Druck von rechts
Deutschland Was das Comeback von AfD und PEGIDA mit der Asylrechtsverschärfung und Seehofers Hetze zu tun hat
Von Sebastian Friedrich
PEGIDA feiert dieser Tage den ersten Geburtstag. Viele hatten die Bewegung der rassistischen Abendlandfans schon abgeschrieben, nachdem die Teilnehmerzahlen im Frühjahr stark rückläufig waren. Doch mittlerweile läuft es wieder bei PEGIDA und Co: das selbsternannte Volk. Bei den Demonstrationen der ersten beiden Oktoberwochen spazierten in Dresden jeweils knapp 10.000 Menschen mit. Auch die totgesagte AfD ist wieder da. Letztes Jahr um diese Zeit stand die Partei in Umfragen bei neun Prozent. Es folgte ein eskalierter Machtkampf, woraufhin sich im Juli die nationalneoliberale und PEGIDA-skeptische Gruppe um Bernd Lucke abspaltete. Das einstige Alphamännchen der Partei gründete die Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA).
Wie zu erwarten hat sich die AfD nach dem Abgang der Marktradikalen zu einer klassisch rechtspopulistischen Partei entwickelt, die sich auf das Thema Einwanderung konzentriert. Entsprechend läuft aktuell die Zusammenarbeit zwischen AfD und Straße besser denn je: Es muss nicht mehr gestritten werden, ob die AfD PEGIDA-Ableger unterstützt, sie organisieren direkt gemeinsam Demonstrationen, so wie am 14. Oktober in Magdeburg, wo etwa 2.000 Menschen gegen »Asylmissbrauch« und Angela Merkel marschierten. War im Winter vergangenen Jahres PEGIDA vor allem ein Phänomen, was in Sachsen massenhaft Menschen mobilisieren konnte, exportiert die AfD das Konzept nun auch erfolgreich außerhalb des Freistaats. In Erfurt fanden sich bei der von der AfD organisierten »Mittwochsdemo gegen Asylmissbrauch« sogar bis zu 8.000 Menschen zusammen. Und siehe da: Der Schulterschluss mit der Straße scheint der AfD nicht zu schaden. Die Partei steht aktuell laut Umfragen bei etwa sieben Prozent.
Das Comeback der parlamentarischen und außerparlamentarischen Verteidiger_innen des Abendlandes findet unter verschärften gesellschaftlichen und politischen Vorzeichen statt. Wurde im vergangenen Winter noch abstrakt darüber debattiert, wie, warum und ob überhaupt »die Sorgen der Menschen« ernst genommen werden sollen, sind PEGIDA, die AfD und »besorgte Bürger« jetzt Stichwortgeber_innen für Maßnahmen der Bundesregierung.
Mitte Oktober stimmten Bundestag und Bundesrat dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz zu, das Leistungskürzungen für Flüchtlinge, ein beschleunigtes Asylverfahren und eine Verschärfung von Abschieberegelungen vorsieht. Das Gesetz erklärt außerdem den Kosovo, Albanien und Mazedonien zu »sicheren Herkunftsstaaten«. Flüchtlinge aus diesen Ländern sollen in separaten Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden. Ein Maßnahmenbündel, das auch aus der Feder von ALFA oder AfD stammen könnte.
Nicht allen in der Regierung geht das weit genug: Seehofer schwadroniert von Notwehrmaßnahmen, fordert einen Aufnahmestopp und will Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze aufhalten. Die AfD profitiert wie keine andere Partei vom Streit innerhalb der Union. Dem Meinungsforschungsinstitut Forsa zufolge treibt der CSU-Chef mit seinen Vorstößen Wähler_innen am rechten Rand der Union in hohem Maße der AfD zu. In Bayern kann die AfD in Umfragen seit Wochen stark zulegen, während gleichzeitig die CSU an Zustimmung verliert.
Es mag paradox erscheinen, doch auch der Bundesregierung nützt der Druck von rechts. Auf AfD-Demonstrationen reagieren Entscheidungsträger_innen zwar pflichtgemäß mit Naserümpfen, aber letztlich dienen auch sie als Beweis für eine angeblich kippende Stimmung in der Bevölkerung, auf die mit massiven Einschnitten in das Asylrecht reagiert werden müsse. Unter Verweis auf die Hilfsbereitschaft, die nicht überstrapaziert werden dürfe, drängen Politiker_innen von CSU bis SPD auf schnelle Entscheidungen. AfD, PEGIDA und Co dürften damit seit ihrer Entstehung momentan den größten Einfluss auf die herrschende Politik haben.