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Verein fuer politische Bildung, Analyse und Kritik e.V.

ak logo ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 632 / 14.11.2017

Vom Wunsch, als Mensch zu leben

Afghanistan Die Lebensbedingungen für Geflüchtete in Deutschland sind inhuman. Vier Berichte

Von Mehdi H., Assad P., Ali H. und Alireza M.*

Viele der Menschen, die zurzeit als afghanische Geflüchtete in Deutschland leben, befinden sich in großer Unsicherheit und ständiger Angst vor Abschiebung. Die Bedingungen, unter denen sie untergebracht sind, und die drohende Ablehnung ihrer Asylverfahren sind Teil der politischen Abwehrstrategie, mit der sie konfrontiert sind. Manche der hier notierten Berichte geben Auskunft von ihrer Situation. Andere schildern Ängste und Traumatisierungen, die sie in Afghanistan selbst erfahren haben und die sich mit der Angst vor einer Abschiebung dramatisch verstärken. Die Texte sind Auszüge aus mehreren langen Gesprächsprotokollen, die zuerst auf Farsi in der Zeitung Daily Resistance erschienen sind.

Die Unterkunft ist kaputt, abgenutzt, unbrauchbar

Das hier ist die Sammelunterkunft für Asylsuchende in Nürnberg. Als wir hierher verlegt wurden, war uns vom ersten Tag an klar, dass uns schwierige Bedingungen erwarten würden. Alles in dieser Unterkunft ist kaputt, abgenutzt und unbrauchbar.

Nach deutschem und internationalem Recht müssen die Unterkünfte für Flüchtlinge vollständig, sauber und funktionsfähig sein. Aber die Wohnheime und Unterkünfte sind völlig abgenutzt und nicht fürs Wohnen geeignet.

Wir haben trotz der vielen Diskussionen, die wir hier mit Leuten von den Sozialämtern geführt haben, keine Verbesserungen erzielt. Wir wurden immer wieder mit Versprechen hingehalten und vertröstet. Unsere Betreuer, die oftmals selbst einen Migrationshintergrund haben, unterscheiden zwischen Asylsuchenden verschiedener Nationalitäten. Diese Politik ist in den meisten Unterkünften gleich. Oft wird versucht, eine gemeinsame Interessenvertretung der Asylsuchenden verschiedener Nationalitäten zu verhindern.

Für den ganzen zweiten Stock, in dem ich untergebracht bin, gibt es nur eine Toilette und ein Bad. In jedem Zimmer, das eigentlich nur für zwei Personen Platz bietet, sind vier bis sechs Menschen untergebracht; einen privaten Bereich für den einzelnen Asylbewerber gibt es nicht. Die elektrische Verkabelung ist uralt und verrottet, es kann jeden Moment zu einem Unfall kommen. Die Erwartung, dass wir diese abgenutzten Dinge sauber und sicher halten, ist unglaublich. Wenn es ein Problem gibt, wird es dem Sozialamt gemeldet, aber beseitigt wird das Übel nicht oder nur nach langer Zeit. Dabei ist das hier Europa, das überall damit angibt, die höchsten Standards für den Lebensstandard zu haben.

Vor kurzem war ein Treffen mit dem Vertreter des Sozialamts geplant, um unsere Probleme zu besprechen. Aber der Chef der Unterkunft nahm ihn mit in sein Büro und trank Tee mit ihm. Die Mehrheit der Leute gab nach zwei Stunden Warten enttäuscht auf. Einige andere Flüchtlinge öffneten die Tür und forderten, endlich mit dem Vertreter des Sozialamts zu sprechen, wie es verabredet war. Daraufhin wurde gesagt: »Wenn Sie Probleme machen, rufen wir die Polizei.« Nur wenige von uns waren am Ende noch dort, und niemand hat es geschafft, die Person vom Sozialamt zu sehen. Das hat uns erneut die Augen geöffnet. Uns wird versprochen, die Unterkunft zu renovieren, aber getan wird nichts.

Es spielt für die deutsche Regierung, die gesamte Verwaltung keine Rolle, was mit den Flüchtlingen passiert. Von wegen »Wir schaffen das«. Ihre Strategie ist, die Asylsuchenden auf niedrigstem Niveau in schlechten Häusern und Bruchbuden vegetieren zu lassen, damit sie immer mehr Gewinn aus ihnen rauspressen können.

Mehdi H.

In jeder Mauer gibt es eine Tür

Ich bin einmal von Pakistan nach Hellman zu Freunden gefahren. (2) Taliban hielten unser Auto an und kontrollierten uns. Einer von ihnen überprüfte mein Handy, auf dem ich mit lateinischen Buchstaben geschrieben hatte. Dann nahmen sie mich und einen meiner Freunde mit. Ich hatte lange Haare - für die Taliban ein Zeichen westlicher Orientierung - und wir hatten weiße Kleider. Sie sagten, wir würden für die Amerikaner arbeiten. Wir wären Ungläubige und Söldner. Ich rechnete jeden Moment damit, geköpft zu werden. Sie waren sehr aggressiv. Zwei oder drei alte Frauen kamen aus dem Bus und weinten. Sie flehten die Taliban an: »Beim Leben unserer Kinder, die hier kommen aus Pakistan, sie sind Studenten, sie haben nichts mit den Amerikanern zu tun, die meisten von ihnen waren noch nie in Afghanistan, sie gehen jetzt zu ihren Freunden. Nie haben die sich mit den Amerikanern oder den übrigen Ausländern beschäftigt.« Aber die Taliban wollten uns trotzdem mitnehmen, um uns zu köpfen. Ich konnte nicht weinen, ich konnte nicht reden, ich hatte fürchterliche Angst, sie waren alle bewaffnet.

Glücklicherweise kannte derjenige, den wir besuchen wollten, den Vorbeter der Taliban. Er hatte Einfluss in dieser Gegend. Unser Fahrer rief bei ihm an und gab durch, dass seine Gäste von den Taliban geköpft werden sollten. Unser Freund rief sofort den Mann an, von dem er annahm, dass er per Funk die Männer, die uns bedrohten, erreichen und umstimmen könnte.

Die Taliban führten uns zum Fuß des Hügels. Wir hatten mit dem Leben abgeschlossen. Aber dann verschonten sie uns plötzlich, vielleicht weil sie mit unserem Freund telefoniert hatten. Nur frei ließen sie uns nicht. Stattdessen verprügelten sie uns. Andere von ihnen meinten, sie müssten uns freilassen, aber sie wollten auch keinen Fehler machen, hielten uns immer wieder zurück. Irgendwann ließen sie uns gehen. Sie riefen uns Verwünschungen nach. Ich habe eine Menge solcher Vorfälle erlebt, Durchsuchungen des Gepäcks, Prügel, Haare abschneiden. Aber diesmal war es am gefährlichsten, denn sie wollten uns töten.

Später ging ich in den Iran. Von dort wollte einer meiner Freunde weiter nach Syrien. Ich ging in das Büro, das ihn nach Syrien schicken wollte, aber hatte nicht geahnt, dass es ein Büro der Revolutionsgarden war. (3) Ich holte ihn aus dem Büro und sagte: »Warum willst du denn dorthin gehen? Geh nicht.« Ich habe ihn überzeugt und davon abgehalten. Aber die Stimme des Anwerbers ging mir nicht aus dem Kopf. Ein paar Tage später kamen vier Leute zu mir und schlugen mich zusammen. Sie brachen mir Nase und Schulter, nahmen mir mein Handy weg. Zwei Leute hielten mich an den Händen fest und einer schlug mit einem sehr spitzen Holz zu. Aufgrund seiner Stimme erkannte ich, dass es der Anwerber Hajji Agha war. Ein Stück Holz durchbohrte meine Hand und trat am Handrücken wieder heraus. Die Wunde eiterte sehr und wurde erst später in Deutschland im Krankenhaus behandelt.

Ich habe wirklich schlechte Erinnerungen an den Iran. Ich arbeitete dort für einen Bauunternehmer, einen bekannten Mann. An einem Tag, als alle schon die Baustelle verlassen hatten und nur ich noch dort war, wurde ich erneut zusammengeschlagen. Bis heute weiß ich nicht, wer es war. Der Wächter, der mich fand, rief meinen Chef an, der mir mit Entlassung drohte. Als seine Frau sagte, dass sie selbst sehen wolle, was los sei, kam er doch. Dann kam auch die Polizei. Denen sagte er: »Der ist nicht bei mir angestellt.« Dann holten sie einen Krankenwagen und warfen mich wie ein Vieh hinein. Kein Medikament, kein Verband, nichts. Ich habe vor Schmerz geschrien. Sie brachten mich zum Firoozgar Krankenhaus.

Ich hatte schon zuvor einen Unfall überlebt, bei dem ich fünf Stockwerke vom Baugerüst gefallen war. Wie durch ein Wunder hatte ich mir nichts gebrochen. Aber meine Zähne waren kaputt und meine Lippen zerrissen, so dass ich für einen Monat nichts essen konnte. Trotzdem war ich einfach froh, noch am Leben zu sein. Es gab Momente, in denen wünschte ich, die Taliban hätten uns einfach geköpft.

Nach diesen Erfahrungen bin ich nach Deutschland gekommen. Ich wollte all das vergessen. Ich wollte hier endlich wie ein Mensch leben. Aber es ist alles ins Wasser gefallen. Es ist hier nicht so, wie ich dachte. Ich brauche Hilfe. Aber wie ein Sprichwort sagt: In jeder Mauer gibt es eine Tür.

Wenn wir unsere Probleme zuhause lösen könnten, dann hätten wir alle einen Pass und wären legal hier. Wir müssen zusammenhalten, und uns nicht spalten lassen in einen Afghanen, der abgelehnt wurde, oder einen Afrikaner, der abgelehnt wurde. Das geht uns alle an. Wenn du den einen heute gehen lässt, dann bist du morgen selbst dran. Nur wenn wir zusammenhalten, können wir die Probleme lösen und die Abschiebungen stoppen. Es gibt viele Leute, die die gleichen Probleme haben, aber aus irgendeinem Grund sagen sie nichts. Sie haben Angst oder nicht genug Informationen, und sie entscheiden sich, nicht zu sprechen, bis eines Tages die Polizei zu ihrem Haus kommt, sie festnimmt und sie zurück in ihr Land schickt.

Assad P.

Wir wollten ohne Angst leben

Ich habe einen Abschiebebescheid erhalten, aber ich kann nicht nach Afghanistan zurückkehren. Ich kann dort nicht leben, weil meine Region Parwan nicht sicher ist. Diese Region liegt im Machtbereich der Taliban und des IS. Ich bin genau aus diesem Grund hierher geflohen: Ich will ohne Angst leben können.

Jetzt habe ich vor 16 Tagen die Ankündigung meiner Abschiebung bekommen. Ich kann Tag und Nacht nicht schlafen. Oder ich schlafe sehr wenig und habe Angst, weil die Polizei jeden Augenblick kommen kann. Wenn sie kommt, werden wir mit Handschellen gefesselt und nach Afghanistan deportiert.

Ich wollte mich schon so oft vor den Zug werfen, aber meine Freunde haben mich davon abgehalten. Ich kenne jemanden, der aus Hamburg nach Afghanistan deportiert worden ist. Jetzt hat er Angst, das Haus zu verlassen, weil er ein Foto von sich auf Facebook gepostet hat. Die Taliban kontrollieren auch die Facebookeinträge. Der IS und die Taliban haben besseren Zugang zum Internet als jeder andere, und sie überprüfen alle, um zu sehen, was die Leute tun.

Meine Familie ist in Griechenland geblieben. Ich habe meine Tochter in Mazedonien verloren. Sie wurde krank und es gab niemanden, der sie behandeln konnte. Meine Frau ist noch in Griechenland. Ich habe alle meine Gründe bei der Anhörung vorgetragen, aber es hat nichts genützt. Auch meine Klage vor Gericht hatte keinen Erfolg.

Ich war einen Monat lang auf der Flucht hierher und bin nun seit zwei Jahren hier. Ich habe nicht erwartet, jetzt einen Abschiebebescheid zu erhalten. Ich habe auch bei der Anhörung gesagt, dass ich nicht nach Afghanistan zurückkehren kann. Ich sagte, dass unser Gebiet unsicher ist, es ist in den Händen des IS und der Taliban, als Schiiten können wir dort nicht leben. Sie erkennen uns sofort als Hazara (1) und sagen, wir seien keine Muslime, sondern Ungläubige. In unserer Region sind die Verhältnisse so. Jeder weiß es. Ich kam aus dem Dorf Loghman, das ist der schlimmste Ort in der Provinz Parwan, aber die Entscheider in Deutschland haben von diesen Bedingungen keine Ahnung.

Ali H.

Ich habe schreckliche Alpträume

Ich bin aus dem Iran nach Deutschland gekommen. Meine Eltern sind aus Afghanistan, sie sind dorthin vor vielen Jahren ausgewandert. Ich bin in Karadsch geboren und dort aufgewachsen. Im Alter von 16 Jahren verließ ich den Iran, heute, mit 21, lebe ich in Ingolstadt in Bayern in einem Flüchtlingslager. Seit fünf Jahren suche ich ein Land, das mir Asyl gewährt.

Die Lebensbedingungen im Iran waren sehr schwierig, wir wurden von der Islamischen Republik völlig unterdrückt. Uns wurden jegliche Bürgerrechte verweigert. Schon mit zehn musste ich als Bauarbeiter arbeiten, weil es uns wirtschaftlich sehr schlecht ging. Ich konnte wegen fehlender Dokumente nicht zur Schule gehen.

Nachdem ich den Iran verlassen hatte, lebte ich eine Weile in Griechenland. Dort war die Situation schwierig und sehr unsicher. In Griechenland hatten wir immer Angst vor den militanten Rechten, weil wir gehört haben, dass sie Asylsuchende angreifen. Von Griechenland bin ich nach Österreich geflohen, mit einem LKW, der Orangen transportierte. In Österreich nahm mich die Polizei fest. Dort war ich dreieinhalb Jahre unter sehr schwierigen Bedingungen. Ich dachte, in Europa wäre es besser, aber das Leben war noch härter. Dreimal wurde mein Asylantrag abgelehnt. Ich bin dann vor zwei Jahren von Österreich nach Deutschland abgehauen. Hier ist die Situation auf andere Weise schwierig. Viele Asylsuchende sind hier. Es spielt keine Rolle für mich, aus welchen Ländern und warum die Flüchtlinge hierher gekommen sind, alle von uns sind Menschen, die unter den gleichen schlechten Bedingungen leiden.

Ich bekam zunächst eine Duldung. Mein Asylantrag wurde dann aber abgelehnt. Ich habe mich sehr um einen Bescheid des afghanischen Konsulats in München bemüht, bin mehrmals dort gewesen, aber habe keine Antwort erhalten. Sie sagten, wir können nichts tun, weil ich keine Beweise hätte, dass ich aus Afghanistan käme. Ich erhielt einen Brief vom afghanischen Konsulat mit dem Inhalt, dass ich kein Bürger Afghanistans sei. Aber Dokumente aus dem Iran habe ich auch nicht. Ich weiß nicht, was jetzt passieren wird. Ich kann jeden Abend vor Angst nicht schlafen, ich habe immer Angst vor der Rückkehr nach Afghanistan oder in den Iran. Ich habe schreckliche Alpräume. Zum Beispiel habe ich ein paar Nächte lang geträumt, mein Foto sei in einer Zeitung abgedruckt - als Fahndungsfoto. Ich habe mich fürchterlich erschrocken.

Meine aktuelle Wohnsituation ist sehr schlecht. Es ist immer angespannt und unruhig. Wir schlafen und essen fast nicht, leben mit mehreren in einem kleinen Dreibettzimmer. Die Stadt, in der ich wohne, ist eine Kleinstadt, weit weg von München. Der Ort, an dem wir leben, ist schmutzig und unsicher. Die meisten von uns versuchen, mit der Situation fertig zu werden. Nach der negativen Antwort auf meinen Asylantrag ist das Leben noch härter und unerträglicher geworden. Ich darf nicht studieren oder arbeiten. Ich sitze stumpfsinnig herum und komme um vor Langeweile.

Alireza M.

* Die Namen aller Menschen, deren Berichte hier zu lesen sind, wurden anonymisiert. Auch die Übersetzer_innen möchten anonym bleiben.

Übersetzung: Fatima N. und Ahmed S.

Anmerkungen:

1) Bevölkerungsgruppe, die hauptsächlich in Zentralafghanistan lebt.

2) Provinz in Ostafghanistan

3) Die Revolutionsgarden, die es seit 1979 gibt, gelten als die paramilitärische Organisation des iranischen Regimes.

Daily Resistance

Die Zeitung Daily Resistance wird von Autor_innen und Aktivist_innen herausgegeben, die Migrant_innen, Non-Citizens und sogenannte Flüchtlinge sind. Sie richtet sich an Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, isoliert in Lagern leben, und will sie ermutigen, Widerstand gegen die erzwungene Situation der Recht- und Respektlosigkeit, in der sie leben, zu leisten. Daily Resistance wird in verschiedenen Lagern überall in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern verteilt. Mehr: dailyresistance.oplatz.net

Bundeswehr in Afghanistan

Der deutsche Bundestag beschloss die Beteiligung am Krieg in Afghanistan im November 2001. Einige Zehntausend deutsche Soldat_innen waren in den darauffolgenden fast 13 Jahren im Rahmen der NATO-Mission ISAF in Afghanistan im Einsatz. Soldaten vom deutschen Kommando Spezialkräfte (KSK) unterstützten auch die US-»Anti-Terror«-Operation Enduring Freedom. Ab 2006 war die Bundeswehr für die Sicherheit in Nordafghanistan verantwortlich. Am 31. Dezember 2014 erklärte die NATO ihren Kampfeinsatz in Afghanistan für beendet. Bundeswehrsoldat_innen waren auch an schweren Kriegsverbrechen beteiligt. In der Nacht des 4. September 2009 bombardierten US-Kampfflugzeuge zwei von Taliban entführte NATO-Tanklastzüge, die auf einer Sandbank des Flusses Kundus feststeckten. Dabei starben etwa 137 Menschen, viele von ihnen Zivilist_innen, auch Kinder. Der Auftraggeber zu diesem Massaker war der damalige Bundeswehroberst Georg Klein. Die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft gegen Oberst Klein wegen Verdachts auf ein Kriegsverbrechen wurden im April 2010 eingestellt. Die Vorermilttlungen zu einem bundeswehrinternen Disziplinarverfahren wurden im August 2010 eingestellt. Eine Mordanklage gegen Klein wies das Oberlandesgericht Düsseldorf im Februar 2011 zurück. Am 27. März 2013 wurde Klein zum Brigadegeneral befördert. Eine Schadenersatzklage von Angehörigen der Opfer wies der Bundesgerichtshof im Oktober 2016 ab.

Abschiebungen in den Krieg

Das Institute for Economics & Peace stuft Afghanistan in seinem Global Peace Index 2017 als das (nach Syrien) zweitunsicherste Land der Welt ein. In vielen Regionen eskaliert der Krieg. Durch die intensivierten US-Luftangriffe und Offensiven der Taliban stieg die Zahl der getöteten Zivilist_innen zuletzt wieder massiv. Mit bis zu zwei Millionen Binnenflüchtlingen in Afghanistan rechnet der UNHCR zum Jahresende. Sichere Regionen gibt es nicht; auch in Kabul kommt es immer wieder zu schweren Attentaten. Im Mai starben bei einem Bombenanschlag auf die deutsche Botschaft mindestens 150 Menschen, im Juni, Juli und August forderten Anschläge in der afghanischen Hauptstadt erneut mehrere Dutzend Todesopfer. Ende Oktober riss ein Selbstmordattentäter mindestens fünf Menschen mit in den Tod. Trotzdem schiebt die Bundesregierung unbeirrt nach Afghanistan ab. Nach einem Raketenangriff warnte Berlin im Oktober zwar Fluglinien davor, den Flughafen Kabul anzusteuern. Das hinderte die Bundesregierung aber nicht, nur eine Woche später 14 Menschen genau dorthin abzuschieben. Für abgelehnte Asylsuchende aus Afghanistan gibt es keine Gnade, ihre Unversehrtheit ist unwichtig. 120.000 Menschen afghanischer Herkunft ohne Bleiberecht leben derzeit in Deutschland, das Innenministerium will den Ausreisedruck auf sie um jeden Preis erhöhen. Seit Dezember 2016 wurden bereits mindestens 132 Menschen abgeschoben.

Proteste gegen Abschiebungen

Abschiebeflüge nach Afghanistan werden begleitet von Protesten. Am 24. Oktober protestierten am Flughafen Leipzig/Halle 150 Menschen gegen die Abschiebung, am Düsseldorfer Flughafen waren es im September 200 Demonstrant_innen. Seit Monaten organisieren aus Afghanistan geflüchtete Menschen Demonstrationen, Mahnwachen und Kungebungen für ihr Bleiberecht. Mittlerweile haben sich in vielen Städten Bewegungen afghanischer Geflüchteter und Unterstützer_innen gegründet. Unter anderem sind das die Kampagne Zendegi - Keine Abschiebung nach Afghanistan, die immer wieder zu Protesten gegen Sammelabschiebungen mobilisiert, die Kampagnen not safe - Keine Abschiebungen nach Afghanistan (Schwerpunkt Bayern), das Berliner Bündnis gegen Abschiebungen nach Afghanistan, das Afghan Refugees Movement oder die Facebookseite »Afghanistan ist kein sicheres Land«.

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