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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 599 / 18.11.2014

Aufgeblättert

Pornografie

Das Verhältnis der gesellschaftlichen Linken zu Pornografie ist seit jeher spannungsgeladen, und die feministische Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex ist gekennzeichnet von heftigen Auseinandersetzungen. Die beiden Bände des Feminist Porn Book konfrontieren die LeserInnen mit Einsichten, die die »eingefahrenen sexuellen Denk- und Verhaltensmuster« durchaus aufbrechen. Gerade deshalb sind sie empfehlenswert. Thematisiert werden u.a. Fragen der Produktion und des Konsums feministischer Pornografie sowie die Art und Weise der Darstellung. Beteiligte KünstlerInnen, AkademikerInnen, ProduzentInnen und DarstellerInnen schildern ihre »komplexen Erfahrungen« und reflektieren dabei die eigene, durchaus widersprüchliche Positionierung und Eingebundenheit. Die Texte sind durchweg autobiografisch verfasst und erheben keinesfalls den Anspruch, allgemeingültig zu sein. »Festgefahrene, polarisierende Zweiteilungen« etwa in »AkademikerInnen und SexarbeiterInnen« und »PornografInnen und Feministinnen« werden dabei ganz im Sinne der Herausgeberinnen hinterfragt und aufgebrochen. Auch Rand- und Minderheitenpositionen werden selbstbewusst dargestellt. So wird mehrfach kritisiert, wie im Mainstreamporno »Rassen exotisiert, fetischisiert und auf sehr bestimmte Art modifiziert werden«. Die hier zu Worte kommenden DarstellerInnen gehen ihrem Beruf sehr bewusst nach.

Sebastian Klauke

Tristan Taormino et al. (Hg.): The Feminist Porn Book Band 1. Strategien der Lusterzeugung, Louisoder Verlag, München 2014, 240 Seiten; 14, 95 EUR. Band 2. Die Kunst, Lust zu vermitteln. 230 Seiten, 14,95 EUR.

Die KPD der 1920er

Das Netzwerk Marx21, ein Zusammenschluss innerhalb der Linkspartei, hat einen Sammelband zur frühen Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands herausgegeben. Seit Anfang der 1920er Jahre existierte mit der KPD eine revolutionäre Kraft mit mehreren Hunderttausend Mitgliedern und Millionen WählerInnen. In dem Sammelband »Best of KPD« sind 13 Beiträge zusammengefasst. Deutlich wird, dass die KPD in jungen Jahren von tumultartigen Diskussionen, Debatten und Kontroversen geprägt war. Positionen zu wichtigen Fragen wurden im Verlauf längerer Kontroversen entwickelt und teilweise auch schnell wieder verworfen. Die Zusammensetzung der Parteiführung änderte sich fortwährend. Erst später wurde die Partei »zunehmend undemokratisch« und geriet in immer stärkere Abhängigkeit von der Sowjetunion. Ausführlich wird die Strategie der Einheitsfront beschrieben. Die Partei hatte die Arbeiterrevolution zum Ziel, die Mehrheit der Werktätigen unterstützte jedoch weiterhin die SPD. Weitere Artikel befassen sich mit der Frauenpolitik der KPD und der »publizistischen Pionierarbeit« der Arbeiter-Illustrierten Zeitung. Die HerausgeberInnen konnten Bernd Riexinger, den Vorsitzenden der Linkspartei, für ein Gespräch gewinnen. Er betont, dass ein moderner Begriff von Einheitsfront für die Linke bedeutet, »im Bündnis mit anderen gesellschaftlichen Kräften für eine Veränderung der Gesellschaft Kämpfe und Auseinandersetzungen organisieren zu müssen.«

Florian Osuch

Marx21 (Hg.): Best of KPD. Linke Organisierung damals und heute. Edition Aurora, Reihe theorie21, Berlin 2014. 338 Seiten, 6,50 EUR.

It's Trust!

Das Fanzine Trust ist eine der ältesten Musikzeitschriften für den Bereich Punk, Hardcore und Underground. Seit 1986 werden hier Platten besprochen und Interviews mit bekannten oder weniger bekannten Bands geführt. Außerdem gibt es immer auch Hintergrundartikel zu verschiedenen Themen. Trust begreift sich als politisches Fanzine - das merkt man schon beim Aufschlagen des Hefts. In der Ausgabe Oktober/November geht es beispielsweise um Konsumkritik und vegane Ernährungsweise: Warum nämlich Vorzeige-Veganer Attila Hildmann gar nicht so cool ist, wenn er Veganismus als Weg zum perfekten Körper anpreist; oder warum Freeganismus weit mehr ist als eine Ernährungsweise. Ein Rundumschlag mit einer nicht immer stringenten Argumentation und einer gehörigen Portion erhobener Zeigefinger - aber hey! Das ist ein Fanzine und kein Polit- oder Theorieblatt. Auch mit den AutorInnen des Buches »Antifa: Geschichte und Organisierung« wird gesprochen. Darüber, ob die Göttinger Gruppe Antifa (M) eine von zwei »Hauptinstitutionen« der Antifaszene war, lässt sich zwar sicherlich streiten. Aber das Interview einzuleiten mit Songtexten von Los Fastidios, Fischmob und den Goldenen Zitronen, ist eine schöne Idee, um ein Schlaglicht auf das Verhältnis von linker Subkultur und Antifabewegung zu werfen. Ansonsten ein Fachblatt, mit dem wohl hauptsächlich jene etwas anfangen können, die diese Art von Musik lieben. Mit Trust kann man sich einen interessanten D.I.Y.-Punk-Lesenachmittag machen.

Mathilda Keller

Trust Nr. 168/05 Oktober/November, 2,50 EUR, www.trust-zine.de

Worker Centers

Martina Benz untersucht die Rolle von Worker Centers »als hybride Organisationen zwischen Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und NGO« im Kontext der Migrations- und Sozialpolitik in den USA. In drei Teilstudien analysiert sie Worker Centers in Gastronomie und Einzelhandel und die Organisierung migrantischer Hausarbeiterinnen in New York sowie die Organisierung von TagelöhnerInnen in Los Angeles. Dabei gelingt es ihr, die spezifischen Strategien und Probleme der Kämpfe herauszuarbeiten. Worker Centers sind bereits in den 1970er Jahren als Selbstorganisierung prekärer ArbeiterInnen in den USA entstanden. Sie schaffen eine »Verbindung von Beratung, Bildung und Organisierung«, wobei die Kämpfe um Arbeit verknüpft werden mit denen um die Rechte von MigrantInnen und People of Color, um Bildung, Wohnen und Stadteilpolitik. Dabei ist die Entstehung der Worker Centers auch eine Antwort auf die Krise der Gewerkschaften. Benz diskutiert hier die Potenziale sowie die Grenzen dieses Modells, wie etwa die Probleme überwiegend rechtebasierter Politiken. Im Gegensatz zur Debatte um Organizing zeigt die Analyse von Worker Centers eine neue Form von Arbeitskämpfen im Postfordismus, die bisher in Deutschland kaum aufgenommen wurde. Von der politischen Praxis der Worker Centers könnte dabei viel für die (Selbst-)Organisierung von Betroffenen gelernt werden, insbesondere die Mobilisierung von migrantischen ArbeiterInnen.

Helge Schwiertz

Martina Benz: Zwischen Migration und Arbeit. Worker Centers und die Organisierung prekär und informell Beschäftigter in den USA. Westfälisches Dampfboot, Münster 2014, 272 Seiten, 29,90 EUR.