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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 561 / 20.5.2011

Den Atomausstieg selbst in die Hand nehmen

Die Anti-AKW-Bewegung ruft für Pfingsten zu Blockaden auf

Mit der Blockade von Atomkraftwerken will sich die Anti-Atom-Bewegung in die Diskussion um den anvisierten Ausstieg aus der Atomenergie einmischen. Während x-tausendmal quer zu Blockaden der Meiler in Biblis und Brokdorf aufruft, mobilisiert das Aktionsbündnis Block Brokdorf ausschließlich zum gleichnamigen AKW. Dort soll am 11. Juni der Auftakt zu mehrtägigen Blockaden sein. Über Sinn und Zweck dieser Aktion sprach ak mit Christoph Kleine, aktiv in Avanti - Projekt undogmatische Linke und einer der Sprecher des Aktionsbündnisses Block Brokdorf.

ak: Auf einmal sind alle gegen die Atomenergie und wollen den Atomausstieg. Dass er kommt, daran zweifelt niemand mehr. Warum soll man in dieser Situation an Pfingsten nach Brokdorf fahren?

Christoph Kleine: Der politische Druck muss jetzt aufrechterhalten und verstärkt werden - nur dann ist das schnelle Ende der Atomenergie in Deutschland durchsetzbar. Denn was uns als "schnellstmöglicher Ausstieg" verkauft werden soll, wird nach dem Willen der Energiekonzerne und der Bundesregierung den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke für mindestens zehn Jahre garantieren. Der Entwurf für den Abschlussbericht der Ethik-Kommission enthält gar den Vorschlag, abgeschaltete Atomkraftwerke als sogenannte Kaltreserve jederzeit wieder anfahren zu können. Es zeichnet sich ein dem damaligen rot-grünen "Atomkonsens" ähnlicher Betrug ab, der die Anti-AKW-Bewegung schwächen und befrieden soll und bei nächstpassender Gelegenheit von den Konzernen und ihrer Lobby in Regierung und Parteien wieder infrage gestellt werden kann. Der nächste schwere Atomunfall muss sich aber nicht an die langfristigen Ausstiegs-Zeitpläne halten, sondern kann jeden Tag eintreten. Ebenso unverantwortlich ist die weitere Produktion radioaktiven Abfalls, der noch Jahrtausende vor sich hin strahlen wird. Also ist es jetzt noch viel zu früh, sich mit vagen Ausstiegsversprechungen zufriedenzugeben. Atomausstieg bleibt Handarbeit.

Wer unterstützt die Blockaden, und was ist geplant?

Das Aktionsbündnis Block Brokdorf besteht aus unabhängigen Anti-AKW-Initiativen, aus AktivistInnen der Klima- und Ökologiebewegung, aus Jugendverbänden und aus Gruppen der radikalen Linken. Es geht uns um eine massenhafte, entschlossene und dauerhafte Blockade des AKW Brokdorf ab dem Pfingstwochenende. Die dann laufenden Revisionsarbeiten sind mit deutlich erhöhtem Material- und Personalverkehr in und aus dem Kraftwerk verbunden. Dieser Verkehr und damit das Wiederanfahren des AKW soll spürbar behindert und verzögert werden. Unser Plan: Wir begeben uns zu Tausenden auf die Zufahrtsstraßen und lassen uns weder aufhalten noch vom Blockadeziel abbringen. Zu Tausenden machen wir die Zufahrtsstraßen dicht und werden sie nicht freiwillig verlassen. Wir sind entschlossen zu bleiben!

Angekündigt sind mehrtägige Blockaden. Steht die Entscheidung dafür schon definitiv fest?

Ab dem 11. Juni, dem Pfingstsamstag, wird es Vorbereitungen und Diskussionen in einem Aktionscamp geben. Spätestens ab dem 12. Juni wird dann blockiert. Die genaue Dauer hängt von dem Durchhaltewillen und der Entschlossenheit der Teilnehmenden ab - schließlich sind derartige Blockadeaktionen möglichst basisdemokratisch organisiert. Alle Vorbereitungen gehen aber davon aus, dass wir weit bis in die folgende Woche hinein blockieren. Deswegen empfehlen wir allen Teilnehmenden, sich für die gesamte Woche nach Pfingsten freizunehmen.

X-tausendmal quer mobilisiert neben Brokdorf auch nach Biblis. Droht so nicht eine Zersplitterung der Kräfte?

Wenn der bekannt gewordene Entwurf der Ethik-Kommission ungefähr die politische Absicht der Bundesregierung vorwegnimmt, wovon wir ausgehen, dann werden die acht Moratoriums-AKWs, also auch Biblis A und B, nicht wieder ans Netz gehen. Eine Blockade dort wäre dann also ziemlich sinnlos, und viele AktivistInnen werden stattdessen nach Brokdorf fahren, wo x-tausendmal quer ja ebenfalls Blockaden vorbereitet. Diesen Aufruf sehen wir übrigens nicht als Konkurrenz, sondern wir begrüßen, dass alle blockadeerfahrenen Spektren der Anti-AKW-Bewegung nach Brokdorf mobilisieren und sich die Aktionen dort gegenseitig unterstützen und verstärken werden.

Welches Zeichen soll von Brokdorf ausgehen?

Die Blockade von Brokdorf als einem angeblich "neueren" und "sicheren" Kraftwerk soll ein kraftvolles Zeichen werden, um deutlich zu machen, dass die Anti-AKW-Bewegung sich nicht befrieden lässt, sondern auf einer sofortigen und vor allem unumkehrbaren Stilllegung aller Atomanlagen bestehen muss. Darüber hinaus geht es aber auch um die Rolle der Energiekonzerne. Deren Profitinteresse und - in der kapitalistischen Logik liegende - Verantwortungslosigkeit hat uns die Atomenergie und ihre Folgen eingebrockt. Diese Konzerne müssen jetzt endlich enteignet und in kleineren, demokratisch kontrollierten Einheiten vergesellschaftet werden.

Interview: mb.

Weitere Informationen unter: http://block-brokdorf.org und bei x.tausendmal quer