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ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 573 / 15.6.2012

Keine reine Frauensache

Diskussion über Ursachen und mögliche Veränderungen der geringen Autorinnen-Quote in ak

Von der ak-Redaktion

Schon fast euphorisch heißt es in der Broschüre »Frauen in Deutschland« des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dass Frauen in den Medien als Show- und Quizmasterinnen »signifikant auf dem Vormarsch« seien. Eine solche Feststellung wäre lustig, wenn, ja wenn die Gesamtsituation nicht zum Himmel schreien würde. So wurde es um eine Initiative, in den Chefredaktionen deutscher Zeitungen eine Frauenquote einzuführen, recht schnell still, obwohl zuvor eine Quote in deutschen Unternehmen meist positiv diskutiert worden war. Nur zwei Prozent aller ChefredakteurInnen sind Frauen. Eine Untersuchung zu den Leitartikeln zeigt ähnliches: Keine 20 Prozent der meinungsmachenden Artikel auf Seite 1 sind von Frauen geschrieben - die Quote schwankt jedoch stark (FAZ: fünf Prozent; taz: 52 Prozent).

Leider sieht es auch bei ak nicht besser aus. Zwar ist die Redaktion fast paritätisch besetzt (3w/4m), aber die Autorinnenquote liegt oft nur zwischen zehn und 20 Prozent. Grund genug, über Ursachen dieser Schieflage, Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Veränderung nachzudenken.

Wir sind uns bewusst, dass wir im folgenden sehr essenzialisierend über Geschlechterverhältnisse schreiben und uns ausschließlich im Rahmen des zweigeschlechtlichen Systems bewegen. Dennoch ist für uns mit dem Abbau von Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern das Ziel verbunden, dass die Kategorien Mann und Frau irgendwann bedeutungslos werden.

Mögliche Gründe für die schlechte Frauenquote in ak

In der redaktionellen Arbeit ist eine der häufigsten Fragen: »Und wer könnte dazu etwas schreiben?« Schnell ist man dabei, Autoren zu sammeln. Die Namen möglicher Autorinnen fallen weniger schnell. Auch wenn Einzelne sich in dieser Frage anstrengen, bleibt das Problem bestehen. Die Schieflage ist keine bloße Willensfrage, sondern ein strukturelles Problem.

Hier zeigt sich auch die Funktionsweise eines Klassikers, des »old boys' network«. Wer kennt und bezieht sich auf wen? Wer wird für was anerkannt, einbezogen und ernst genommen? Wer sonnt sich in der Strahlkraft von wem? Allein die Beantwortung dieser Fragen würde männliche Referenzstrukturen offenlegen, die ständig bedient werden. Auch Redakteurinnen fallen daher oft mehr männliche Autoren ein, weil diese einfach präsenter sind. Darüber hinaus trauen sich Männer tendenziell eher, zu lange oder halbgare Texte abzugeben bzw. anzubieten. Sie haben ja schließlich etwas zu sagen. Sie können deshalb weniger Zeit auf Artikel verwenden, sagen bei Anfragen schneller zu, reichen gerne etwas ein.

Auch weil nachweislich nach wie vor mehr Reproduktionsarbeit an Frauen »hängen bleibt«, haben viele Frauen weniger Zeit fürs Artikelschreiben - besonders dann, wenn es nach Feierabend passiert, weil ak keine Honorare zahlt. Frauen müssen außerdem mehr Zeit und Energie darauf verwenden, einen angemessenen Job zu bekommen - Zeit, die für das Verfassen von Artikeln fehlt.

Frauen sind also immer mit zwei Schwierigkeiten konfrontiert: Sie müssen sich »ins Gespräch bringen« und zugleich die Strukturen, die diesen Ausschluss produzieren, selbst verändern. Eine Strategie sind eigene Netzwerke von Frauen, um männlicher Hegemonie etwas entgegenzusetzen. Beispiele hierfür sind das Missy Magazine, das vor allem Autorinnen ein Forum bietet, oder die gut vernetzte (feministische) Bloggerinnenszene.

An solchen Orten haben Frauen offensichtlich eher das Gefühl, dass sie einen »Platz« haben und dass »ihre« Themen angesprochen werden. Bei klassischen »Polit-Zirkeln«, in denen männliches Redeverhalten dominiert, fühlen sie sich hingegen oft ausgeschlossen.

Ähnliches trifft auch auf ak zu und spiegelt sich in der Art und Weise wider, wie und welche Themen meist angegangen werden: Die Texte sind oft aus einer scheinbar allwissenden Expertenposition heraus geschrieben. Gerade Bewegungslinke sind häufig stark in Kampagnen involviert, für die dann in ak geworben wird - für eine kritische Selbstreflexion und Zweifel ist da oft wenig Zeit. Schließlich will »man« sich nicht angreifbar machen. Ein »Ich« kommt daher eher selten vor.

Auch wenn es sicherlich zu fast allen Themen kompetente Autorinnen gibt, ist zugleich auffällig, dass Themen sehr ungleich bearbeitet werden. Bei bestimmten Themen sind Frauen unterrepräsentiert; es ist daher schwieriger, Autorinnen für diese Themen zu finden. Somit läuft die redaktionelle Arbeit immer auch Gefahr, die Themenzuschreibung entlang bekannter Muster zu reproduzieren, etwa wenn fast immer Männer über Wirtschaft und Frauen über Genderthemen schreiben.

Um dieser Rollenverteilung entgegen zu wirken, wäre es also wichtig, dass insbesondere auch männliche Autoren sich feministische Perspektiven erarbeiten und in ihren jeweiligen Themengebieten als Standardperspektive aufnehmen. Damit würden Frauen auch davon entlastet, ewig das Genderthema bedienen zu müssen, weil es sonst mal wieder nicht erwähnt wird.

Die nächsten Schritte

Was kann ak tun, um den Anteil der Autorinnen in der Zeitung zu heben? Folgende »Maßnahmen« haben wir diskutiert und werden wir umsetzen:

- offensiv dafür werben, dass Frauen ihre Texte und Themen anbieten und bei uns schreiben

- ein Netzwerk von (möglichen) Autorinnen und/oder Expertinnen aufbauen, die ansprechbar sind für Autorinnentipps etc.

- feministische Perspektiven in der Zeitung allgemein stärken, ohne deren Bearbeitung immer nur Frauen zuzuschieben - z.B. indem wir unsere AutorInnen gezielter danach fragen und diesen Aspekt bei der Heftplanung mehr mitdenken

- der Vorteil einer Monatszeitung ist, dass es mehr Spielraum für langfristige Planungen gibt; oft dauert es länger, bis wir zu bestimmten Themen Autorinnen finden - diese Zeit können wir uns aber auch nehmen

- statt immer nur mit den Themenvorschlägen der Redaktion an Autorinnen heranzutreten, drehen wir das Procedere um und fragen unsere potenziellen Autorinnen: Was sind eure Themen?

- Wir werden ab der kommenden Ausgabe eine Quote von (zunächst) 25 Prozent einführen, die auch Konsequenzen hat. Das heißt, dass mindestens acht Seiten der Zeitung von Autorinnen »gefüllt« werden müssen - legt man 30 Seiten Text als Berechnungsgrundlage an (aufgrund von Anzeigen, Bildern und Randspalten). Wenn dies nicht erreicht wird, bleiben Seiten leer und werden mit der Aufschrift »Frauenquote verfehlt« versehen.

Diese Schritte wollen wir nach der Sommerpause angehen und in einigen Monaten eine erste Auswertung vornehmen. Darüber hinaus möchten wir aber auch mit euch, unseren LeserInnen und AutorInnen, ins Gespräch kommen: Wie nehmt ihr die genannten Aspekte in ak wahr? Ist eine Frauenquote geeignet, um das Problem anzugehen? Wir freuen uns über Rückmeldungen und Kommentare dazu.