Ohne NPD ist das Leben schöner
Deutschland Die Diskussion um ein Verbot ist vor allem eine Beruhigungspille
Vor zehn Jahren war es der vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgerufene »Aufstand der Anständigen«, der eine breite Diskussion um ein Verbot der NPD in Gang setzte und schließlich zu dem ersten Verbotsantrag führte. Der Staat wollte beweisen, wie ernst es ihm ist mit dem »Kampf gegen Rechts«.
Seit einem Jahr wird wieder verstärkt über ein Verbot der Neonazipartei diskutiert. Auslöser war das Bekanntwerden der Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Dass man angesichts dessen rigoros gegen Neonazis vorgehen möchte, ist nachvollziehbar und zunächst auch begrüßenswert. Viel zu lange waren beispielsweise die Warnungen von versierten AntifaschistInnen ignoriert worden. Die Frage bleibt jedoch, warum ausgerechnet ein Verbot dieser Partei helfen soll, das Problem Neonazismus in den Griff zu kriegen. Zwar ist sie wichtiger Bestandteil der Neonaziszene, doch eine kraftvolle Partei sieht wahrlich anders aus. (Siehe Seite 23)
Ein Verbot würde der Neonaziszene zunächst einmal Probleme bereiten. Das wäre gut. Es wäre unter Umständen schwieriger, Versammlungen und Veranstaltungen anzumelden. Und vor allem würden die 1,3 Millionen Euro Parteienfinanzierung wegfallen. Vielmehr spricht allerdings nicht dafür: Nazis hören nicht auf, Nazis zu sein, wenn man ihre Organisationen verbietet. Es waren die Verbote von Nazigruppierungen in den 1990er Jahren, die die NPD erst zu dem gemacht haben, was sie heute ist: ein Sammelbecken für das gesamte extrem rechte Spektrum.
Unter denen, die ein Verbot ablehnen, sind zum einen jene, die der Meinung sind, eine »starke Demokratie« müsse eine Partei wie die NPD aushalten können. Und zum anderen sind dort die, die genau dieses Verbotsverfahren ablehnen, weil sie befürchten, es könnte scheitern.
Ganz unbegründet ist diese Sorge nicht. Zwar gibt es eine Materialsammlung mit über 1.000 Seiten aus öffentlichen Quellen. Doch ob diese ausreicht, um der NPD eine »aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung« nachzuweisen, ist ungewiss. Auch hat die NPD bereits angekündigt, ein Verbot juristisch anzufechten. Ein Scheitern des Antrags wäre vor allem eins: extrem peinlich für die hohe Politik. Für Linke sind Verbote - ähnlich wie Gesetzesverschärfungen - immer so eine Sache: Oft genug wurden solche Maßnahmen irgendwann auch gegen Links angewendet. Der Ruf nach sicherheitspolitischen Lösungen sollte einen immer auch skeptisch machen.
Der Durchbruch im Kampf gegen Rechts wird ein Verbot sicherlich nicht sein, auch wenn »keine NPD« ein Problem weniger ist. Doch die Selbstvergewisserung, man habe ja schließlich was getan gegen Nazis, nervt schon jetzt. Man könnte sich wirklich langsam mal drängenderen Fragen zuwenden. Gerade in puncto Rassismus, Neonazis oder auch Verfassungsschutz.
Maike Zimmermann