Antira-Camp machen wollten, dann noch zehn andere Themen mit aufzunehmen. Das macht das Fass einfach zu weit auf. Als wir anfingen, das Antira-Camp in Hamburg zu planen, da war ein Klimacamp auch in Hamburg noch gar kein Thema. Generell stehen Rassismus und die Ausgrenzung für uns für etwas viel Grundsätzlicheres. Wenn man die Welt verändern will, dann geht es darum, Entscheidungsstrukturen zu verändern, Leute kollektiv mit einzubinden und keine Zwei-Klassengesellschaft zu haben. Und an die Punkte kommt man über das Antirassismusthema wesentlich besser ran als über Klimawandel.

Noch mal nachgehakt: Ist die ökologische Frage nicht umfassender und vor allem eine Frage nach der gerechten Verteilung von Ressourcen weltweit, nach dem eigenen Konsumverhalten, also letztendlich eine Frage nach dem System?

Andrea: Die Systemfrage konnte und musste auch gestellt werden, bevor es einen Klimawandel gab. 500 Jahre Ausbeutung und Kolonialismus stellen allein schon die Systemfrage. Ohne die Aufhebung von Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus lässt sich weder theoretisch noch praktisch die Systemfrage stellen. Solange Menschen sich aus rassistischen und nationalistischen Anwandlungen gegenseitig verfolgen, wird es keine soziale Befreiung oder Beseitigung von Weltkatastrophen geben. Menschen insbesondere aus den Ländern des Südens haben seit langem Gründe, warum sie ihre Länder und ihre Regionen verlassen und verlassen müssen, nämlich aufgrund der Ausbeutung durch die imperialistischen Staaten.

Das hat sich durch den Klimawandel vielleicht verschärft, aber es hat keine neue Qualität. So ist der berühmte Klimaflüchtling z.B. auch einer, der in unserer Debatte keine besonders große Rolle spielen sollte, weil wir sagen: Kein Mensch ist illegal, das heißt alle Menschen sollen von dort weggehen können, wo sie nicht mehr leben können oder wollen, dahin, wo sie leben wollen - egal aus welchen Gründen. Und wenn die Klimaveränderung ein Grund ist, weshalb die Menschen gehen, dann ist das ein Grund, aber es hat davor schon 1.000 Gründe gegeben, warum Länder zerstört waren. Ohne den Klimaflüchtling ganz negieren zu wollen, wirft die Klimafrage die migrationspolitische Frage nicht ganz neu auf.

Was unterscheidet das Antira-Camp denn von einem Grenzcamp reloaded?

Andrea: 2003 fand ja das letzte Grenzcamp in Köln statt. Inhaltlich knüpfen wir an die Grenzcamps an. Die ganze Grenzcampdiskussion ging zu Beginn von den Grenzen zu Osteuropa aus, hin zum Frankfurter Camp, wo die inneren Grenzen thematisiert wurden. Wir haben in diesem Jahr zwei Themen zu unseren zentralen erklärt: die Abschiebepolitik, die über den Hamburger Flughafen läuft, und als zweites haben wir versucht, die Ausgrenzung der Flüchtlinge und den Mord an Flüchtlingen im Mittelmeer in die Bundesrepublik Deutschland zu tragen, in der diese Auseinandersetzung einfach nicht mehr stattfindet. Deswegen sind wir auch nach Lübeck gefahren und haben die dortige Frontex-Ausbildungsstätte angegriffen. Frontex ist eine Institution der EU, die militärische Einsätze gegen Flüchtlinge auf dem Mittelmeer und im Atlantik koordiniert.

Nun zum Klima: Klimapolitik ist seit ein paar Jahren eins der Topthemen auf der Agenda der herrschenden Politik: Angela Merkel inszeniert sich als Klimakanzlerin, die Medien rufen zum Umweltschutz auf, sogar der BDI fordert eine CO2-Reduktion. Warum sollen sich Linksradikale nun auch damit beschäftigen?

Ines: Es beschäftigen sich in der Tat sehr viele mit Klima, allerdings mit ganz unterschiedlichen Interessen. Es ist eine globale, gesellschaftliche Krise, die heraufzieht und die schon da ist, und sich in den nächsten Jahrzehnten extrem verstärken wird. Die Bearbeitung dessen wird als Legitimationsquelle für Herrschaftspolitik verwendet, für Regierungen und Unternehmen. Zweitens ist das Thema aufgrund der neuen Absatzmärkte für viele Unternehmen interessant. Der Report von Nicholas Stern hatte sicherlich einen wichtigen Einfluss darauf, dass in einigen Kapitalfraktionen der Klimawandel plötzlich ernst genommen wurde, weil eigene Investitionen und Absatzmärkte in Gefahr geraten und klar wurde, dass es im Grunde mehr kostet, nicht in Klimaschutz zu investieren und alles so weiter laufen zu lassen.

In der bisherigen Klimapolitik gibt es - so unsere Analyse - nichts außerhalb dieser kapitalistischen Logik. Dabei liegt die zentrale Ursache des Klimawandels im System; ein System, das darauf beruht, ungemein schnell, ungemein viele Ressourcen profitorientiert zugunsten Weniger zu verbrauchen - nicht nur "natürliche" Ressourcen, sondern auch tierische und eben auch Menschen. Klimawandel ist daher nicht nur eine ökologische Frage, sondern eine soziale Katastrophe, die ihre Ursache in der Art und Weise findet, wie Produktion und Konsum global organisiert sind. Deshalb kommt man anders als bei vielen anderen Themen über die Klimakatastrophe unmittelbar zu den zentralen Widersprüchen des globalisierten Kapitalismus. Es geht direkt um Wachstum, Profit, Industrialismus und globale Ungleichheit. Daran kommt man nicht vorbei.

Kann man, im Vergleich zur antirassistischen Bewegung, überhaupt von einer linksradikalen Klimabewegung sprechen?

Ines: Zum jetzigen Zeitpunkt kann man das nicht. Es wurden vielleicht Grundlagen gelegt dafür, dass so etwas entsteht und die Mobilisierung der letzten Monate hat dazu geführt, dass neue Zusammenhänge gestiftet wurden. Man muss da jetzt keine strikte Kausalität sehen, aber dass es im BUKO den Arbeitsschwerpunkt "Gesellschaftliche Naturverhältnisse" gibt oder im Bereich Wiesbaden-Mainz ein Bündnis, das sich dem Thema widmet, ist sicherlich auf den Klimacamp-Prozess zurück zu führen. Aber es ist noch keine Bewegung oder zusammenhängende Szene, die funktionieren würde. Es konnten ein paar Anstöße gegeben werden und nun muss sich zeigen, ob das nur ein Strohfeuer war oder ob es weiter geht.

Das Camp hatte noch gar nicht begonnen, schon hatte man eine Militanzdebatte am Hals. Es gab verschiedene Farbbeutelaktionen auf Häuser von Mitarbeitern der Ausländerbehörde, am 20. August haben 20 Vermummte die Scheiben und Computer des Bezirksamts Nord zerschlagen. Wie seid ihr mit den Anfragen der Presse nach Distanzierung, gerade nach den Erfahrungen von Heiligendamm, umgegangen?

Andrea: Es war klar, dass wir uns von keiner Aktionsform distanzieren werden. Inhaltlich ging es darum, zu zeigen, wo die wirklichen Gewaltverhältnisse herrschen. Später haben wir erfahren, dass die Ausländerbehörde, die die Aktion getroffen hat, eine ist, die sich in den letzten Jahren durch allerlei kriminelle Machenschaften ausgezeichnet hatte, indem sie vermeintliche Scheinehen mit Detekteien hat bewachen lassen und im Nachhinein eingestehen musste, dass sie mit komplett illegalen Methoden gearbeitet hat.

Ines: Uns war es wichtig, den Kontext herzustellen, in dem solche Aktionen passieren, nämlich im Kontext von menschenverachtenden Abschiebungen auf der einen und einer Energiepolitik, die soziale Katastrophen produziert auf der anderen Seite.

Auf Landesebene hat das Camp einiges durcheinander gewirbelt. Aufhänger war dabei die "Gewaltdebatte" und es gab eine Sondersitzung des Innenausschusses. Wie habt ihr das wahrgenommen: Konnten die Camps hier ein wenig Salz in die Wunden der grün-schwarzen Koalition streuen?

Andrea: Es war gar nicht unser Ziel, Salz in irgendwelche Wunden zu streuen. Ob das jetzt ein schwarz-grüner Senat oder ein schwarzer ist, wir lehnen grundsätzlich Staat und Regierung ab, und müssen uns daran nicht abarbeiten. Es war natürlich schön zu sehen, wie die SPD von rechts die CDU attackiert, und die Linkspartei der SPD Meinungsfreiheit erklärt: Das war ein großes Schauspiel. Das war aber nicht unser Ziel, denn uns ging es um antirassistische Themen, für die wir Aufmerksamkeit haben wollten.

Ines: Wir konnten in der Zeit sicherlich kein Blatt zwischen die Grünen und die CDU schieben, die haben wie Pech und Schwefel aneinander geklebt. Was ich hoffe, was eine Folgewirkung sein wird, ist, dass unsere Botschaften im grünen Milieu angekommen sind und dass wir für eine produktive Unruhe dort gesorgt haben. Ich glaube nicht, dass es uns gelungen ist, die energiepolitischen Leitlinien des Hamburger Senats direkt zu beeinflussen. Aber für Unruhe zu sorgen, das ist auch schon ein Erfolg. Man muss die Grenzen so einer Aktionsform wie Campen mit berücksichtigen, schließlich haben wir keine monatelange Kampagne mit starker lokaler Verankerung gemacht.

Euer Fazit: Klima und Antira - geht das wirklich zusammen?

Ines: Zumindest bei den Brückenveranstaltungen ging das auch inhaltlich zusammen. Zu nennen ist hier die Supermarktveranstaltung "Reclaim your market", bei der sowohl die Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Produktion und die Wertschöpfungsketten thematisiert wurden, die sozialen Bedingungen hierzulande und die Klimaschädlichkeit der agroindustriellen Landwirtschaft. Das heißt, wir haben thematisiert, wie industrielle Landwirtschaft mit ihrem Kunstdünger- und Pestizideinsatz betrieben wird, was sind die Arbeitsbedingungen hier und z.B. in Almeria/Südspanien, wo viele Menschen ohne Papiere sich als Tagelöhner verdingen müssen. Hier ist die internationalistische Perspektive unerlässlich und die Klammer zwischen Klima und Antira hat an der Stelle sehr gut funktioniert.

Andrea: Die Aktionen zum Supermarkt oder zum Staudammprojekt in Kurdistan waren sicherlich Schnittstellen, wo deutlich gemacht wurde, wie ausbeuterische Strukturen Menschen weltweit die Lebensgrundlagen entziehen. Diese Ausbeutung könnte thematisch eine Klammer sein. Ein großer Erfolg des Camps war, dass Leute, die sich noch nicht so stark mit antirassistischen Themen beschäftigt haben, sich in Workshops und Aktionen damit auseinander setzten. Das gilt natürlich auch umgekehrt.

Interview: Nicole Vrenegor