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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 563 / 19.8.2011

Lebenslanger Kampf gegen den Faschismus

Zur Erinnerung an den kommunistischen Widerstandskämpfer Fritz Bringmann

Fritz Bringmann wurde am 9. Februar 1918 als sechster von acht Söhnen einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie in Lübeck geboren. Der Kampf um Arbeiterrechte und der Widerstand gegen den Faschismus prägte die ganze Familie, wenngleich es auch Differenzen gab, weil einige Söhne - darunter auch Fritz - sich dem Kommunismus zuwandten. Mit 17 Jahren wurde Fritz das erste Mal verhaftet als er zum 1. Mai 1935 Parolen gegen Hitler auf ein Hausdach malte. Nach einigen Monaten kam er für kurze Zeit wieder frei, aber insgesamt musste er fast zehn Jahre in den Gefängnissen und Konzentrationslagern der Nazis zubringen.

Im November 1936 kam er in das im Aufbau befindliche KZ Sachsenhausen; durch brutale Misshandlungen verlor er dort sein linkes Auge. Dennoch blieb er standhaft. Seine solidarische und unbeugsame Haltung verschaffte ihm hohes Ansehen bei seinen Mitgefangenen. 1942 soll er in seiner Funktion als Häftlingssanitäter im KZ Neuengamme kranke Gefangene mit Benzinspritzen töten. Als er sich weigerte, wurde er schwer misshandelt, verweigerte aber weiter den Tötungsbefehl. Noch Jahrzehnte später erinnern sich Überlebende an den beispiellosen Mut des kleinen, einäugigen Sanitäters.

Am 17. Mai 1945 erlebte Fritz Bringmann seinen zweiten Geburtstag, wie er es nannte: Nach einer Überprüfung der britischen Militärbehörden wird seine Entlassung aus dem Zuchthaus Bremen-Oslebshausen angeordnet. Dort war er die letzten Monate inhaftiert gewesen, nachdem er aus einem Außenkommando des KZ Neuengamme fliehen konnte. Sein weiteres Leben war der Aufklärung der Naziverbrechen und dem Gedenken an die Opfer gewidmet. Sein Bestreben, die Täter zur Verantwortung zu ziehen, war den Behörden ein Dorn im Auge. 1950 wurde er erneut verhaftet, die Vorbereitung eines gesamtdeutschen Treffens der Freien Deutschen Jugend (FDJ) war der Anlass. Polizisten in langen Ledermänteln stürmten die Wohnung seiner Familie, drohten vor den Kindern mit der Waffe. Eine Kartei mit 2.000 SS-Verbrechern, die Bringmann erstellt hatte, verschwand dabei.

Fast zehn Jahre Haft in KZs und Nazi-Knästen

Zwar kommt er schon kurz darauf wieder frei, aber zahlreiche Verfahren sollen ihn in den weiteren Jahren von seiner antifaschistischen Tätigkeit abbringen. An seiner kommunistischen Einstellung ändert die Repression aber nichts. So baut er das Erholungsheim Heideruh für Verfolgte des Nationalsozialismus mit auf, das bis heute als antifaschistische Begegnungsstätte dient. Er wird Landesvorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) in Schleswig-Holstein, Generalsekretär der internationalen Lagergemeinschaft Neuengamme und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Neuengamme. Erst im Jahr 2000 wird ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen; jahrelang hatte die CDU versucht, dies zu verhindern, allen voran die Bundesinnenminister Seiters und Kanther.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! An dieses Motto hielt Fritz Bringmann sich unbeirrt. Daher blieb er auch nicht stumm, als es in der Gedenkstätte Neuengamme zu einem Konflikt um den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in der Bildungsarbeit kam. Der Kampf gegen den Militarismus gehörte für Fritz untrennbar zum Kampf gegen den Faschismus. So protestierte er vehement, als ein Bundeswehrsoldat Führungen in der KZ-Gedenkstätte machen sollte, während ein freier Mitarbeiter nicht mehr beschäftigt wurde.

Die Täter bestrafen, der Opfer gedenken

Eine würdige KZ-Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme wurde zu Fritz Bringmanns Lebensziel. Unermüdlich kämpfte er für den Abriss der beiden Gefängnisse, die das Gelände jahrzehntelang belegten. 2003 und 2007 endlich wurden die Knäste abgerissen. Nach einem Leben voller Kämpfe war ein Lebensziel Fritz Bringmanns erreicht, auch wenn ihm die Würdigung des Widerstands gegen den Faschismus zu kurz kam. Die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die KZ-Gedenkstätte ein würdiger Gedenk- und Lernort bleibt, hat er nun an folgende Generationen weitergegeben. Eine Aufgabe, die auch noch in Zukunft Auseinandersetzungen erfordern wird. Fritz Bringmanns Stimme wird dabei fehlen.

Martin Reiter