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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 626 / 18.4.2017

Aufgeblättert

Arbeit & Feminismus

Wie kann Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt erreicht werden? Und was bedeutet das eigentlich gesellschaftlich? Darüber hat Jörg Meyer mit elf Funktionärinnen aus Gewerkschaften, Politik und Wissenschaft gesprochen. Entstanden ist daraus ein schmaler Band, der uns nicht nur über die immer noch aktuellen Fragen von Gender Pay Gap und Gender Time Gap informiert, sondern der vor allem Geschichten erzählt. Denn so unterschiedlich Meyers Gesprächspartnerinnen, so unterschiedlich auch ihre Wege in den Feminismus - wobei sich nicht alle der zu Wort kommenden Frauen als Feministinnen bezeichnen. Einige Aspekte wiederholen sich, tauchen an verschiedenen Stellen des Buches auf. Die Frage nach Teilzeit und Grundeinkommen zum Beispiel. Stören tut dies jedoch nicht, im Gegenteil: Es zeigt, dass sich den Gesprächspartnerinnen trotz zum Teil stark auseinandergehender Biografien die gleichen Fragen stellen. Auffällig ist, dass die meisten vorgestellten Frauen aus Arbeitermilieus kommen, oft die ersten ihrer Familien waren, die auf's Gymnasium gingen und studierten. Auffällig ist auch, dass viele erst durch eigene Diskriminierungserfahrungen anfingen, sich für frauenpolitische Themen zu interessieren, dass viele zunächst dachten: Das hat nichts mit mir zu tun. Abgerundet wird der Band mit Zahlen und Fakten: Christina Klenner greift zentrale Aspekte nochmals auf und unterfüttert sie mit Ergebnissen verschiedener Studien. Ein kurzweiliges, interessantes Lesebuch.

Maike Zimmermann

Jörg Meyer (Hg.): Arbeiten & Feminismus. Gespräche mit Christiane Benner, Monika Brandl, Annelie Buntenbach und anderen. VSA, Hamburg 2017. 120 Seiten, 11 EUR.

Genitalbeschneidung

Isabell Ihrings Buch widmet sich weiblicher Gentalbeschneidung. Ein schwieriges Thema. Schwierig, weil es sich um Praxen handelt, die oftmals als grausam beschrieben werden, und schwierig, weil es auch genau um die unterschiedlichen Bewertungen jener Praxen geht. Ihring thematisiert beides: Sie setzt sich mit dem Phänomen auseinander und bezieht sich dabei vor allem auf Interviews mit Personen, die aus Somalia nach Europa migriert sind. Gleichzeitig spricht sie die Auseinandersetzungen damit in westlichen Kontexten an. Neben einigen kurzen Kapiteln u.a. zur Gesetzeslage in Somalia und in europäischen Ländern sowie deren Migrationspolitik ordnet die Autorin ihre Perspektive und die Interpretation der Interviews vor einem theoretischen Rahmen aus postkolonialen und feministischen Theorien ein. Denn: »Ähnlich wie Witwenverbrennung oder der teilweise sehr undifferenzierten Debatte um das Kopftuch wird genitale Beschneidung von manchen westlichen Feminist_innen zu dem Zeichen von Unterdrückung schlechthin erhoben«. Im restlichen Teil des Buches stehen die Ergebnisse ihrer Befragungen im Zentrum. So gelingt es der Autorin insgesamt, einen guten Überblick über die Aspekte zu geben, die mit weiblicher Genitalbeschneidung zusammenhängen und in Diskussionen darüber berücksichtigt werden sollten. Hervorzuheben sind ihre Untersuchungen, durch die beschnittene Somalierinnen selbst zu Wort kommen und verschiedene Perspektiven auf das Phänomen verdeutlichen.

Lisa Krall

Isabelle Ihring: Weibliche Genitalbeschneidung. Unrast Verlag, Münster 2015. 84 Seiten, 7,80 EUR.

PEGIDA 1

Seit mehr als zwei Jahren laufen sie durch Dresden. Auch wenn PEGIDA letztlich ein regionales Phänomen blieb, gelingt es den Abendlandverteidiger_innen immer wieder, der bundesweiten Debatte um Flucht und Asyl ihren Stempel aufzudrücken. Auch die Wissenschaft interessiert sich dafür - unzählige Bücher und Studien sind mittlerweile erschienen. Der Sammelband »PEGIDA. Rechtspopulismus zwischen Fremdenangst und Wende-Enttäuschung?« versucht, das breite Spektrum der Analysen einzufangen, und verspricht einen Überblick. So finden sich im Buch etwa Beiträge von Klaus Dörre und Oliver Nachtwey, die überzeugend die soziale Frage ins Zentrum ihrer Betrachtungen rücken. Daneben beweist der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt einmal mehr, warum ihm Kritiker_innen das Etikett PEGIDA-Versteher nicht zu Unrecht anheften. Im Ziel der Herausgeber_innen, ein umfassendes und möglichst ausgewogenes Buch zu präsentieren, liegt auch die große Schwäche: Es fehlt an einer übergeordneten Fragestellung, die unterschiedlichen Analyseperspektiven kommen nicht zusammen. So hangelt man sich bei der Lektüre durch Unzusammenhängendes, woran auch die gewollte Untergliederung in Teile (Kontexte, Analysen und Essays) und Unterkapitel (Dresden von innen, von außen, Medien, Gesellschaftliche Krisen und Bedrohte Demokratie) nichts ändert. Einige erkenntnisfördernde Analysen treffen auf Beiträge, die man schon mehrfach woanders gelesen hat.

Sebastian Friedrich

Karl-Siegbert Rehberg, Franziska Kunz, Tino Schlinzig (Hg.): PEGIDA. Rechtspopulismus zwischen Fremdenangst und »Wende«-Enttäuschung? Transcript, Bielefeld 2016. 384 Seiten, 29,99 EUR.

PEGIDA 2

Der von Tino Heim herausgegebene Sammelband ist eine spannende Ergänzung der bisherigen Betrachtungen des »Phänomens PEGIDA«. Auf der einen Seite liefert er neue Ansätze und eigenständige Perspektiven, die zu einem tieferen Verständnis der Dresdner Proteste bzw. ihrer einzelnen Elemente beitragen können. Dazu zählen u.a. die detailreiche Analyse der Krisendeutungen PEGIDAs sowie die Beschreibung des fundamentalistischen Charakters der Bewegung. Andererseits setzen viele Beiträge ihren Schwerpunkt stärker auf eine gesellschaftspolitische Kontextualisierung der Proteste. Ein Beispiel hierfür ist die Analyse der fast schon sprichwörtlichen »Sächsischen Verhältnisse« und ihrer Rolle beim Entstehen und Fortbestehen PEGIDAs. Infrage gestellt werden die Eignung des Extremismusbegriffs zur Beschreibung PEGIDAs sowie die gängige These, »Angst« sei eine wesentliche Protestmotivation der Bewegung. Überlegungen zur Einordnung PEGIDAs vor dem Hintergrund globaler gesellschaftlicher Verschiebungen der letzten Jahrzehnte bzw. als Ausdruck grundsätzlicher Widersprüche kapitalistischer Vergesellschaftung runden den umfassenden Band ab. Eine besondere Stärke ist die Aufnahme praktischer Perspektiven von antifaschistischen Gruppen, politischen Bildungseinrichtungen oder Beratungsstellen. Insgesamt ein wichtiger Band, der momentan vor allem aufgrund seiner größtenteils klaren politischen Haltung besonders relevant ist.

Sebastian Sommer

Tino Heim (Hg.): Pegida als Spiegel und Projektionsfläche - Wechselwirkungen und Abgrenzungen zwischen Pegida, Politik, Medien, Zivilgesellschaft und Sozialwissenschaften. Springer VS Wiesbaden 2016. 450 Seiten. 44,99 EUR.