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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 606 / 16.6.2015

Mit Hammer und Schwert

Rechte Mit der Partei Der Dritte Weg ist eine dritte ernstzunehmende neonazistische Partei neben der NPD und der Partei Die Rechte auf den Plan getreten

Von Maike Zimmermann

Die gute Nachricht zuerst: Die Zeit der neonazistischen Großaufmärsche wie bis 2010 zum 13. Februar in Dresden mit mehreren Tausend Teilnehmer_innen scheint endlich vorbei zu sein. Mittlerweile gehören Aufmärsche wie jener zum sogenannten Tag der deutschen Zukunft zu den größten jährlichen Veranstaltungen dieser Art in der Bundesrepublik. Rund 600 Neonazis marschierten zu diesem Anlass am 6. Juni durch Neuruppin in Brandenburg. Weit kamen sie nicht: Mehrere Hundert Antifaschist_innen blockierten noch vor Ankunft der Neonazis wichtige Punkte der geplanten Aufmarschroute.

»Unser Signal gegen Überfremdung« lautete das Motto dieser zutiefst rassistischen Veranstaltung. Einer der extrem rechten Redner_innen: Maik Eminger, der Zwillingsbruder von André Eminger, welcher sich zur Zeit als Angeklagter beim Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) in München verantworten muss. Sein Bruder Maik ist in Brandenburg führende Kraft der Partei Der Dritte Weg. Seit gut einem Jahr versucht die relativ neue Partei in verschiedenen Bundesländern Fuß zu fassen.

In ihr sammeln sich sowohl ehemalige NPD-Mitglieder als auch Neonazis aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften. Nicht nur wegen des drohenden Verbots laufen der NPD die Mitglieder davon. Kritik gibt es aus den Reihen der extremen Rechten immer wieder an der strategischen Ausrichtung: zu lasch, zu machtbesessen, zu anbiedernd an den politischen Mainstream. Zwar versuchte die NPD solchen Stimmen mit dem »Kampf um den organisierten Willen« vor gut zehn Jahren entgegenzuwirken, doch ist dieser »Kampf« offensichtlich gescheitert. Hinzu kommt eine verstärkte staatliche Repression seit dem Auffliegen des NSU. So hat der Nationale Widerstand Dortmund kurz nach dessen Verbot im Jahr 2012 den Landesverband der Partei Die Rechte um Christian Worch übernommen. Die Rechte wird im Übrigen auch den nächsten »Tag der deutschen Zukunft« in Dortmund ausrichten.

Man gibt sich »nationalrevolutionär«

Aber zurück zum Dritten Weg. Am Anfang stand auch hier ein Richtungsstreit in der rheinland-pfälzischen NPD, woraufhin der damalige NPDler Klaus Armstroff die Partei im September 2013 gründete. Laut ihrem Zehn-Punkte-Programm sei das Ziel der Partei die »Schaffung eines Deutschen Sozialismus, fernab von ausbeuterischem Kapitalismus wie gleichmacherischem Kommunismus«. Man gibt sich »nationalrevolutionär« mit historischen Anleihen an den »linken« Flügel der NSPDAP um die Brüder Otto und Gregor Strasser. Wirklich neu ist das nicht, schon seit den 1990er Jahren finden sich solche Ansätze immer wieder vor allem bei sogenannten Freien Kameradschaften. Und auch ein Symbol taucht in diesem Zusammenhang wiederholt auf: Hammer und Schwert. Als Zeichen für die »Volksgemeinschaft aus Arbeitern und Soldaten« wurde es von der Schwarzen Front um Otto Strasser genutzt. Später verwendete unter anderem das Freie Netz Süd (FNS) das Hammer-und-Schwert-Symbol, umrahmt von einem Zahnrad. Mittlerweile hat es die Partei Der Dritte Weg in fast identischer Form übernommen. Zufall? Wohl kaum. Auch das FNS - über Jahre die wichtigste neonazistische Gruppierung in Bayern - entstand durch Streitigkeiten innerhalb der NPD und wurde 2009 unter anderem durch frühere Mitglieder der 2004 verbotenen Fränkischen Aktionsfront gegründet.

Im April 2012 forderte der Bayerische Landtag auf Antrag der SPD einstimmig das Verbot des FNS. Mehr als ein Jahr später, im Sommer 2013, wurden 70 Wohnungen und Firmen führender FNS-Kader durchsucht. Doch es dauerte ein weiteres Jahr, bis das bayerische Innenministerium das Neonazinetzwerk im Sommer 2014 verbot. Die Neonazis waren also doppelt vorgewarnt und hatten vor allem genügend Zeit, um sich auf das Verbot vorzubereiten.

»Der Nationale Widerstand«, hieß es im Oktober 2013 auf der Website des FNS, habe mit der Partei Der Dritte Weg eine neue Chance gewonnen, um »im Verbund mit freien Nationalisten auch in Zukunft, fernab der Abzockermentalität der Nationaldemokraten, gemeinsam entschlossen für die Freiheit Deutschlands zu kämpfen«. Im November sprach FNS-Führungskader Tony Gentsch auf einer Demonstration gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Greiz als Vertreter des Dritten Wegs, ab Ende April 2014 aktualisierte das FNS seine Website nicht mehr, bei ihrem Aufmarsch zum 1. Mai im sächsischen Plauen wurde dann die Zusammenarbeit mit dem Dritten Weg offiziell nach außen gekehrt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits erste »Stützpunkte« der Partei in Bayern gegründet, so in Hof, Nürnberg und München. Im Rahmen der Gründungsveranstaltungen erläuterte Matthias Fischer aus Fürth das Zehn-Punkte-Programm der Partei.

Fischer gehörte schon zum Führungskreis der Fränkischen Aktionsfront, sein Name tauchte in dem Telefonbuch von Uwe Mundlos auf, als Kontaktperson des NSU für Nürnberg. Mit Tony Gentsch betrieb er bis zum FNS-Verbot den Onlineversand Final Resistance mit Sitz im fränkischen Oberprex. Im Zuge des Verbots konfiszierte das bayerische Innenministerium das Grundstück, auf dem Gentsch auch seinen Wohnsitz hatte. Gentsch zog daraufhin nach Plauen.

Auch Matthias Fischer hat Bayern mittlerweile verlassen und lebt heute in Angermünde in Brandenburg. Er war auch beim diesjährigen »Tag der deutschen Zukunft« in Neuruppin mit von der Partie. Zuvor, am 1. Mai, gab Fischer bei einem Aufmarsch des Dritten Wegs im thüringischen Saalfeld vom Lautsprecherwagen aus Anweisungen an die rund 600 Teilnehmer_innen. Es war die größte der diesjährigen Neonaziveranstaltungen zum 1. Mai, es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und Übergriffen auf Gegendemonstrant_innen.

Der Dritte Weg expandiert

Mit der Partei Der Dritte Weg bot sich dem FNS nicht nur die Möglichkeit, sich bereits vor dem Verbot komplett in eine legale Struktur zu integrieren. Der Einflussbereich wurde darüber hinaus deutlich erweitert. Heute gibt es 14 »Stützpunkte«, in Bayern, Hessen, Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Berlin und Rheinland-Pfalz. Thematischer Schwerpunkt ist der »Asylmissbrauch«. So werden regelmäßig in verschiedenen Städten Flugblätter verteilt, die vor der »Asylantenflut« oder dem »drohenden Volkstod« warnen. Auf der Website der Partei findet sich zudem ein »Leitfaden zur Verhinderung/Behinderung bei der Errichtung« von Flüchtlingsunterkünften, um sich nach »Möglichkeiten des Widerstandes« zu erkundigen. Zusätzlich gibt es dort eine interaktive Grafik über geplante und bestehende Flüchtlingsunterkünfte in der Bundesrepublik.

Entsprechende Aktionen und Infostände gab es beispielsweise in der Vorderpfalz. In Limburgerhof bei Ludwigshafen tarnte sich Der Dritte Weg als »Bürgerinitiative Limburgerhof«, um gegen eine geplante Asylunterkunft zu protestieren. Anfang Mai brannte das Dach der Unterkunft, Anfang Juni empörte sich Der Dritte Weg über Vorladungen bei der Polizei.

Aufmärsche in NS-Ästhetik

Knallharter Rassismus ist das zentrale Thema des Dritten Wegs, als emotionaler Kitt soll daneben das gemeinsame Gedenken an »deutsche Opfer« dienen. Und hier tauchen unter anderem zwei altbekannte Orte auf: Wunsiedel und Dresden. Zum Volkstrauertag im November mobilisierte in den letzten Jahren schon das Freie Netz Süd nach Wunsiedel. Als im November 2014 Der Dritte Weg einen Aufmarsch dort anmeldete, gab es zwar die Auflage, dass der Name des Hilterstellvertreters Rudolf Heß, der dort bis zum Jahr 2011 begraben lag, nicht genannt werden durfte, trotzdem marschierten die Neonazis mit gesenkten Fahnen durch die fränkische Kleinstadt und beschlossen die Veranstaltung mit einer dem Nationalsozialismus entlehnten Totenehrung.

Im Februar 2015 marschierte Der Dritte Weg wieder durch Wunsiedel, diesmal mit Fackeln und unter dem Motto »Ein Licht für Dresden«. Unter diesem Slogan mobilisierte Der Dritte Weg auch ins tschechische Karlovy Vary (Karlsbad) und inszenierte sich in ähnlicher NS-Ästethik. Von Nutzen sind der Partei dabei sicherlich die guten Kontakte des früheren Freien Netzes Süd. So ist auch Der Dritte Weg vernetzt mit tschechischen Faschist_innen der Delnická strana sociální spravedlnosti (DSSS) und pflegt auch darüber hinaus gute Beziehungen zur ungarischen Jobbik und der griechischen Chrysi Avgi.

Die Partei Der Dritte Weg hat nicht mehr als ein paar Hundert Anhänger_innen. Und trotzdem ist sie gekennzeichnet durch einen hohen Organisierungsgrad, starken Aktivismus, aggressiven Rassismus und den Kampf für einen »Nationalen Sozialismus«. Mit der »seriösen Radikalität«, durch die die NPD versucht zu punkten, hat das sicherlich wenig gemein. Sollte es zu einem Verbot der NPD kommen, wäre sie für einige von deren Mitgliedern durchaus eine Option neben der Partei Die Rechte. Und wie man Mitglieder verbotener Organisationen mit ins Boot holt und deren Strukturen beerbt, damit kennt sich Der Dritte Weg offensichtlich recht gut aus.