Die Versammlung
Geschichte Einheit, Vielheit und die Drag Kings der Oktoberrevolution
Von Bini Adamczak
DAS Kommunistische existiert nicht im Singular. Das Gemeinsame meint keine Einheit, die alles umschließt, indem sie es einer Idee, einem Willen, einem Zentralkomitee unterordnet. Das Gemeinsame ist vielmehr das, was die Vielen miteinander teilen. Als Gleiche und Freie in Solidarität.
Gleichwohl wurde Kommunismus immer wieder so verstanden: als schlussendliche Aufhebung der gesellschaftlichen Spaltungen in einer allumfassenden Harmonie. Tausende kommunistische Parteien und Splittergruppen der Vergangenheit erträumten sich so die Zukunft: Der leidige Streit mit den Gegner_innen wie den Genoss_innen fände schließlich ein Ende, indem alle Welt einsähe, dass just dieses eine, das eigene Parteiprogramm das richtige sei.
Auch und gerade die für lange Zeit größte und einflussreichste kommunistische Partei, die Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bolschewiki), folgte diesem Traum. In einer spiralförmigen Bewegung, die noch vor 1917 begann und im Stalinismus der späten 1930er Jahre ihren Höhepunkt fand, bekämpfte sie zunächst die monarchistischen und bourgeoisen Parteien, dann die verbündeten sozialdemokratischen, sozialrevolutionären und anarchistischen und schließlich, als alle anderen Parteien verboten waren, die innerparteilichen Oppositionen, Fraktionen, Strömungen und Plattformen. Da sie ihrer eigenen Überzeugung nach über eine privilegierte Einsicht in die Wahrheit des Sozialen verfügte, meinte sie, das Gemeinsame in seinen Teilen darstellen zu können: Die Bevölkerung war in der Arbeiterklasse repräsentiert, die Klasse in der Partei, die Partei im Zentralkomitee, das Zentralkomitee im Generalsekretär. Die Parteilinie aber, die letzterer ausgab, würde, wie zickzackreich auch immer, in die kommunistische Zukunft führen. Wer von ihr abkam, machte sich einer Abweichung schuldig. Der Gegenbegriff zu Identität war so nicht Differenz, sondern Opposition. »Anders« wurde gleichbedeutend mit »feindlich«.
Doch die Einheit misslang. Sinnfällig zerbrach 1991 die Sowjetunion. Aber nicht um einer Versammlung der Vielen Platz zu machen, um das Gemeinsame aus der erzwungenen Einheit zu befreien, sondern um kleinere Teile zurückzulassen, die sich selbst als einzelne Einheiten einsperrten: Nationalstaaten, Familienhaushalte, Individuen. Der Kapitalismus, der sich nun ungehindert auch über das letzte Drittel des Weltballs ausdehnen konnte, verbindet die Menschen einzig, indem er sie trennt. Über seinen zentralen Sozialmechanismus der Warenbeziehung sind seine Bewohner_innen nicht in Kooperation miteinander verknüpft, sondern in Konkurrenz. In der Vereinzelung aber lebt das Gemeinsame so wenig wie in der erzwungenen Einheit.
Die Revolution, die in den Schützengräben begann ...
Das europäische 19. Jahrhundert hatte den Fortschritt erfunden und mit ihm die Hoffnung auf eine Zukunft, in der »die Sonne ohn' Unterlass scheint«. Die technologische Entwicklung sollte den Hunger wie die Arbeit abschaffen und allen Menschen ein Leben in Frieden und Überfluss garantieren. Diese Hoffnung nährte die Fantasie, die Theorie wie die Kunst. Sie starb in den Schützengräben des ersten europäischen Weltkrieges. Die Produktivkräfte hatten sich in Destruktivkräfte verwandelt, das Gift des Nationalismus verschlang die bürgerlichen Demokratien wie die erste sozialistische Internationale. Die moderne Barbarei, die bereits grausam in den Kolonien gewütet hatte, kehrte in die Zentren der selbsterklärten Zivilisation zurück.
Wladimir Iljitsch Lenin, einer der wenigen Intellektuellen, die sich nicht von der nationalistischen Kriegsbegeisterung hatten anstecken lassen, forderte, den imperialistischen Krieg in einen revolutionären Bürgerkrieg umzuwandeln. Er hätte den Vorschlag nicht eigens machen müssen. »Frieden!« war neben »Brot!« und »Land!« die zentrale Forderung, mit der die Russische Revolution in die Welt kam, massenhafte Desertion das Mittel ihrer Wahl. Die bäuerlichen Soldaten beschlossen, dass sie der Krieg zwischen Deutschland und Russland nichts angehe und die Herren Bourgeois ihre Fehden besser ohne ihre Hilfe austragen sollten. Verschwisterungen zwischen russischen und deutschen Soldaten waren keine Einzelfälle, immer wieder wurde der Krieg unterbrochen, stattdessen gemeinsam getrunken. Dann kehrten die soldatischen Bauern aufs Land zurück, um es zu bestellen und - zu enteignen. Die letzte Stunde des Großgrundbesitzes hatte geschlagen.
Die Russische Revolution begann in den Schützengräben und auf dem Land, auf dem 80 Prozent der Bevölkerung lebten. Die Revolution begann, bevor sie als Revolution erkannt wurde. Fast niemand der sozialdemokratischen, sozialistischen, kommunistischen Intellektuellen sah sie vorher. Noch einen Monat vor ihrem tatsächlichen Ausbruch prophezeite Lenin: »Wir, die Alten, werden vielleicht die entscheidenden Kämpfe dieser kommenden Revolution nicht erleben.« Und Alexander Gawrilowitsch Schljapnikow, der zu dieser Zeit führende Bolschewik in Petrograd, dozierte noch am 27. Februar 1917, vier Tage nach ihrer Ankunft: »Wir haben keine Revolution und werden auch so bald keine bekommen. Wir müssen uns auf eine lange Phase der Reaktion einstellen.«
Dieser Auffassung war auch der Menschewik Nikolai Suchanov. Er hatte zwar Gespräche zwischen Büroarbeiterinnen mitgehört, in denen von einer bevorstehenden Revolution die Rede war - hatte diese Gerüchte aber aufgrund des weiblichen Geschlechts derjenigen, die sie verbreiteten, als Tratsch abgetan. Vielleicht stellte Nadeschda Krupskaja deshalb eine der wenigen Ausnahmen zu der Regel missglückter Revolutionsprophezeiungen dar, weil sie diese sexistische Perspektive nicht im vollem Umfang teilte. Am 6. Februar forderte sie dazu auf, nach Russland zurückzukehren, um nicht »den Anfang« zu verpassen.
... und Abtreibungen und Homosexualität legalisierte
Die langen Schlangen, in denen die Arbeiter, die für Reproduktion zuständig waren - Frauen -, um Lebensmittel anstanden, waren die Öffentlichkeit, in der sich die Kunde von der bevorstehenden Revolution anbahnte. Rückblickend wird der Ausbruch der Revolution, der sich so schwer vorhersagen ließ, von der Mehrheit der Historiker_innen auf den 23. Februar datiert - nach westlicher Zeitrechnung der 8. März, der Internationale Frauentag, der zum sechsten Mal weltweit begangen wurde (aber bis dahin immer an unterschiedlichen Tagen).
Wie die Historikerinnen Jane McDermid und Anna Hillyar schreiben, verhielten sich die Demonstrantinnen in Petrograd zunächst genau auf die »irrationale« Weise, die traditionellerweise von »Frauen« erwartet wurde: Sie randalierten, zerstörten Straßenbahnen, plünderten Geschäfte. Nicht zuletzt wegen dieser erwarteten »Disziplinlosigkeit« und »Spontaneität« hatte die bolschewistische Führung die Demonstrierenden aufgefordert, den Protest nicht zu weit zu tragen. Doch die Frauendemonstration forderte zunächst Brot und Gleichberechtigung, dann marschierten die Teilnehmerinnen, um viele Arbeiter angewachsen, zum Stadtzentrum, verlangten ein Ende des Krieges und schließlich den Rücktritt des Zaren.
Einige Tage später dankte der Zar ab. Die Frauen erlangten das Recht zu wählen sowie kein Jahr später das Recht abzutreiben. Bald darauf ließen sie sich scheiden, ein handgeschriebener Zettel reichte nun dafür. Die Russische Revolution schuf das fortschrittlichste, gänzlich geschlechtsneutrale Ehe- und Familienrecht, das die moderne Welt je gesehen hatte. Homosexualität, deren Propagierung im Russland des Jahres 2017 unter Strafe steht, wurde im Russland des Jahres 1918 legalisiert. Vier Jahre darauf erklärte ein sowjetisches Gericht die Ehe zwischen einem Transmann/einer Butch und einer Cisfrau für rechtens, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine wechselgeschlechtliche oder eine gleichgeschlechtliche Ehe handelte, mit dem so einfachen wie einleuchtenden Argument, dass die Ehe einvernehmlich geschlossen worden war. Die Anfänge der Russischen Revolution waren nicht nur ihrer, sondern auch unserer Zeit voraus.
Die Toten aufwecken und dann zum Mars!
Die Revolution beflügelte die Fantasie wie kein anderes Ereignis. Sie setzte ungeahnte utopische Begierden frei, indem sie deren Erfüllung von einem fernen Traum in den Wirkungsbereich des Alltags holte. Die Revolution machte die Zukunft zu einem Teil der Gegenwart. Sowjetische Intellektuelle, Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen überschritten mit fantastischem Mut und logischer Stringenz die Grenze zwischen den Zeiten. Nikolai Fedorow wie die Gruppe der Biokosmisten argumentierten, dass der zu erkämpfende Sozialismus die Gesellschaft sei, die alle Ausbeutung unter den Menschen aufheben werde. Wenn die sozialistische Gesellschaft aber erst in der Zukunft realisiert würde, dann kämen alle, die in Vergangenheit und Gegenwart für sie gekämpft hätten, nicht in ihren Genuss. Dann aber basierte der Sozialismus der Zukunft auf der Ausbeutung der Vergangenheit und sei somit kein Sozialismus.
Statt zu resignieren, forderten die Biokosmistinnen das logisch Naheliegende: Alle, die jemals für den Sozialismus gekämpft hatten, und alle, die jemals ausgebeutet wurden, müssten, wenn der Sozialismus erreicht sei, wieder zum Leben erweckt werden. Weil dadurch aber der Platz auf der Erde eng werden würde, müsste die Raumfahrt ausgebaut und müssten alternative Wohnmöglichkeiten erschlossen werden. Daher die Pläne zur Besiedelung des roten Mars und darüber hinaus zur Verwandlung der Menschenkörper in Maschinen oder gar Licht, was sich unter den Bedingungen des Weltraums als sinnvoll erweisen würde. Angesichts solcher Pläne und bereits unternommener Versuche, Alte mit Hilfe von Bluttransfusion jung und Junge weise zu machen, musste die soziale wie biologische Überwindung von Geschlechtern wie eine Kinderaufgabe erscheinen.
Die Überwindung der Geschlechter
Diese Aufgabe sollte in der frühen Sowjetunion nicht in erster Linie in Bezug auf diskursive oder symbolische Ordnungen, sondern auf die sozialökonomischen Sphären von Produktion und Reproduktion bewältigt werden. Die geschlechtliche Arbeitsteilung wurde als materielle Grundlage der geschlechtlichen Trennung und Hierarchisierung verstanden. Um die patriarchale Ausbeutung zu beenden und Gleichheit zwischen den Menschen zu realisieren, musste deswegen die Produktionseinheit der Familie aufgelöst werden.
Bereits die kapitalistische Entwicklung der Produktivkräfte hatte wesentliche Arbeiten, die bis dahin im Rahmen der Familie verrichtet worden waren, aus dieser herausgelöst: Nahrungsmittel, Kleidung, Werkzeuge wurden jetzt in nicht mehr in der Familie hergestellt, sondern nur noch zubereitet und repariert. Das sozialistische Emanzipationsmodell sah vor, diesen historischen Prozess zu seinem logischen Ende zu bringen. Das Ziel bestand darin, die ohnehin überholte Familie absterben zu lassen, indem sämtliche in ihrem Rahmen getätigte Aufgaben nach dem Modell männlich codierter Lohnarbeit rekonstruiert würden. »Der Kochtopf ist der Feind der Parteizelle« lautete folglich eine zentrale Parteiparole. Lebensmittel sollten nicht in Privatküchen, sondern in Kantinen zubereitet, Kinder und Alte nicht von Angehörigen, sondern in öffentlichen Einrichtungen versorgt und Wohnungen nicht individuell, sondern kollektiv geputzt werden. Damit würde die geschlechtliche Arbeitsteilung und mit ihr die Geschlechtertrennung selbst hinfällig. »Unsere Aufgabe«, so formulierte es Jewgeni Preobraschenski, »besteht nicht im Streben nach Gerechtigkeit in der geschlechtlichen Arbeitsteilung. Unsere Aufgabe besteht darin, Männer wie Frauen von der Arbeit im Kleinfamilienhaushalt zu befreien.«
Revolution und Vermännlichung
Das Kommunistische, das am Horizont der Russischen Revolution erschien, war das Versprechen eines schlussendlichen Fortschritts zu umfassender Gleichheit. In der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, lange Zeit der einzige Staatenbund, der keinerlei Hinweis auf ein Territorium enthielt, sollte die Trennung der Menschen nach Religion, Nation, Klasse, Geschlecht aufgehoben werden. Allerdings enthielt die Bewegung zur Gleichheit eine Richtung; das Universelle wurde von einer partikularen Norm regiert. Das Gemeinsame bestand tatsächlich in der Verallgemeinerung eines seiner Teile. So wie die Landarbeit sollte auch die Reproduktionsarbeit durch Kollektivierung und Maschinisierung der Industriearbeit nachgebildet werden. Bauern wie Frauen würden damit tendenziell verschwinden und sich dem Vorbild des Fabrikarbeiters angleichen. Alle Menschen würden gleich, alle Menschen würden Brüder - männliche Lohnarbeiter.
Die Zeit der Revolution sah der Schriftsteller Ossip Mandelstam von einem Ideal perfekter Männlichkeit geprägt, und sein Kollege Andrei Platonov formulierte bündig, der Kommunismus sei im Wesentlichen eine Gesellschaft der Männer.
Tatsächlich aber war dieser »Kommunismus«, trotz anhaltender patriarchaler Machtverhältnisse, keine Gesellschaft der Männer, sondern eine revolutionäre Gesellschaft der Vermännlichung. Nur fünf Jahre nach Beginn der Revolution stellte der Gesundheitskommissar Nikolai Semaschko fest, dass maskulinisierte »Frauen« zu einem Massenphänomen geworden waren. In seiner Beschreibung trugen sie zerzauste, oft schmutzige Haare, hatten billige Zigaretten zwischen die Zähne geschoben, legten absichtlich schlechte Manieren an den Tag und sprachen mit rauen Stimmen. Sie hätten, so fasste er es zusammen, alle weiblichen Eigenschaften verloren und sich gänzlich in Männer verwandelt, auch wenn sie im Moment noch Röcke oder Hosenröcke trügen. Diese Revolutionärinnen arbeiteten massenhaft in Schwerindustrie und Parteizellen, kämpften in Armee oder Geheimpolizei, trugen kurze Haare und Hosen und verließen das angestammte Heim. Der neue Mensch war ein Drag King.
Entsprechend dicht bevölkert war die Literatur der Zeit von diesen neuen Menschen. Michail Bulgakow, kein Freund der kommunistischen Revolution, versuchte sich über sie lustig zu machen, aber kam nicht an ihnen vorbei. In seiner Novelle »Hundeherz« musste er feststellen, dass sich bei den jungen Kommunist_innen kein Geschlecht mehr ausmachen ließ. Die kommunistischen Delegierten eines Hauskomitees, die Bulgakow auf einen bürgerlichen Professor treffen ließ, weisen die Bezeichnung »Herren« für sich zurück, aber nicht weil es die geschlechtliche Wirklichkeit nicht angemessen repräsentierte, sondern weil es sich um eine bürgerliche Anrede handelte. Auf die Frage des Professors, ob es sich bei einem/einer der Kommunisten um einen Mann oder eine Frau handelt, antworten sie mit der Gegenfrage, was dies für einen Unterschied mache. Notgedrungen reduziert sich deshalb die Geschlechterdifferenz für den Professor darauf, die einen zum Absetzen der Mütze aufzufordern, die anderen nicht.
Die Utopie der Gleichheit wird verkehrt
Sergej Tretjakov beschrieb in seinem Theaterstück »Ich will ein Kind haben« eine Kommunistin, die nicht nur wie ein Mann aussieht, sondern auch mit männlicher Rationalität ihre Fortpflanzung organisiert - ohne jede Romantik. Auf die Frage, ob sie denn nicht die Natur liebe, Berge, Wasserfälle, Urwald, antwortet sie: »Am Wasserfall liebe ich die Turbinen. An den Bergen die Schächte, am Urwald Sägewerke und planmäßige Aufforstung.« Dieselben Menschen bilden auch die Heldinnen von Alexandra Kollontais Erzählungen. Die erste Ministerin und erste Botschafterin der modernen Welt schuf ihre literarischen Figuren nach dem Vorbild der Realität. Ihre emotionale Energie leiteten diese in die Politik, sexuelle Bedürfnisse befriedigten sie wie Durst oder Hunger. Ihre Beziehungen mit Männern trugen deutliche schwule Zeichen, und an Abtreibungen störte sie nur der erzwungene Arbeitsausfall.
Die Welt, die die Arbeiter_innen der Hand, des Kopfes und der Seele - so wurden Schriftsteller_innen genannt - gemeinsam zu schaffen begannen, war eine Welt des technologischen Fortschritts, der männlichen Rationalität und der grenzenlosen Gleichheit. Der Traum verwandelte sich bald in einen Albtraum. Schon in den 1930er Jahren wurde Abtreibung wieder verboten, Homosexualität kriminalisiert und die Kleinfamilie als Ideal des Staates rekonstruiert. Unter der Macht des Stalinismus verkehrte sich die Utopie der Gleichheit in die Realität der Gleichförmigkeit.
Allerdings unterbrach die »sexuelle Konterrevolution« (Wilhelm Reich) nicht alle Emanzipationslinien, die in der Revolution die Welt betreten hatten. Bis zum Ende der Sowjetunion stieg die sogenannte Frauenerwerbsquote immer weiter an, und noch im heutigen Russland arbeiten mehr Frauen für Lohn als irgendwo sonst auf der Welt. Die reproduktive Arbeit aber, die nicht reformistisch umverteilt, sondern revolutionär abgeschafft werden sollte, blieb bis zum Untergang der Sowjetunion den Arbeitern überlassen, die weiterhin sozialökonomisch und kulturell-symbolisch dafür ausgebildet wurden - sogenannte Frauen. Eine Aufteilung der Menschen in Geschlechter und eine institutionelle Begrenzung der Möglichkeiten sexueller Kombination unter ihnen blieb vorerst bestehen. Unter den Trümmern der stalinistischen Konterrevolution wurde ein Aufbruch begraben, der auf Fortsetzung wartet.
Bini Adamczak ist Autorin mehrerer Bücher zu Kommunismus und seiner stalinistischen Verformung. Im Herbst erscheint ihr neues Buch »Beziehungsweise - Revolution. 1917, 1968 und kommende«. Am 25. Februar spricht Bini Adamczak auf der Veranstaltung »Hauptsache Nebenwiderspruch« im Sprechsaal Berlin über Geschlechterverhältnisse in der Russischen Revolution.
Dieser Text ist ein Auszug aus einem Aufsatz, der im von Lutz Brangsch und Michael Brie herausgegebenen Sammelband »Das Kommunistische. Oder: Ein Gespenst kommt nicht zur Ruhe« (Hamburg 2016) erschien.
Weiterlesen:
Alexandra Kollontai: Die Liebe der drei Generationen, in: Wege der Liebe. Drei Erzählungen, Berlin 1992.
Anna Hillyar und Jane McDermid: Revlutionary Women in Russia 1870-1917: A Study in Collective Biography, Manchester 2000.