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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 600 / 16.12.2014

Zahlen- und Zauberwerk

Diskussion 600-mal ist ak erschienen. Was sagt man dazu?

Von der ak-Redaktion

Von der Nummer 13 im Jahr 1971 (die erste offizielle Ausgabe des »Arbeiterkampf«) bis zur Nummer 600 von ak - analyse & kritik im Dezember 2014 sind circa 26.000 Seiten Papier bedruckt worden. Höchstwahrscheinlich 59 Redakteur_innen waren über die Zeit in die Erstellung von ak involviert, und wenn wir all unsere »Abonnent_innen« zusammenzählen (1), kommen wir ganz sicher auf 100.000. Verteilt über einen Zeitraum von 43 Jahren.

Anstatt über die Entwicklung dieser 43 Jahre zu sprechen, konzentrieren wir uns hier auf die letzten drei. Für die ak-Redaktion markiert das Jahr 2011 einen Einschnitt, und das in mehrfacher Hinsicht. Nicht nur dass die Umwälzungen in zahlreichen arabischen Ländern und neue Protestbewegungen in der ganzen Welt die ak-Berichterstattung herausgefordert haben. Auch intern war 2011 ein Jahr großer Veränderung. Wir haben lange darüber diskutiert, wie die Zukunft von ak aussehen kann, einem Projekt zwischen den Generationen, und für wen und wofür wir die Zeitung eigentlich machen (wo es doch längst das Internet gibt). Herausgekommen ist Ende 2011 eine Rundumerneuerung unseres Layouts, der größte sichtbare Umbruch der letzten Jahrzehnte. Wir haben die Zeitung in vier thematische »Bücher« aufgeteilt (Politik, Bewegung, Thema und Gesellschaft) und damit die Hoffnung verbunden, auch inhaltlich voranzukommen. Programmatisch erklärten wir in ak 566, der ersten Ausgabe im neuen Look: »Unsere Zeitung ... soll diejenigen Bewegungen unterstützen und Teil der Bewegung sein, die die Verhältnisse zum Tanzen bringen, sie soll einen Gebrauchswert für politisch aktive Linke haben.«

Diesen Anspruch konnten wir zumindest in Teilen einlösen. Wir haben unsere Abozahl seither um fast 900 gesteigert (von gut 2.000 bei der Umstellung im November 2011 auf knapp 2.900 am Ende dieses Jahres). Wir erhalten mehr Resonanz auf unsere Artikel (heißt: sie werden öfter angeklickt, und wir bekommen mehr Leserbriefe und Repliken), und wir stellen fest, dass ak 25 Jahre nach dem Mauerfall nun auch im Osten Deutschlands gelesen wird (siehe unten). Einige Debatten, die wir in den letzten Jahren in der Zeitung geführt haben, sind weit über unser eigenes politisches Milieu hinaus auf Interesse gestoßen. Das gilt insbesondere für die ak-Artikel über eine emanzipatorische Sprachpraxis, Rassismus und Repräsentation bzw. Critical Whiteness (die mit Abstand meistgelesenen Artikel unserer jüngeren Geschichte), aber auch für Beiträge zur feministischen Debatte, zu geschichtspolitischen Fragen und zur Netzpolitik.

Auch die Umbrüche in der linken Bewegung bekommen wir zu spüren: ak ist nun nicht mehr exklusiv bei Bewegungsapologet_innen beliebt, auch parteinahe Linke und Skeptiker_innen mit kritischem Theoriehintergrund schauen öfter mal in unser Blatt. Darüber freuen wir uns.

Zwei weitere erfreuliche Entwicklungen: In Wien hat sich vor einigen Jahren ein Kreis der Freund*innen der analyse & kritik Wien (akw) zusammengetan, der sich sowohl redaktionell als auch bei der Verbreitung von ak in Österreich engagiert - und damit die Zeitung bereichert. (Siehe Kasten) Und seit der Einführung einer Frauenquote im Sommer 2012 (inzwischen müssen mindestens 30 Prozent des ak Textvolumens von Autorinnen gefüllt werden) konnten wir auch die Dominanz männlicher Stimmen in ak zumindest eindämmen. Hier stehen wir besser da als viele andere linke Publikationen.

Aber es gibt nach wie vor große Baustellen: Beim Generationenwechsel sind wir auf halber Strecke stehengeblieben - auch weil wir die Frage der ökonomischen Basis von ak bisher nicht lösen konnten. Immer wieder werden die personellen und kreativen Ressourcen unseres Projekts arg strapaziert.

Derweil könnte der Bedarf an Analyse, Kritik und politischer Intervention kaum größer sein. Die Krise hat sich tief in den Alltagsverstand der Europäer_innen gefressen. Auf den verschärften Klassenkampf von oben gibt es noch keine überzeugende linke Antwort. Immer verzweifeltere Kämpfe um grundlegende soziale Rechte sind die Folge. In Deutschland werden diese Kämpfe derzeit vor allem von Flüchtlingen geführt. Doch auch der rechtschauvinistische Block der Flüchtlings- und Islamhasser_innen traut sich wieder auf die Straße. Auch in anderen europäischen Ländern gedeihen Rassismus und Menschenverachtung (Frankreich, Griechenland, Schweden ...) - oder ihre religiös verbrämte Spielart, die die Ausgegrenzten Europas in die Reihen des militanten Islamismus treibt.

In dieser Situation entsteht leicht das Gefühl, immer einen Schritt zu spät zu sein, wichtige Entwicklungen nicht schnell und gründlich genug zu analysieren und bei der Diskussion von Gegenkonzepten hoffnungslos im Hintertreffen zu sein. So viele Fragen, auf die wir noch keine Antwort haben: Wie kann ein solidarisches Leben in den Städten, in dem alle einen Platz haben, erkämpft werden? Wie könnten neue, internationalistische Bündnisse aussehen? Was gebietet dem erstarkenden Hass auf alles Abweichende Einhalt?

Um hier weiterzukommen, brauchen wir wie immer eure Hilfe. Wer sonst sollte unseren Horizont erweitern, unerwartete Verbindungen herstellen und überraschende Schlüsse ziehen? Zum Schluss eine Nachricht, die optimistisch stimmt: Die nächsten 99 ak-Ausgaben werden mit einer 6 beginnen. Die Wissenschaft der Numerologie weiß: Die Zahl 6 repräsentiert das Gleichgewicht und die Vollkommenheit! In diesem Sinne hoffen wir auf neues Gleichgewicht bei Abozahlen und Finanzen - und auf vollkommen neue Themen, Artikel und Leser_innen.

Anmerkung:

1) In den Anfangsjahren gab es keine Abos im herkömmlichen Sinne, aber die Zeitung wurde im Drückerkolonnenstil an Dauerleser_innen verkauft, das zählt mit.

Happy Freundschaft aus Wien!

In Österreich gibt es viele historische Anknüpfungspunkte für linke Bewegungen: die Vergesellschaftung des Wohnbaus im Roten Wien, der erste bewaffnete Aufstand gegen den Faschismus, auch die Atomkraft konnte hier nie Fuß fassen. Und wenn Unis besetzt werden, brennen sie mitunter gleich. Aber mit der ihnen eigene Strenge zählt das mitunter nicht viel bei unseren deutschen Genoss_innen: Unser Sprachgebrauch ist ihnen nicht recht - unser Jänner wird in den Januar umgedichtet, Abfallberater_innen werden zu »Mülltrenners« - , unsere Themen sind immer wieder zu »spezifisch«, und wir werden auch noch als »Alpenländler« exotisiert und auf unser Essen reduziert (Mannerschnitten und Tresniewski lassen grüßen). Nun gut, da muss man durch. Trotzdem haben wir die ak lieb. Und mit der linken Medienlandschaft in Österreich ist es ja auch nicht zum Besten bestellt. Daher sind wir stolz darauf, dass wir seit dem Start unseres Freund*innenprojekts in Wien die Abozahlen mehr als verdoppeln konnten. Und da ist noch Luft nach oben. Daher: Happy Birthday ak und »Freundschaft« aus Wien!

Freund*innen der analyse & kritik, Wien (akw)