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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 538 / 17.4.2009

No, we couldn't!

Wer bietet weniger: Die Bundesregierung rechnet mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,25 Prozent für 2009, hält diese Schätzung Berichten zufolge aber inzwischen schon für optimistisch. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat mehrfach nach unten korrigiert und prognostiziert nun minus vier bis minus fünf Prozent. Die OECD rechnet für Deutschland mit Negativwachstum von 5,3 Prozent. Und die Commerzbank wagt sogar eine Minus-sieben-Prozent-Prognose. Da geht doch noch was!

"Ein Schiff wird kommen, und das bringt mir den einen, den ich so lieb' wie keinen und der mich glücklich macht..." So lässt sich das Obama-Gefühl vielleicht am ehesten beschreiben. Die Lage ist düster - da hilft nur hoffen. Und auf wen? Wohl kaum auf Gordon Brown, sicher nicht auf Peer Steinbrück und ganz bestimmt nicht auf Frank-Walter Steinmeier. Auch Hu Jintao eignet sich schlecht als neuer Messias. Also Obama. Zwar ahnen wir schon, dass der sympathische junge Mann, der gerade US-Präsident ist, es wahrscheinlich auch nicht richten wird. Aber wer dann? Wenn Obama scheitert, geht die Hoffnung flöten. Wer will das schon?

Ungefähr nach diesem Prinzip funktionierte auch der G20-Gipfel Ende März in London. Es wurde einiges entschieden angesichts des im Vorfeld befürchteten Chaos-Gipfels. Aber ist damit der "Turbo-Kapitalismus" tatsächlich an die Kette gelegt, wie ein großes deutsches Nachrichtenmagazin meint? Eher nicht. Stärkere Kontrollen von Steueroasen, Banken und Finanztransaktionen bremsen vielleicht das Tempo - wenn die beteiligten Länder mitspielen. Das Grundproblem der Krise aber besteht fort: Einem gewaltigen US-Defizit stehen enorme Überschüsse in China, Japan und Deutschland gegenüber. Der Welthandel basiert vor allem auf dem Konsum verschuldeter US-Bürger. Zugleich kann Anlage suchendes Kapital kaum profitabel investiert werden. Weshalb es in die Finanzsphäre, in den Handel mit künftigen Renditeerwartungen ausgewichen war. Doch dort ist jetzt auch Schluss mit hohen Gewinnen.

"No, we couldn't!" Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist bisher nicht in Sicht. Fehlen Ideen, wie die Krise der kapitalistischen Verwertung beendet werden könnte, bleibt kaum mehr, als die Kosten nach unten durchzureichen. Durch Lohnsenkung, Entlassung, Inflation oder alles auf einmal. Im Klartext: Für alle, die in letzter Zeit kürzer treten mussten, gibt es noch mal auf die Zwölf. Darauf darf man sich einstellen, erst recht beim Exportweltmeister Deutschland. Denn die deutsche Wirtschaft ist besonders abhängig davon, dass der Konsum in den USA (und anderswo) wieder in Schwung kommt. Und auf niedrige Löhne, damit die Exportprodukte billig bleiben. Mit ihrer bisherigen Krisenpolitik hat sich die Bundesregierung entschlossen, diesen Zustand zu zementieren. Die Quintessenz der Politik von Merkel und Steinbrück lautet: abwarten und hoffen, dass das alte Modell wieder funktioniert: "Ein Schiff wird kommen und meinen Traum erfüllen und meine Sehnsucht stillen, die Sehnsucht mancher Nacht."

Dass sich dagegen bisher kaum Protest regt (30.000 in Frankfurt und Berlin sind nicht wirklich der Anfang einer Massenbewegung), zeigt: Die Erkenntnis sickert nur langsam durch. Auch hier wirkt das Prinzip Hoffnung - als Zeitzünder: Man ahnt, dass es schlimm wird, und hofft, dass doch nicht. Auch das hat mit Obama zu tun. Es funktioniert, weil ihm die Rolle des Hoffnungsträgers so gut steht. Die Welt der G20 kann froh sein, dass sie Obama hat. Wenn sein Lack blättert, wird es ungemütlich.

Wir sind gespannt. Auf den Herbst.