Web 2.0-Dictionary
"Ich hab kein Netz!" Früher der Schreckensschrei der Hochseefischer, heute der Albtraum aller HandynutzerInnen. "Kein Netz", das bedeutet keinen Empfang und keine Sendung - seit es internetfähige Handys gibt, auch kein Gezwitscher kurzer Massennachrichten ("twitter"), die spätestens seit Obamas Wahlkampf und den Protesten im Iran in aller Munde sind. Aber nähern wir uns dem Thema langsam, über den Oberbegriff: Web 2.0.
Web 2.0 - das ist seit einigen Jahren der Name für die neue Generation von Internetanwendungen, die den Modus "Ein Sender - viele Empfänger" hinter sich lassen. Im Web 2.0 stehen kollaborative und interaktive Funktionen im Vordergrund. Die NutzerInnen erstellen Inhalte selbst oder nehmen Einfluss darauf. Vernetzung und Kommunikation werden zu einem zentralen Inhalt der neuen Funktionen des Webs.
Vorformen gibt es schon lange: Chats, der Austausch von Nachrichten in Echtzeit, bzw. Chatrooms, die virtuellen Orte dieser Kommunikation. Auch themenbezogene Internetforen, in denen angemeldete NutzerInnen ihr Wissen und ihre Meinungen austauschen, existieren schon seit längerem. Wer einmal im Internet nach Kochrezepten gesucht hat, weiß das.
Mit der zunehmenden Verbreitung von bezahlbaren Breitband-Anschlüssen wurde mehr möglich. Es muss Ende der 1990er Jahre gewesen sein, als ein neues Phänomen, das sich diese Möglichkeit zu Nutze machte, Massencharakter bekam: das Blog oder Weblog. Der Name kommt von (Web-)Logbuch. Gemeint sind einfache Seiten, in denen AutorInnen mehr oder weniger persönlich gehaltene Einträge posten (= einstellen), die alle lesen können, die es interessiert. Diese Online-Tagebücher verbreiteten sich rasant, und bald wurden BloggerInnen zu einem Phänomen, für das sich auch die Medien interessierten - und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die unkontrollierte Nachrichtenoffensive der Blogs dem offiziellen Journalismus Konkurrenz machte. Heute sind journalistische Erzeugnisse ohne eine umfangreiche Webpräsenz mit Blog-Elementen (etwa Kommentar-Funktionen) kaum noch vorstellbar. Naja, fast. ;-)
Auch die massenhafte Verbreitung von Digitalkameras (Foto und Film) und digitaler Musik hatte eine Flut entsprechender Plattform-Angebote im Netz zur Folge. Auf YouTube kann man seit 2005 kostenlos kleine Videofilme hochladen, ansehen, bewerten und kommentieren. Flickr bietet bereits ein Jahr länger dieselbe Möglichkeit für Fotos. Bei diesen Plattformen stoßen wir schon eher auf das, was das Web 2.0 ausmacht: Die BetreiberInnen stellen nur die Struktur und den Speicherplatz. Für den Inhalt sorgen die UserInnen.
Eine Weiterentwicklung stellen Plattformen zur kooperativen Erarbeitung von Inhalten dar, wie zum Beispiel bei den Artikeln bei Wikipedia, der allseits beliebten Online-Enzyklopädie. Wikis sind Online-Textsysteme, die es einer Mehrzahl von AutorInnen an unterschiedlichen Orten ermöglichen, gemeinsam an einem Text zu arbeiten.
Während bei YouTube Filme und bei Flickr Fotos im Mittelpunkt stehen, hat sich MySpace innerhalb kurzer Zeit von einem Anbieter für Datenspeicherplatz im Internet zum ersten großen sozialen Netzwerk gewandelt. Bei MySpace kann man kostenlos Benutzerprofile hochladen, Fotos, Videos und Musik einstellen und virtuelle FreundInnen um sich sammeln, mit denen man nicht nur "öffentliche", sondern auch privatere Inhalte teilt. Insbesondere unter MusikerInnen erfreut sich MySpace nach wie vor großer Beliebtheit.
Als soziale Netzwerke bezeichnet man Netzgemeinschaften, deren angemeldete Mitglieder über ein persönliches Profil verfügen und sich über Kontaktlisten mit anderen NutzerInnen vernetzen. Während bei Flickr, YouTube & Co. die Zahl aktiver und passiver NutzerInnen auseinanderklafft, steht in den sozialen Netzwerken die "Arbeit" am Freundes-Netz im Vordergrund. Man teilt Informationen, Fotos, Videos und Links, tritt Interessengruppen bei oder hält sich mit Nachrichten über den eigenen aktuellen Gemütszustand bei Laune.
Solche Netzwerke gibt es mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Facebook dreht sich vor allem um Freundschaften; das Gleiche gilt für die auf den deutschen Sprachraum begrenzten wer-kennt-wen, studiVZ, SchülerVZ und meinVZ oder für kleinere Dienste wie Lokalisten.de. Andere Plattformen stellen die Suche nach Schulfreunden in den Vordergrund (Stayfriends). Sehr beliebt sind auch Dating-Portale, Partnerbörsen im Netz, deren wachsende Nutzung sich dadurch erklärt, dass die eingestellten Profile ausgiebiges Vorsortieren möglich machen. Und es gibt Plattformen, die sich die Vermittlung von Geschäftskontakten auf die Fahne geschrieben haben, zum Beispiel XING.
Twitter schließlich verlagert die Netzwerk-Aktivitäten - zumindest potenziell - aufs Handy. Auch Twitterer scharen Freunde (bei twitter: "follower") um sich, die in den Genuss der versandten Nachrichten kommen. Allerdings dürfen diese maximal 140 Zeichen lang sein, so dass twitter eher so etwas wie eine Mini-Info- oder Kommentar-Schleuder ist, Gezwitscher und Geschnatter eben. Aber mit Netz.