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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 631 / 17.10.2017

Und nun zum Sport

MMA: Linker Haken gegen rechts

Bis vor wenigen Jahren war MMA (Mixed Martial Arts) in Deutschland noch als Schlägerei, Blutsport oder Gladiatorenkampf verpönt. Die Kämpfe im TV zu übertragen, war verboten, und Veranstalter_innen hatten es schwer, auch nur kleine Hallen für ihre Events zu bekommen. Dass ein sportlicher Kampf neben Schlägen und Tritten auch am Boden weitergeführt werden kann, war damals noch zu viel für zartbesaitete Gemüter. Dafür erfreute sich der Sport schon früh bei Rockern, Zuhältern und Rechten großer Beliebtheit, was der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz für MMA nicht gerade zuträglich war.

Veranstaltungen wie We love MMA (WLMMA) und No Compromises FC (NCFC) versuchten ab den späten Nullerjahren den Sport aus der Schmuddelecke herauszuholen und für mehr Akzeptanz zu werben. Rechtes Publikum war nicht erwünscht und wurde bei den ersten WLMMA-Events nicht reingelassen, »Love MMA, hate fascism« prangte auf einem NCFC-Banner. Dazu gab es intelligente Öffentlichkeitsarbeit, die über den Sport aufklärte und sympathische Vertreter dieser Sportart in den Mittelpunkt stellte, während offen der rechten Szene zuzuordnende Vertreter des Sports keine Plattform mehr erhielten. Die Strategie zeigte Wirkung: Mittlerweile hat sich die öffentliche Wahrnehmung des Sports weitgehend normalisiert, kaum eine größere Zeitung, die nicht schon mal ein Portrait eines MMA-Kämpfers gedruckt oder einen ihrer Redakteure zum Selbsttest in den Käfig geschickt hat. Neben den Pionier-Events gibt es mittlerweile zahlreiche Veranstaltungen in ganz Deutschland, und auch große Event-Locations wie das Tempodrom oder die Mercedes-Benz-Arena können für Fightnights angemietet werden.

Im Fahrwasser dieser Entwicklung wachsen allerdings leider auch Events heran, die mit der »Schmuddelecke« von früher keine Probleme haben oder sich sogar klar dort verorten. Kämpfer von Vereinen, die eindeutig mit der rechten Szene assoziiert werden, werden wieder gebucht und damit auch entsprechendes Publikum angezogen. Werden sie wegen der Buchung solcher Kämpfer kritisiert, geben sie sich selbst als unpolitisch betrachtende Veranstalter_innen. Es gehe ihnen nur um den Sport und der politische Hintergrund eines Kämpfers oder seines Trainers habe damit nichts zu tun. Gerne wird auch jede noch so halbseidene Distanzierung langjähriger bekennender extrem Rechter als Zeichen für deren Läuterung akzeptiert, um den sauberen Schein zu wahren. Dass einige dieser Veranstalter_innen dabei aber ganz genau wissen, wen sie sich da ins Boot holen, zeigt das jüngste Beispiel der Berliner Veranstaltung Sprawl&Brawl.

Die noch recht junge Veranstaltungsreihe sah sich bereits mehrfach mit öffentlicher Kritik konfrontiert. Seit der ersten Ausgabe des Events 2015 waren bekannte Neonazis dabei - wie der Aktivist Martin Muckwar sowie Kämpfer des Athletik Klub Ultra, einem personell eng mit dem ehemaligen Club88 in Neumünster verknüpften Vereins. Öffentlicher Druck führte dazu, dass ein Teil dieser Kämpfer bei einer der Veranstaltungen von der Fightcard genommen wurden oder unter einem anderen Vereinsnamen antreten mussten. Jedoch legte Veranstalter Manolito Garmendia in seiner Stellungnahme wert auf die Feststellung: »POLITIK HAT IM SPORT NICHTS ZU SUCHEN!!! -> weder von links, noch von rechts!«

Auch Sprawl&Brawl ist mittlerweile gewachsen und fand dieses Jahr erstmals im Berliner Tempodrom statt. Beworben wurde das Event unter anderem mit einem Kämpfer, dessen Brust mehrere Tätowierungen der kroatischen Faschistenmiliz Ustascha zieren. Auf Druck des Tempodroms musste dieser Kämpfer ausgeladen werden. Stattdessen holte sich Garmendia mit Frank Kortz ein anderes in der Rocker-, Zuhälter- und Neonazi-Szene bestens bekanntes Gesicht in den Käfig. Statt Ustascha-Tattoos zieren Kortz Körper diverse Hakenkreuze (während des Events übermalt), eine schwarze Sonne sowie zwei Blut- und Ehre-Schriftzüge. Um einem erneuten Eingreifen der Location oder öffentlichen Protesten zu entgehen, wurde Kortz Auftritt auf der Veranstaltung bis zuletzt nicht öffentlich gemacht.

Diese Entwicklung im MMA sollte von jenen, die diesen Sport weiterhin wachsen und sich professionalisieren sehen wollen, ernst genommen werden. Veranstalter_innen, Sportler_innen und Vereine sollten sich gut überlegen, mit wem sie zusammenarbeiten wollen und: in welche Richtung sich der Sport zukünftig entwickeln soll. Eine Assoziation des Sports mit rechten Hooligans, Neonazis und Rockern wirft seinen Ruf um Jahre zurück und gefährdet sein gesellschaftliches Ansehen - ganz abgesehen davon, dass die Ausbildung und Unterstützung rechter Schläger_innen die Gesundheit und das Leben all derer gefährdet, die auf der Straße in ihr Fadenkreuz geraten könnten.

Mika Hartmann