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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 588 / 19.11.2013

FAQ. Noch Fragen?

Mietpreisbremse für alle?

Wohnen wird in Deutschland immer teurer. Immobilienpreise steigen und mit ihnen der Preis für die Nutzung der Immobilie, die Miete. Für GrundeigentümerInnen und InvestorInnen ist das lukrativ. Der Rest der Bevölkerung bekommt diese Entwicklung als Wohnungsnot zu spüren. Der Anteil der Miete an den monatlichen Ausgaben wächst rasant, 250.000 Wohnungslose gibt es schon in Deutschland und »das alternative Lebensmodell Wagenburg wird für immer mehr Menschen interessant.« (Süddeutsche Zeitung, 6.11.2013) Auf diesen Trend zur Verarmung der Wohnenden reagiert die neue Regierung: Sie plant eine »Mietpreisbremse«. Was bringt das?

Steigende Mieten wären kein Problem - wenn mit ihnen die Einkommen steigen würden. Doch das geschieht nicht. Die Reallöhne in Deutschland sind im Durchschnitt kaum so hoch wie im Jahr 2000, der Niedriglohnsektor breitet sich aus, zum Wohle der deutschen Wettbewerbsfähigkeit. Während die Miete sicher am Monatsanfang fällig wird, werden die Einkommen der Menschen immer unsicherer. Folge ist ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Also müssten mehr Wohnungen gebaut werden. Zuständig hierfür ist jedoch das private Kapital, und das will Rendite sehen.

Gesetzliche Mietobergrenzen gelten daher als schädlich. Das sieht nicht nur die Immobilienwirtschaft so. Auch die Bundesbank ist »gegen eine Begrenzung von Mietsteigerungen«, denn »der Bau von Mehrfamilienhäusern werde nur dann weiter kräftig ansteigen, wenn Investoren in der Vermietung von Wohnraum genug Renditepotenzial erkennen könnten«. (Bundesbank, Monatsbericht Oktober 2013) Die gestiegenen Immobilienpreise sind aus dieser Perspektive wiederum ein Grund für noch höhere Mieten: »Hohe Grundstückspreise und Baukosten machen Projekte nur rentabel, wenn die Unternehmen anschließend vernünftige Mieten verlangen dürfen«, Rudolf Stürzer, Vorsitzender des Hausbesitzervereins München. (Süddeutsche Zeitung, 6.11.2013)

CDU und SPD haben daher ein »Paket für bezahlbares Wohnen und Bauen« geschnürt, das diese Widersprüche versöhnen soll. Kernstück ist eine Mietpreisbremse: Bestandsmieten sollen künftig »nur noch« um maximal 15 Prozent innerhalb von vier (bisher: drei) Jahren steigen dürfen. Bei Neuvermietungen darf die Miete maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen. Diese Regelung ist auf fünf Jahre befristet. Ob sie angewandt wird, dürfen die Bundesländer selbst entscheiden.

Mit diesen Plänen »zeigte sich die Immobilienwirtschaft zufrieden« (dpa, 5.11.2013), und das sagt eigentlich schon alles. Klar ist, dass Wohnen künftig nicht billiger wird. Nur langsamer teurer. Allerdings immer noch viel zu schnell. Das weiß man auch bei Boulevardsender RTL: »15 Prozent in vier Jahren - wer bekommt schon innerhalb von vier Jahren 15 Prozent Lohnerhöhung? Also wird der Anteil der Miete an den Ausgaben weiter steigen ... Außerdem bleibt es erlaubt, einen Mietpreis zu kassieren, der zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegt. Welcher Normalsterbliche kann sich das leisten?« Denn das »ortsübliche« Niveau steigt flott weiter. Schließlich werden für die Berechnung des Mietspiegels nur die Mietverträge der vergangenen vier Jahre berücksichtigt - und nicht die meist viel günstigeren Alt-Verträge.

Neben der Mietpreisbremse sollen künftig die Kosten für energetische Sanierung nur noch zu zehn Prozent auf die Mieter umgelegt werden können. »Die Senkung der Mietumlagen bei Energie-Sanierungen von elf auf zehn Prozent ist eher lächerlich.« (Tagesspiegel, 6.11.2013). Außerdem soll das Kapital mit besseren steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten zum Wohnungsbau animiert werden. Damit subventionieren die SteuerzahlerInnen die Renditen der Immobilienwirtschaft. Und schließlich sollen in Zukunft die VermieterInnen die Maklergebühren bezahlen, wenn sie Makler beauftragen. Das bringt MieterInnen auch nicht viel, denn »wahrscheinlich werden die Vermieter die Gebühr in die Miete einpreisen.« (Süddeutsche Zeitung, 6.11.2013)

Wer profitiert also von den Neuerungen? Die GrundeigentümerInnen, deren Renditen weiter steigen dürfen. Und: der Staat, der zwar kurzfristig auf Steuereinnahmen verzichtet. Langfristig aber »rechnet sich das für den Staat«, da »Investitionen in den Wohnungsbau ein Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft sind«, Bauminister Peter Raumsauer (CDU). (dpa 5.11.2013) Und wer eine Wohnung bloß zum Wohnen braucht, der kann sich damit trösten, dass es »bei den Mieten immerhin nicht mehr diese extremen Auswüchse geben wird«, so die Chefin Mietervereins Beatrix Zurek. (Süddeutsche Zeitung, 6.11.2013) Den Kampf um bezahlbaren Wohnraum kann man eben nicht den Regierenden überlassen.

Nick Sinakuscht