Erste Erfolge im Kampf gegen Rechts
International Der Widerstand gegen Österreichs rechte Regierung formiert sich
Von Markus Gönitzer
Ein Großteil der Linken in Österreich sehnt sich zurück nach der kraftvollen Protestbewegung gegen das erste schwarz-blaue Regierungsprojekt im Jahr 2000. Bei den bisherigen Mobilisierungen gegen Schwarz-Blau-II wurden bewusst nostalgische Referenzen an jene Zeit gesetzt, in der das damalige FPÖVP Regierungsteam unterirdisch zur Angelobung (Vereidigung) musste, da vor der Hofburg massive Proteste tobten. Die berühmten dezentral organisierten »Donnerstagsdemos«, die sich gegen die damalige Regierung richteten, hielten sich über Monate und lockten wöchentlich Tausende Demonstrant_innen, darunter auch regelmäßig prominente Vertreter_innen aus Kunst und Kultur, auf die Straße.
Einiges deutete zunächst darauf hin, dass der Protest gegen Schwarz-Blau-II nicht gleichermaßen an Fahrt aufnehmen wird wie in den Jahren 2000ff. Hagelte es damals noch internationale Kritik und Sanktionen gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ, scheint das schier unerschöpfliche Enthüllungspotenzial von Verstrickungen der FPÖ in den organisierten Rechtsextremismus und Neonazismus keine Massen mehr zu mobilisieren.
Erfolgreicher »Neujahrsempfang«
Mittlerweile lässt sich jedoch ein etwas anderes Bild zeichnen: Im Zuge der Tag-X-Proteste, am Tag der Regierungsangelobung in Wien, mobilisierten (post-)autonome, traditionslinke als auch zivilgesellschaftlich-linksliberale Akteur_innen in koordinierter und solidarischer Art und Weise und rückten ein wenig näher zusammen als sonst üblich in Österreich. Der Mobilisierungserfolg wurde durch den »Neujahrsempfang« am 13. Januar, der von einem ähnlichen Protestspektrum getragen wurde, noch übertroffen: 50.000 bis 70.000 Menschen beteiligten sich an den regierungskritischen Protesten. Viele davon waren Unorganisierte, die sich zum ersten Mal einer Demonstration oder politischen Aktion anschlossen.
Die nächsten Kristallisationspunkte linker Mobilisierungen werden die Proteste gegen die deutschnationalen Burschenschafterbälle in Wien und Graz sein. Aus einer Vielzahl von Gründen verloren die Proteste gegen die sogenannten Akademikerbälle in den letzten Jahren an Bedeutung. Dieses Jahr widmen die erwähnten linken Spektren den Bällen wieder mehr Aufmerksamkeit, da sie sich erhoffen, über die Skandalisierung der erschreckend hohen Dichte von deutschnationalen Burschenschaftern im neuen Regierungsteam weitere Akzente gegen das neoliberal-autoritäre Regierungsprojekt zu setzten. Ein weiterer Termin, der Potenzial für die Zuspitzung des Protests hat, könnte die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Neo-Kanzler Sebastian Kurz sein.
Eine weitere Kampagne, die Mut macht, ist die kämpferische Positionierung der Frauenorganisationen Maiz und FIFTITU% aus Linz, die von erbarmungslosen Kürzungen seitens der schwarz-blauen Landesregierung betroffen sind. Die beiden Vereine, die im Bereich der Unterstützung von wohnungslosen Frauen, Künstler_innen, Sexarbeiter_innen und Migrant_innen aktiv sind, riefen zu einer Kampagne unter dem Namen »Rettet das Frauenland Oberösterreich« auf. Innerhalb von wenigen Stunden entwickelte sich ein breiter Protest, der sich im koordinierten Zuspammen von Mailadressen zuständiger Politiker_innen entlud. Ein nächster Schritt zur Formierung und Zuspitzung des Widerstands von Frauen, gegen die sie auf verschiedensten Ebenen betreffende Politik des schwarz-blauen Regierungsprogramms ist das G9-Gipfeltreffen in Linz. Der Gipfel kann als breit angelegte überregionale Plattform für Gegenstrategien gegen den antifeministischen Backlash verstanden werden. G9 steht in diesem Fall für die neun österreichischen Bundesländer.
Stadt-Land-Gefälle
In vier dieser neun Bundesländer stehen im ersten Quartal dieses Jahres Landtagswahlen an. Es ist zu erwarten, dass dabei drei weitere Bundesländer schwarz-blau eingefärbt werden. Dies würde bedeuten, dass sich das ohnehin ausgeprägte Stadt-Land-Gefälle in Österreich noch einmal verschärft. Wien verbleibt als einzige sozialdemokratische Bastion, dem eine schwarz-blaue Mehrheit in den Bundesländern gegenübersteht. Diese Entwicklung würde zu einer zunehmenden Polarisierung innerhalb der Staatsgrenzen führen, wie sie bereits im Wahlkampf zur Nationalratswahl aufschien: Das immer noch rote Wien wurde mit seinem - vermeintlichen - Multikulturalismus und städtischen Hedonismus zum absoluten Gegenpol der politischen Agenda von Kurz, Strache & Co. stilisiert.
Tatsächlich ist Wien bisher das Zentrum der Proteste. Es bleibt zu hoffen, dass diese Dynamik auch andere Teile des Landes erfassen wird. Anders als in Linz lässt sich in der zweitgrößten Stadt Österreichs, Graz, diesbezüglich noch wenig erkennen. Dabei gäbe es in Graz sogar unmittelbare Anknüpfungspunkte für einen Protest gegen Schwarz-Blau: Unter einer schwarz-blauen Stadtregierung wird mit dem Murkraftwerk derzeit ein Bauprojekt realisiert, gegen das Tausende Menschen in der Stadt seit Jahren regelmäßig protestieren. (ak 625) Diese Kämpfe waren einerseits ein Beispiel dafür, wie lang anhaltender, vielschichtiger und milieuübergreifender Protest den autoritär-konservativen Machtblock gehörig unter Druck setzen kann. Andererseits erreichten die politischen und ideologischen Angriffe eine für Graz neue Qualität, sodass der autoritäre Staatsumbau in Österreich für viele unmittelbar spürbar wurde.
Markus Gönitzer ist Aktivist und (Sub-)Kulturschaffender in Graz und Koroska.
Linke Medien in Österreich
Wenn die Rechte regiert, werden linke Medien umso wichtiger. Die meisten beruhen auf ehrenamtlicher Arbeit und sind auf Spenden angewiesen. Der Mosaik-Blog informiert über die Grausamkeiten, die die hellbraun-dunkelbraune-Regierung plant, und ist gerade dabei, zu einer wichtigen Plattform für den Widerstand zu werden: -> mosaik-blog.at. Das feministische Magazin an.schläge beleuchtet das aktuelle gesellschaftliche Geschehen aus einer konsequent feministischen Perspektive. Und: Die an.schläge werden dieses Jahr 35! Sie erscheinen acht Mal im Jahr und suchen Abonnent_innen: -> www.anschlaege.at. Apropos feministische Initiativen: Kurz vor Weihnachten wurde den Frauenberatungsstellen in Oberösterreich mitgeteilt, dass die jährliche Förderung durch das Frauenreferat des Landes komplett eingestellt wird. Was man gegen diesen Angriff tun kann: -> frauenlandretten.at. Über urbanen Alltag, Kultur, Pop und Politik schreibt die Wiener Vierteljahreszeitung Malmoe. Auch gut und auch im Netz: -> www.malmoe.org. Apropos Kultur & Co.: Am 18. Januar hat skug, das »Journal für Musik.Film.Kunst.Literatur« einen Relaunch ihrer Website gefeiert. Seit diesem Jahr gibt es dort wieder Ästhetik und Politik von unten. Unbedingt ansehen: -> skug.at. Wer sich für sozialwissenschaftliche Forschung und politische Debatte interessiert, ist bei Kurswechsel, der Zeitschrift des Beirats für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen richtig: -> www.beigewum.at/kurswechsel.