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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 613 / 16.2.2016

Selbstorganisation ist unsere einzige Waffe

Aktion Ende Februar findet in Hamburg eine internationale Refugee-Konferenz statt

Interview: Nina Kullrich

Geflüchtete, Migrant_innen, Unterstützer_innen und Aktivist_innen werden vom 26. bis 28. Februar 2016 in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel zu einer selbstorganisierten internationalen Konferenz zusammenkommen. Über die Ziele der Konferenz sprach ak mit einem der Organisator_innen, Abimbola Odugbesan von der Gruppe Lampedusa in Hamburg.

Die Konferenz trägt ja den Titel »The struggle of refugees - how to go on?« Kannst du erzählen, wie die Idee zu der Konferenz entstand, undwas bisher geschah?

Abimbola Odugbesan: Als Gruppe Lampedusa in Hamburg begannen wir unseren Kampf 2013, ein Jahr später waren wir in den Refugee-Marsch nach Brüssel involviert. Dort kamen wir mit den Sans-Papiers-Bewegungen in Kontakt. Im August letzten Jahres trafen wir uns mit einigen Supporter_innen und anderen Refugee-Gruppen aus ganz Deutschland zu einer Konferenz in Hannover. Dort entstand die Idee, eine weitere, internationale Konferenz in Hamburg zu organisieren. Von Beginn an haben wir von Lampedusa in Hamburg diese Idee stark vorangetrieben. Es gibt jede Menge Unterstützer_innen und viele Refugee-Gruppen, mit denen wir die Konferenz gemeinsam organisieren. Dazu gehören das Refugee Protest Camp Hannover, Lampedusa in Berlin/Oranienplatz, Women in Exile Berlin und viele weitere Gruppen. Wir haben außerdem eine Gruppe von gehörlosen Refugees sowie eine von minderjährigen, unbegleiteten Geflüchteten dabei. Hier in Hamburg kämpfen wir zudem gemeinsam mit der selbstorganisierten Romagruppe Romano Jekipe ano Hamburg und sind in Kontakt mit einer Gruppe von afghanischen Geflüchteten aus einer Hamburger Erstaufnahmeeinrichtung. Wir versuchen unser möglichstes, um in Kontakt und Solidarität mit anderen Geflüchteten zu sein, sie zu ermutigen, sich auch selbst in Gruppen zu organisieren, denn das ist die einzige Kraft, die einzige Waffe, die wir haben, um uns in der Öffentlichkeit zu positionieren. Die Konferenz richtet sich demnach in erster Linie an Geflüchtete und Migrant_innen, aber auch an Aktivist_innen und alle »normalen« Bürger_innen, die an der gegenwärtigen Situation und den Anliegen von Geflüchteten interessiert sind, und auch ganz besonders an öffentliche Personen.

Was sind die wichtigsten Ziele der Konferenz, an welchen Themen wollt ihr arbeiten?

Ich denke, das Wichtigste ist, dass die Konferenz selbstorganisiert ist von und für Geflüchtete, und im Fokus steht die Frage, wie wir jetzt weitermachen. Die Themen und Debatten der Geflüchteten haben sich im Vergleich zu vor einem Jahr verändert, und wir denken, es ist wirklich wichtig, dass wir zusammenkommen, international, national und lokal, um zu besprechen, wie wir mit all diesen schwierigen Fragen umgehen, wie wir einen Weg aus der problematischen Lage rund um die sogenannte Flüchtlingskrise finden können. Einige der Themen, mit denen wir uns konkret beschäftigen wollen, sind die neuen Asylrechtsverschärfungen, die Situation und die Kämpfe an den EU-Grenzen, Abschiebungen, die zunehmenden rassistischen Übergriffe sowie die Situation, Forderungen und Kämpfe von Frauen. Wir werden auch über Selbstorganisierung auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene sprechen und uns darüber austauschen, was Geflüchtete in ihren Kämpfen bisher erreicht haben. Auch die Lebensbedingungen in den Unterkünften, den Lagern sowie die Versuche der Politik, uns in »gute« und »schlechte« Geflüchtete zu spalten, werden wir diskutieren. Außerdem wollen wir Gewalt gegen Frauen thematisieren: im Allgemeinen, aber insbesondere gegen geflüchtete Frauen. Wir wollen darüber sprechen, warum die Stimmen der Frauen bisher nicht gehört werden innerhalb der Bewegungen, wir wollen wissen, warum Frauen zum Schweigen gebracht werden, wie wir sie empowern können, was es für Bedürfnisse gibt und welche »Werkzeuge« es braucht, damit sie involviert werden und aktiv sein können innerhalb der Bewegungen und Proteste.

In welcher Situation befinden sich die Refugee-Bewegungen aus eurer Perspektive im Augenblick, in einer Zeit zwischen Willkommenshype und asylpolitischem Rollback?

Momentan ist die Lage wirklich sehr polarisiert. Von unserer Lebensrealität her kann ich nur sagen, dass das neue Asylgesetz, das vergangenen Oktober eingeführt wurde, die Situation für Geflüchtete enorm erschwert, da Geflüchtete nun viel einfacher abgeschoben werden können. Zudem ist das Asylverfahren insgesamt viel schwieriger geworden, insbesondere nachdem nun so viele Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt wurden. Es ist eine sehr schwierige Situation im Moment, und sie wird von Tag zu Tag schlechter, aber wir glauben daran, dass wir Wege finden, mit dieser Situation umzugehen, wenn wir zusammenkommen und darüber sprechen, wie es weitergehen kann. Wir erwarten schon jetzt über 800 Teilnehmende, kümmern uns in elf Arbeitsgruppen um Finanzierung, Mobilisierung, Programm, Übersetzung usw. Wir haben sehr viele Seminare und Workshops, und auch was das leibliche Wohl angeht, werden wir den Leuten nur das beste bieten (lacht). Wir wollen uns schließlich nicht ausschließlich auf Politik konzentrieren, sondern wollen auch mal Pause machen und eine soziale Plattform schaffen, um einander wirklich kennenzulernen.

Alle Infos zur Konferenz

gibt es unter refugeeconference.blogsport.eu. Es werden zudem noch dringend Spenden benötigt - unter anderem für Technik für Simultanübersetzung, Dolmetscher_innen, Verpflegung, Reisekosten, Unterbringung und Druckkosten. Die Crowdfunding-Kampagne findet sich unter www.nordstarter.org/refugeeconference.